Die ganze Schöpfung lobt den Schöpfer

Gott Vater, auf einer Wolke stehend, erschafft die Tiere, man sieht die Vögel am Himmel, ein Pferd und eine Palme sind auch zu sehen; ganz unten im vorderen Bereich ist noch eine Schlange zu sehen sowie ein Gesicht

Die ganze Schöpfung lobt den Schöpfer und erfüllt ihren Zweck

(Gen. 1, 31)

Der Bericht über das Sechstagewerk schließt mit den Worten: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und es war sehr gut. Und es ward Abend und Morgen, der sechste Tag.“ (1)

Wurde schon nach jedem Werke Gottes gesagt, daß es gut, d. h. den Zwecken seiner göttlichen Weisheit und Liebe entsprechend war, so wird es doch hier am Schluß des Ganzen nochmals mit Nachdruck hervor gehoben. Gott überschaut gewissermaßen noch einmal sein ganzes Werk und findet es ganz und in allen seinen Teilen gut, d. h. schön, vollkommen, in bester harmonischer Ordnung, der einen großen Absicht, die er damit hat, entsprechend. Sehr passend ist dies hier nach Erschaffung des Menschen und Einsetzung in seine Herrschaft über die Natur gesagt, weil diese erst dadurch ihren Schluß, ihre Krone und Vollendung empfing.

Die ganze Schöpfung erfüllt ihrerseits den Zweck ihres Daseins, indem sie, jedes der zahllosen Wesen in seiner Weise und alle zusammen in wundervoller Harmonie, dem Schöpfer dienen (2) und ihn loben,, in einer Sprache, die jeder Mensch verstehen kann und verstehen muss, der niemand herrlicheren Ausdruck verliehen als der gottbegeisterte Sänger: „Wie groß sind deine Werke, o Herr! Die Erde ist voll deiner Güter. Dies große, weite Meer – daselbst ist Tiergewimmel ohne Zahl, Tiere, klein und groß. Alle warten auf dich, daß du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit. Du gibst ihnen, und sie sammeln; du tust auf deine Hand, und alles wird gesättigt mit Gutem.“ – „Da, wo ausgeht der Morgen und Abend, spendest du Freude … Alles ruft und lobsinget.“ (3)

Wer wäre jedoch zu dieser dankbaren Verherrlichung Gottes mehr verpflichtet als der Mensch, zu dessen Nutzen und Vergnügen alle irdischen Geschöpfe erschaffen sind, ja zu dessen Nutzen und Vergnügen alle irdischen Geschöpfe erschaffen sind, ja zu dessen Dienst und Hilfe selbst die Engel gesendet werden, damit er das ewige Heil ererbe! (4) Soll er nicht in heiliger Betrachtung dieser Güte Gottes sprechen: „Die gebührt, o Herr, ein Loblied in Sion, und dir erfülle man Gelübde in Jerusalem!“ (5) Soll er nicht entzückt ausrufen: „Lobet den Herrn vom Himmel her, lobet ihn in Höhen! Lobet ihn, alle seine Engel! Lobet ihn, Sonne und Mond! Lobet ihn, ihr leuchtenden Sterne alle! Lobet ihn, ihr Himmel der Himmel und und ihr Gewässer alle, die über dem Himmel sind! Lobet den Herrn auf der Erde; ihr Ungeheuer und alle Tiefen; … ihr Berge und alleHügel, ihr Fruchtbäume und alle Zedern…, denn erhaben ist sein Name allein; sein Lob ist über Himmel und Erde.“ (6) Alles, was der Mensch hat, Vernunft, Herz, freien Willen, wird er mit Freuden seinem Schöpfer wiedergeben und Gott mit den Seligen des Himmels preisen: „Würdig bist du, o Herr, unser Gott, zu empfangen Preis, Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen, und durch deinen Willen wurden sie und sind sie geschaffen.“ (7)

