Das Leben und Leiden und der Tod Jesu
Die Einsetzung der heiligen Eucharistie
Die heilige Eucharistie. – Dritter Teil des Abendmahls
Matth. 26,26. Da die Jünger nun des Nachts aßen, nahm Jesus das Brot, segnete und brach es, gab es seinen Jüngern und sprach: „Nehmet hin und esset, das ist mein Leib.“ – 27. Und er nahm den Kelch, dankte, gab ihnen (denselben) und sprach: „Trinket alle daraus; – 28. denn dies ist mein Blut des Neuen Testamentes, das für viele vergossen werden wird zur Vergebung der Sünden. – 29. Ich sage euch aber: Ich werde von nun an nicht mehr trinken von diesem Gewächs des Weinstocks, bis zu jenem Tage, da ich es erneuert mit euch im Reiche meines Vaters trinken werde.“
Mark. 14,22. Und als die Jünger aßen, nahm Jesus das Brot, segnete es, brach es, gab ihnen und sprach: „Nehmet hin, das ist mein Leib.“ – 23. Und er nahm auch den Kelch, dankte und gab ihnen denselben, und alle tranken daraus. – 24. Und er sprach zu ihnen: „Das ist mein Blut des Neuen Testamentes, das für viele wird vergossen werden. – 25. Wahrlich, sage ich euch, ich werde nicht mehr trinken von diesem Gewächs des Weinstocks bis zu jenem Tage, da ich es neu trinke im Reich Gottes.“
Luk. 22,19. Und Jesus nahm das Brot, dankte, brach es, gab es den Jüngern und sprach: „Dieses ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Dieses tut zu meinem Andenken.“ 20. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: „Dies ist der Kelch, der Neue Bund in meinem Blut, das für euch wird vergossen werden.“
Auf die Fußwaschung folgte nun die Einsetzung der heiligen Eucharistie. Es ist dieses der Mittelpunkt und Höhepunkt de des ganzen Abendmahles und die Erfüllung der großen Verheißung, die der Heiland vor einem Jahr zur Zeit des Osterfestes in der Synagoge von Kapharnaum gegeben; ein Geheimnis von der wichtigsten Bedeutung und Tragweite für die ganze Kirche und für die christliche Religion.
Mit der Einsetzung der heiligen Eucharistie vollzieht der Heiland sehr wichtige Dinge.
Das neue Dasein des Heilandes in der Eucharistie
Mit der Einsetzung der heiligen Eucharistie vollzieht der Heiland sehr wichtige Dinge.
Erstens begründet der Heiland eine ganz neue Weise seines Daseins, seines Lebens und seiner persönlichen Gegenwart in dieser Welt. Dieses neue Dasein des Heilandes hat vier Eigenschaften. Erstens ist es eine wahre, wirkliche und wesentliche Gegenwart Jesu, seines Leibes, seines Blutes, seiner Menschheit und Gottheit nach, wenn auch unsichtbar unter den Gestalten des Brotes und Weines. Dieses geht hervor aus den einfachen Worten der Einsetzung: „Dieses ist mein Leib, dieses ist mein Blut“, die wie bei der Verheißung (Joh. 6,56) im wirklichen Sinn zu nehmen sind; ferner geht es hervor aus dem Zweck der Einsetzung, indem der Herr mit der Eucharistie ganz entsprechend seiner Weisheit, Macht und Liebe uns ein Andenken, nämlich nichts anderes als sich selbst zurücklassen und sein Testament bestellen will, und endlich erhellt dies aus der Lehre und dem Glauben der Kirche, die, wie in allem anderen, namentlich aber in dieser Hinsicht, sich nie geändert haben.
Die Gegenwart ist zweitens eine höchst wunderbare, ganz aus Wundern zusammen gesetzt und durch Wunder erhalten. Der Leib des Herrn nimmt hier, ohne aufzuhören, ein wahrer Leib zu sein, ganz geistähnliche Eigenschaften an, ja in mancher Beziehung selbst glorreichere als im Himmel, wo er nicht zu gleicher Zeit an mehreren Orten und ohne Ausdehnung besteht; hier aber ist es, wie man sagt, nach Art einer Substanz, ohne Ausdehnung und zugleich an unzähligen Orten gegenwärtig; die Gestalten aber dauern, nachdem sie ihren natürlichen Halt in der Brotsubstanz verloren haben, bloß fort in Kraft eines immerwährenden Wunders.
