Der Gnadenort Mariazell in der Steiermark

Eine Prozession christgläubiger Katholiken zu einem Gnadenort der Muttergottes Maria

Gnadenorte der himmlischen Himmelskönigin

Unsere Liebe Frau, die Gottesmutter Maria, sitzt, umringt von vielen Heiligen, in der Mitte, ihren Sohn Jesus auf dem Schoß, eine Lilie in der linken Hand; unter ihr ist das Häuschen zu sehen, daß von Engeln zum Gnadenort Loreto getragen wird

Mariazell ein anmutiger Gnadenort unserer Lieben Frau

Nahe an der Grenze zwischen Österreich und Steiermark an der Salza liegt in einer ungemein anmutigen und gesunden Gebirgsgegend der in ganz Deutschland berühmte und besuchteste Wallfahrtsort Mariazell.
Besorgt für das Seelenheil der zerstreut liegenden Untertanen seines Stiftes faßte Otto, der siebente Abt von St. Lambrecht, den schönen Gedanken, einige Priester in die entfernteren Gegenden des Gebirges der oberen Steiermark zu senden, um das Wort Gottes auch dort zu lehren. –

Seinen Entschluss tat er zuvor dem damaligen Papst Adrian IV. kund, damit dieser das fromme Unternehmen segne und mit seiner Autorität unterstütze. Am 21. Dezember des Jahres 1157 erfolgte die päpstliche Bestätigung und nun wählte der fromme Abt fünf Priester, welche er in das Avelenztal sendete, und unter diesen einen, welcher ausschließend denjenigen Teil des Tales in seine geistliche Obhut nehmen sollte, den nun seit Jahrhunderten das wunderherrliche Mariazell ziert.

Der Mönch von St. Lambrecht kniet vor der Himmelskönigin Maria, die ihr Jesuskind auf dem Arm trägt; dieser segnet den Mönch

Dieser gottselige Mönch hatte in seiner Zelle zu St. Lambrecht eine Statue Unserer L. Frau aus Lindenholz geschnitzt, in ihren Armen das süsseste Jesuskind. – Dies Bildnis war der einzige Reichtum des frommen Mönches und sein teuerster Schatz. Oft und oft lag er vor diesem Bild im Gebet; es war sein Trost, seine Freude und unter Tränen küßte er oft Mutter und Kind. – Diese Statue nahm nun der Mönch mit auf die Reise in das bestimmte Tal. Als er mit dem Bild im Arm in diese Gegend kam, da ward er vom heiligen Schauer ergriffen. Himmel anstrebende Berge streckten ihre Schnee bedeckten Gipfel in die Wolken; von den mit Urwald bedeckten Anhöhen stürzten rauschende Bäche über die nackten Felsen-Trümmer und bewässerten die Fluren, auf welchen die armen Hirten des Tales ihre Herden weideten. Rauhe und kalte Winde wehten ihm ins Antlitz, nur hie und da sah er einige Fleckchen Land spärlich angebaut, und aus den Hütten der Bewohner schaute Armut und Not. –

Mit bangem Auge blickte der Mönch umher, und suchte einen Ort, wo er sich niederlassen, sich und besonders der gebenedeiten Gottesmutter eine Wohnung bauen könnte. Endlich bemerkte er einen Hügel, rings umgeben von hohen Bergen, auf dessen Anhöhe er mit Hilfe der armen Hirten eine Zelle von Brettern sich erbaute, in welcher er seine geliebte Marienstatue auf einem Baumstock stellte. Die Zelle hatte zwei Teile, der eine diente ihm zur Wohnung, der andere war die Kapelle für Unsere Liebe Frau. Hier nun, in diesem unfruchtbaren Tal, verlebte der fromme Mönch seine Tage im Gebet und im Unterricht der armen, gutmütigen Bewohner, welche ihn oft und gerne besuchten, um aus seinem Mund das Wort Gottes zu hören. Um näher bei ihm zu sein, bauten sie um seine Zelle ihre Hütten und so entstand der Ort Zell.

Unter Beten, Fasten und frommen Werken der Seelsorge verflossen des frommen Mönches Lebenstage. Seine Liebe und Andacht zu Unserer Lieben Frau wurde immer inniger, und oft erfreute er sich, wie eine alte Handschrift meldet, trostreicher Erscheinungen der hohen Himmelskönigin, bis er endlich gottselig im Herrn entschlief. Seine Zelle mit dem Altar, auf welchem das liebliche Bild Unserer Lieben Frau stand, wurde bald ein Gegenstand der Verehrung. Selbst Abt Burchard kam von Sankt Lambrecht, und las auf dem einfachen Altar vor dem Gnadenbild die heilige Messe.

Unsere Liebe Frau mit ihrem Jesuskind, Gnadenmutter am Gnadenort Mariazell

Noch aber war der Gnadenort Wenigen bekannt, da wollte der Allerhöchste das Dunkel hell, das Niedrige hoch, das Geringe erhaben und herrlich machen, aus der kleinen Zelle Unserer Liebe Frau sollten sich Ströme von Gnaden weit und breit hin über die Gläubigen ergießen!

