Heiligenkalender
15. September
Die heilige Katharina von Genua Witwe
Das schöne Genua ist die Heimat dieser Heiligen. Sie wurde dort am 5. April 1447 geboren. Sie gehörte der sehr berühmten Familie Fieschi an, welche der Kirche schon viele Kardinäle und zwei Päpste gegeben hat; ihr Vater Jakob ist als Vizekönig von Neapel gestorben.
Katharina, ein sehr talentvolles Töchterlein, nahm schon mit acht Jahren an Kinderspielen nicht mehr teil, lernte sehr fleißig die Wahrheiten unserer heiligen Religion und übte sie auch aus in erbaulichster Weise. In ihrem Zimmer war das Bild der schmerzhaften Mutter Maria der beständige Gegenstand ihrer andächtigen Betrachtung. Es war ein rührendes Schauspiel, heimlich zu beobachten, wie die Kleine vor diesem Bilde auf den Knien heiße Tränen des Mitleidens weinte, auch mit und für Jesus und Maria zu leiden wünschte, und des Nachts neben dem weichen Bette sich auf den kalten Boden hinlegte, ein Stück Holz unter dem Kopf.
Im dreizehnten Jahre schon wollte sie ins Kloster gehen, konnte aber wegen ihrer Jugend noch nicht aufgenommen werden. Als sie sechzehn Jahre zählte, drängte ihre Mutter – der Vater war schon tot, – daß sie den jungen Edelmann Julian Adorno heirate, um dadurch die Versöhnung zwischen beiden Familien, die sich lange und bitter gehaßt hatten, zu befestigen. Katharina brachte sich Gott als Friedensopfer dar und willigte mit heroischer Selbstüberwindung ein.
Julian war reich, vornehm, stolz, Pracht liebend und vergnügungssüchtig, weshalb ihm die demütige Einfachheit, die strenge Zurückgezogenheit und der fromme Gebetseifer seiner Gemahlin bald unerträglich wurde. Katharina sah ein, daß ihr nur die Wahl bleibe, entweder mit ihrem Mann der Welt zu dienen und an der Seele Schaden zu leiden, oder ihrer bisherigen Lebensweise treu zu bleiben und dann – seine Rohheiten und Misshandlungen zu dulden. Sie wählte Letzteres. Julian machte wahnsinnige Auslagen zur Befriedigung seiner Sinnlichkeit und verschwendete in kurzem das ganze große Vermögen. Katharina litt Unaussprechliches, mehr wegen der Beleidigung Gottes als wegen des Ruins der Familie.
Da boten ihr die Verwandten Unterstützung an und gaben ihr den Rat, daß sie wie andere Frauen sich besser kleide, Gesellschaften besuche, Spaziergänge mache und sich so mehr dem Manne nähere. Sie befolgte diesen Rat, ging mit, soweit es ohne Sünde geschehen konnte und genoß die weltlichen Zerstreuungen; aber ihr Herz fühlte dabei furchtbaren Ekel, und ihre Seelenleiden mehrten sich von Tag zu Tag. Sie flehte zu Gott durch die Fürbitte des hl. Benedikt, er wolle ihr lieber körperliche statt geistige Leiden geben; aber ihr Leib blieb gesund, ihre Seele sank in noch tiefere Betrübnis. Da entschloss sie sich zu einer Generalbeichte. Schon bei Anrufung des heiligen Geistes erhellte ein göttliches Licht ihr Inneres, daß sie alle ihre Sünden klar erkannte und einen überwältigenden Reueschmerz empfand. Unter vielen Tränen seufzte sie: „O wie schmutzig und abscheulich bin ich, die ich mich für schön und brav hielt! Wer wird mich aus diesem Elend heraus reißen? O Liebe (Gott), wenn Du willst, gerne bin ich bereit, öffentlich meine Sünden zu bekennen!“ In dieser Traurigkeit erschien ihr Jesus, ein großes Kreuz auf der Schulter tragend und von Blut triefend, das wie Bächlein aus seinen Wunden rieselte, und tröstete sie: „Siehe, dieses Blut habe Ich aus Liebe zu dir und zur Tilgung deiner Sünden vergossen.“ Von da an sah sie immer und überall den verwundeten Jesus mit dem Kreuz, zu dem sie unzählige Male sprach: „O Liebe, Liebe, keine Sünde mehr, keine Sünde mehr, o Liebe!“
Nach der Beichte versagte sie sich nicht bloß alles, was einer Unterhaltung, einer Bequemlichkeit und weltlichen Freuden gleich sah, sondern hielt ihre fünf Sinne in strengster Abtötung und Buße, um für die verdienten Sündenstrafen genug zu tun. Sie fastete sehr streng, und dreiundzwanzig Jahre lang nahm sie während der 40tägigen fasten und im Advent gar keine Speise, sondern nur alle Tage die heilige Kommunion und bisweilen ein Glas Wasser, mit Essig und Salz gemischt. Ihr Geist war beständig im Gebet vertieft, auch während sie Handarbeiten verrichtete.