Drittens ist die Gegenwart eine fortwährende, nie endende und unzählig vervielfachte, so daß er nun überall in der Welt ist und sie nie verlassen wird. Während er ehedem bloß im Gelobten Land und daselbst immer bloß an einem Ort weilte und uns endlich seine sichtbare Gegenwart ganz entzog in der Himmelfahrt. Ehemals mussten ihn die Menschen aufsuchen, jetzt geht er selbst gleichsam allen nach und macht sich zum Mitbürger eines jeden von uns. –
Endlich ist diese Gegenwart eine sehr wirkungsvolle, weil sie die Kirche erhebt, sie durch sein wahres Verbleiben bei ihr zur wahren Braut und zum mystischen Leib macht; weil sie dieselbe tröstet in der Verbannung dieses Lebens und sie endlich verschönert, erfreut und belebt mit einem vielfachen Kranz der lieblichsten Andachten, die zunächst dieser wahren und fortwährenden Gegenwart entspringen, nämlich durch die sogenannten Sakraments-Andachten, die öffentliche Aussetzung, den sakramentalen Segen und die feierliche Gottestracht – alles dem katholischen Volk teuer und höchst beliebte Übungen der Gottesverehrung.
Das Opfer des Neuen Bundes
Zweitens setzt der Heiland mit der Eucharistie das Opfer des Neuen Bundes ein. Der Neue Bund, unsere Kirche, musste ein sichtbares Opfer haben: ein Opfer, weil es die Seele und die höchste Übung der Religion ist, und ein sichtbares, weil es prophezeit war, daß unsere Religion ein wahres, sichtbares und immerwährendes Opfer besitzen sollte (Mal. 1,11; Ps. 109,4). Ohne dieses Opfer wäre in Hinsicht der öffentlichen Gottesverehrung die christliche Religion viel unvollkommener gewesen als die Religion des Alten Bundes. –
Unsere Religion hat nun ein Opfer, und zwar ein entsprechendes, würdiges und hochherrliches in der heiligen Messe. Christus hat die Einsetzung der Eucharistie vollzogen durch ein Opfer, oder hat ein Opfer entrichtet, indem er sie einsetzte, und hat dieses Opfer für alle Zeiten angeordnet. Schon die Worte, mit denen der Heiland die Eucharistie einsetzte, bezeichnen ein Opfer und nicht bloß das Sakrament. Er sagt, dieses sei sein „Leib, der für euch hingegeben wird“ (Luk. 22,19); „das Blut, das für euch vergossen wird“ (ebd., 22,20); oder wie es wieder nach der griechischen Lesart beim hl. Paulus heißt: „der Leib, der für euch gebrochen wird“ (1. Kor. 11,24). Blut vergießen zur Vergebung der Sünden heißt mit anderen Worten: opfern. Zugleich ist in den Worten und in den zwei getrennten Gestalten die wesentliche Beziehung des eucharistischen Opfers zum Kreuzesopfer, sowie die Beziehung zum Vorbild des Osterlammes ausgesprochen. Die Konsekration, durch welche das eucharistische Opfer vollzogen wird, hat auch alle Eigenschaften einer wahren Opferhandlung. Sie entzieht die Opfergabe jedem menschlichen Gebrauch, bewirkt in ihr eine große Veränderung, indem die Wesenheit des Brotes entfernt und die Wesenheit des Leibes Christi hervor gebracht oder wenigstens gegenwärtig gesetzt wird, und zwar einerseits in einem Zustand eines so wunderbaren Lebens, daß Gott auf jede Art verherrlicht wird. Man mag nun das Wesen der Opferhandlung in die wirkliche oder bloß mystische Zerstörung und Veränderung der Opfergabe, oder bloß in die Darbietung und Weihe derselben zu Zwecken des Opfers setzen, alles finden wir in der Konsekration, in welcher die Opferhandlung eigentlich vollzogen wird.