Wie bedeutungsvoll sind daher auch die Schlussworte des Schöpfungsberichtes für uns Menschen! Sie sollen uns eine Mahnung sein, nicht stumpfsinnig inmitten all dieser Wunder der Schöpfung dazustehen. Sie sollen uns auch erinnern, „daß Gott selbst seine Werke lobt, weil wir und alle Geschöpfe sie nie genug loben können“ (8), und sollen uns abhalten, darin zu tadeln, was wir nicht verstehen. Solchen Tadlern gelten die Worte des hl. Augustin: „Sie verstehen nicht, wie alles schön ist für den Schöpfer und Künstler, der alles gebraucht zur Regierung des Ganzen, das er durch sein höchstes Gesetz beherrscht. Kommt ein Unverständiger in die Werkstätte eines Meisters, so sieht er dort viele Instrumente, deren Bestimmung er nicht kennt, und die er deshalb, falls er sehr unverständig ist, für überflüssig hält. Fällte er gar unvorsichtig wider einen Ofen oder verwundet er sich unvorsichtig mit einem Instrument, so denkt er gar, da sei viel Schädliches und Verderbliches. Der Meister aber, der weiß, wozu alles dient, lacht über solche Torheit und übt seine Kunst, ohne sich um die törichten Reden zu kümmern. Wie weit kann aber oft die Torheit der Menschen gehen! Bei einem menschlichen Künstler wagen sie nicht zu tadeln, was sie nicht kennen; aber in den Werken und Werkzeugen des Allmächtigen wollen sie den Anschein haben, zu wissen, was sie nicht wissen.“ (9)

Weder gedankenlos, noch kalt, noch tadelsüchtig dürfen wir inmitten dieser herrlichen Schöpfung unseres Gottes dastehen, unserer Würde und Aufgabe in derselben vergessend; sondern wir sollen diese herrliche Welt mit Aufmerksamkeit betrachten, in ihr den Schöpfer erkennen und preisen, ihre Güter genießen und zur Ehre Gottes benützen, in Dankbarkeit und Liebe gegen den gütigsten Schöpfer von Tag zu Tag wachsen und aus Liebe zu ihm auch unsere Werke gut, ja sehr gut zu machen und selbst vollkommen zu werden trachten, wie unser himmlischer Vater vollkommen ist. (10) Ganz besonders aber sollen wir bei dem Anblick dieser großen Werke Gottes uns demütigen; und wenn wir in diesen sichtbaren Werken vieles nicht begreifen, sondern überall auf Wunder und Geheimnisse stoßen, so soll das unsere Bewunderung der Größe und Allmacht Gottes nur noch mehr steigern (11), zugleich aber uns eine Lehre sein, daß wir nicht erstaunen dürfen (12), wenn wir in den übernatürlichen Offenbarungen Gottes übernatürliche Wunder und Geheimnisse finden und gar manches nicht zu begreifen vermögen. Da sollen wir vielmehr mit einem hl. Augustin bekennen: „Wenn deine Werke, o Gott, so wären, daß eine menschliche Vernunft sie zu fassen vermöchte, so könnte man sie nicht mehr göttlich und unaussprechlich nennen.“

Anmerkungen:

(1) V. 31.
(2) Jdt. 16, 17. Ein herrliches Lob des Schöpfers durch die Geschöpfe vgl. Sir. 43; auch den Gesang der drei Jünglinge im Feuerofen, Dn. 3, 52ff.
(3) Ps 103, 24-28; 64, 9 14.
(4) Hebr. 1, 14.
(5) Ps. 64, 2.
(6) Ps. 148; vgl. Sir. 42, 15ff; 43, 29-37; Dn. 3, 57ff.
(7) Offb. 4, 11.
(8) S. Chrysost., In Gen. hom. 10, n. 6.
(9) De Gen. ad Manich. 1. 1, c. 16.
(10) Dt. 18, 31. Mt. 5, 48. Im zehnmaligen Sprechen, durch das Gott am Anfang die sichtbare äußere Schöpfung hervor gerufen, erblickt man darum auch ein Sinnbild oder Vorbild der zehn Worte oder Gebote, durch die er den Grund zur geistigen Weltordnung gelegt hat.
(11) Vgl. Jb. 36, 23f; Ps. 110, 2ff.
(12) Auch was die gewöhnliche Ordnung der Natur uns bietet, sind göttliche Werke, unbegreiflich und wunderbar; aber weil wir ihnen alltäglich begegnen, kommen sie uns nicht so auffallend vor. (S. Aug., Tract. 24 in Joann.) –
aus: Schuster/Holzammer, Handbuch der Biblischen Geschichte, Bd. I, Altes Testament, 1910, S. 135 – S. 137

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