In Genua blühte damals die „Bruderschaft der Barmherzigkeit“, das ist ein Verein adeliger Damen, welche die Armen und vorzüglich jene unterstützten, welche sich des Bettelns schämten. Dieser Verein sprach Katharina um ihre Mithilfe an. Freudig und voll Eifer beteiligte sie sich, sammelte in den Straßen ihrer Vaterstadt Almosen und brachte es den Armen und Kranken mit geistlichem Trost. Von Natur hatte sie einen großen Ekel vor gewissen Krankheiten und vor jeder Unreinlichkeit; aber jetzt überwand ihre Liebe Alles. Sie küßte die ekelhaftesten Geschwüre, reinigte die Kranken von Ungeziefer und wusch ihr Leinen. Oft belohnten Kranke ihr diese Liebe mit Vorwürfen und Beschimpfungen; sie aber harrte aus, bis sie mit frommen Zusprüchen die Trotzigen in geduldige Lämmer umgewandelt hatte.
Inzwischen hatte ihr Mann Julian den letzten Heller verschwendet. Katharina bettelte für ihn das Nötige und bat ihn mit Tränen im seine Aussöhnung mit Gott und Besserung des Lebens; er vergalt ihr diese Liebe mit Rohheiten und Androhung von Schlägen. Doch sie ermüdete nicht, sie verließ ihn nicht. Sein Lasterleben zog ihm eine schmerzliche Krankheit zu, in welcher er oft vor Zorn und Ungeduld wider Gott tobte und sich selbst verwünschte. Katharina strengte ihre ganze Liebe an, seine Schmerzen zu lindern und seine Seele zu retten. Als er wieder einmal fürchterlich tobte, kniete sie neben das Bett hin, betete lange mit Tränen und Seufzen: „O Liebe, ich bitte Dich um die Seele meines Mannes, schenke sie mir, Du kannst es!“ Plötzlich war Julian ganz umgewandelt, er war geduldig, betete, zeigte Reue, empfing mit großer Andacht die heiligen Sakramente, harrte aus in Geduld und Gebet, und starb mit allen Zeichen eines begnadigten Büßers; Gott versicherte solches der treuen Witwe.
Frei von den ehelichen Banden übernahm Katharina auf den Wunsch der Damen der Barmherzigkeit die leibliche und geistige Pflege der Kranken im großen Stadtspital Pammatone. Ihre Liebe leistete in diesem seh beschwerlichen Dienst Bewunderungswürdiges, vorzüglich während der furchtbaren Pest, welche 1497 und 1501 in Genua wütete. Tag und Nacht stand sie mit unbeschreiblicher Selbstaufopferung den Leidenden und Sterbenden bei, und verband damit noch heroische Bußwerke, namentlich den vollkommensten Gehorsam, indem sie alle Wärter als ihre Vorgesetzten ansah und sich ihrem gebieterischen, oft sehr rohen Wesen wie eine Magd unterwarf. Dabei war sie von Gott mit einer so glühenden Liebe begnadigt, wie sie nur wenige Heilige erlangt haben.
Bisweilen entzog ihr Gott, um ihre Demut recht fest zu begründen, alles Gefühl der Liebe und ließ sie in Trockenheit versinken, was ihr die fürchterlichsten schmerzen verursachte. Dann pflegte sie zu beten: „O Liebe, wenn Du mich nicht vor Sinnlichkeit und Stolz bewahren würdest, ich wäre schlechter als Luzifer!“
In den letzten neun Jahren war ihr Gesundheitszustand in Folge von Krämpfen und körperlichen Übeln so jämmerlich, daß sie nur wie durch ein Wunder am Leben bleiben konnte; dessen ungeachtet war sie immer heiter und fröhlich und arbeitete fort, so gut es ging. Sehr viele Leute kamen ins Spital, m diese „Martyrin der Liebe“ zu sehen, und Katharina ermunterte sie mit solcher Salbung zur Verachtung der Welt, zur Furcht vor der Sünde und zur Liebe Gottes, daß alle weinten und Besserung versprachen. Nach und nach trocknete die Liebesglut fast alles Blut in ihr auf, und als ihr Gott ihre nahe Auflösung offenbarte, drang das noch vorhandene in solcher Hitze aus dem Körper, daß das metallene Gefäß, in welches man dasselbe auffing, unvertilgbare Schmelzflecken bekam. Sie starb am 15. September 1510, und ihr Name wurde von Papst Klemens XII. im Jahre 1737 in das Verzeichnis der Heiligen gesetzt. Nebst dem herrlichen Beispiel ihrer so reinen Gottesliebe hat sie uns auch zwei geistliche Schriften als teures Erbe hinterlassen: eine Abhandlung über das Fegefeuer und eine Aufmunterung zur reinen Liebe Gottes in Form eines Gespräches. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 683-685