Endlich haben wir in der heiligen Messe, welche genau das Opfer des Abendmahls ist, ein Opfer von dem höchsten Wert und von unendlicher Herrlichkeit, erstens wegen des Hohenpriesters, der niemand anders ist als Christus selbst, der wirklich da ist als Hoherpriester und sich als solcher betätigt, namentlich durch die Verwandlung des Brotes und Weines in seinen Leib und in sein Blut, die nur durch eine göttliche Macht vollbracht werden kann; zweitens auch wegen der Opfergabe, die wieder Christus unter den Gestalten von Brot und Wein ist, unter den Sinnbildern seines Kindes-, Leidens- und Glorien-Lebens, und drittens wegen der herrlichen Wirkungen für Gott und die ganze Kirche, die streitende, leidende und triumphierende (Mal. 1,11). Alles, Himmel und Erde, sonnen sich in der Herrlichkeit dieses Opfers.
Das heiligste Sakrament des Altares
Drittens setzt der Heiland mit der Eucharistie auch das heiligste Sakrament des Altars ein. Er bezeichnet und bestimmt vor allem das Wesen dieses Sakramentes. Es besteht eben in der Wesenheit des Leibes und Blutes Christi unter den Brots- und Weinsgestalten. – Ferner deutet er auch die Wirkungen an in den Worten der Einsetzung und in der Einrichtung des Sakramentes. Es ist die innigste Vereinigung mit Christus in Gestalt eines Speisegenusses. Es ist somit die Eucharistie das Sakrament des Lebens, indem es es das Leben Leben der heiligmachenden Gnade erhält und vermehrt und zu einer herrlichen Entfaltung bringt, namentlich durch die besonderen wirklichen Ganden zur Ausrottung der bösen Begierlichkeit und zur Vermehrung der Liebe zum Heiland und deshalb und deshalb auch der Freude, des Eifers und des Mutes in seinem Dienst bis zu den höchsten Opfern der Übergebühr, der Jungfräulichkeit und des Märtyrertums. – Endlich gibt der Heiland auch das Gebot, das Sakrament zu empfangen, mit den Worten: „Nehmet hin und esset… trinket“ (Mark. 14,22; Matth. 26,26 u. 27). Ja es ist die Eucharistie das erhabenste und herrlichste Sakrament, das Ziel, die Krönung und Vollendung und das Siegel aller Sakramente wegen des Inhaltes, der Christus selbst ist, und wegen der herrlichen Wirkungen.
Stiftung des katholischen Priestertums
Viertens stiftet der Heiland mit der Einsetzung der heiligen Eucharistie auch das katholische Priestertum, um dieselbe stets in dieser Welt zu erhalten und zu verewigen. Das Altarsakrament wird bloß konsekriert durch Opfern, opfern aber kann allein der Priester. Es ist gewiß, daß der Heiland mit den Worten: „Tut dies zu meinem Andenken“, die Apostel zu Priestern des Neuen Bundes gemacht hat (Tridentinum Sess. 22, cap. 1,can. 2). Von der Eucharistie fließt auch gleichsam alle Gewalt des Priestertums aus. Die höchste Betätigung desselben ist die Gewalt über den wahren Leib Christi. Die anderen Gewalten über den mystischen Leib Christi, die Gläubigen, sind nur ein Ausfluß und eine Erweiterung der ersteren und haben ihr Ziel in jener. Ebenso kommt von der Eucharistie dem Priestertum alles Ansehen und alle Ehre, in der es beim katholischen Volk steht, so wie auch der mächtige Geist, der dieses Priestertums beseelt, seine Reinheit, seine Heiligkeit, seine Kraft und Siegbarkeit. Alles kommt dem Priestertum von diesem heiligsten Sakrament, teilweise selbst sein zeitlicher Unterhalt (Hebr. 13,10). All diese großen und herrlichen Werke vollzieht der Heiland zunächst mit der Einsetzung der heiligen Eucharistie. –
aus: Moritz Meschler SJ, Das Leben unseres Herrn Jesu Christi des Sohnes Gottes in Betrachtungen Zweiter Band, 1912, S. 261 – S. 266