Um das Jahr 1284 lag der Markgraf von Mähren, Heinrich, an einer schweren Krankheit darnieder, die keine ärztliche Kunst zu heilen vermochte. Zu seinem noch größeren Leid ward auch seine Gemahlin auf`s Krankenlager geworfen. Ihre Übel waren unheilbar. Da wandten sie sich im Gebet zu Gott um Hilfe, auch wurden öffentliche Gebete unter dem Volk verrichtet. Besonders setzten die beiden hohen Kranken ihr Vertrauen auf die Fürbitte der gebenedeiten Gottesmutter und den hl. Wenzeslaus, den Patron ihres Landes, und nicht vergeblich! Als in einer Nacht Markgraf Heinrich im Schlaf lag, da erschien ihm ein Mann von majestätischer Gestalt, der ihn tröstete und ihm sagte, daß sein Flehen Erhörung gefunden habe. Er werde seine Gesundheit erlangen, müsse aber zum Zeichen seiner Dankbarkeit in jenes noch wenig bekannte Tal der oberen Steiermark wallen, wo er ein Bild Unserer Lieben Frau mit dem Jesuskind auf einem Altar in einer Zelle finden werde. Das nämliche Traumgesicht hatte auch des Markgrafen Gemahlin Agnes. –

Heinrich erwachte, und da er sich wirklich geheilt fand, konnte er an der Wahrheit des Gesichtes nicht zweifeln, da zudem noch seine Gemahlin ebenfalls gesund ward, und den gleichen Traum ihm erzählte. Hoch erfreut über die erlangte Gesundheit, sagten Beide Gott herzlich Dank, und machten sich alsbald auf die Reise, um der Stimme des Himmels Folge zu leisten. In Begleitung vieler edler Herren und einer großen Schar Volkes machten sie sich auf den Weg nach Steiermark. Doch wie sollten sie in den rauhen, unwirtlichen Gegenden den ersehnten Ort finden? – Sieh, da erschien ihnen in Gestalt eines Fremdlings der heilige Wenzeslaus und führte sie zur heiligen Zelle. Unbeschreiblich war ihre Freude, als sie das heilige Bild sahen; mit tiefer Ehrfurcht und herzinniger Andacht brachten sie ihren Dank dar, und konnten sich kaum von diesem trauten Ort trennen, als sie wieder in ihre Heimat zurück kehren wollten. Vor der Abreise beschlossen sie über den einfachen Altar Unserer Lieben Frau eine Kapelle aus Stein erbauen zu lassen, und sogleich ward Hand angelegt! Nachdem sie reiche Geschenke auf dem Altar der Mutter Gottes nieder gelegt, zogen sie wieder heim, voll Verehrung und Liebe zur hoch begnadigten Jungfrau.

Der Ruf von dem Wunder, das an dem Markgrafen von Mähren geschehen, verbreitete sich weit umher, und aus Böhmen, Österreich, Steiermark, Kroatien und Ungarn zogen von nun an Pilger in zahlreichen Scharen nach Mariazell. Unglückliche aller Art, Lahme, Blinde, von der fallenden Sucht Befallene, Stumme, Besessene und Presshafte kamen scharenweise, flehten Unsere Liebe Frau um Hilfe an und fanden Erhörung.

Noch größer aber ward der Ruhm des Gnadenortes Mariazell durch den Sieg, welchen Ludwig I., König von Ungarn, durch Hilfe Unserer Lieben Frau von Mariazell über die Türken davon trug. – Ungefähr um das Jahr 1363 fiel eine ungeheure Schar Barbaren aus Asien und Thrazien in Ungarn ein. Ludwig konnte in der Eile nur 20000 Mann Reiter und Fußvolk sammeln, und zog mit diesem wenigen Volk dem feindlichen Heer entgegen. Als er aber die große Zahl der Feinde sah, deren mehr als achtzigtausend waren, ergriff ihn Furcht und Schrecken, und er glaubte sein und der Seinigen Leben nur durch die Flucht retten zu können. In der Nacht, welche zur Flucht bestimmt war, dachte er nach, ob er denn nirgends Hilfe finden könnte; da kam ihm der Gedanke an die Liebe Frau zu Mariazell, welche mit gar großen Wunderzeichen gnadenvoll leuchtete. Alsbald rief er flehend zu ihr: „O mächtige Frau, gütige Mutter! Von deren unaussprechlichen Macht und Güte, unzählbare Wunder sprechen, o sei deinem Diener gnädig in seiner höchsten Not. Siehe, mein ganzes Glück liegt unter deinem Schutz, mein Reich, meine Krone hängt von deinem Willen ab, auf dich setze ich mein ganzes Vertrauen, mein Leben gehört dein. Wenn du mir den Sieg verleihest, so ist der ganze Ruhm die eigen. So neige dich denn herab, o gütigste Jungfrau, zu uns; feuere an die herzen, leite die Schwerter, regiere die Pfeile, stärke die Hände, und die ganze Nachwelt wird rühmen deine wunderbare Macht!“ Unter diesem Gebet verfiel der ermattete König in einen süßen Schlaf. Da erscheint ihm Maria, die heilige Jungfrau, mahnt ihn zur Schlacht, verspricht ihm Sieg, und legt ihm zum Zeichen dessen ihr Bildnis auf die Brust. –

Ludwig erwacht und greift alsbald nach dem auf seiner Brust liegenden Bild. – Hoch erfreut hierüber und getröstet, sammelt er sein Kriegsheer, eröffnet demselben, wie Unsere Liebe Frau ihm erschienen sei und den Sieg verheißen habe, und seine Worte entflammten Aller Herzen. Sogleich rüstet sich das ganze Heer, greift, das heilige Bild voran, den Feind mutig an, und erringt einen vollständigen Sieg. Dankerfüllt zieht hierauf König Ludwig mit seinem ganzen Kriegsheer nach Mariazell. Dort opfert er Unserer Lieben Frau eine vergoldete silberne Krone, ein mit Edelsteinen geschmücktes Reliquien-Gefäß, und jenes Bild, welches Maria auf seine Brust gelegt, das er in der Schlacht voran getragen ließ, und mit dem er einen vollständigen sieg errang; desgleichen opferte er einen goldenen Kelch. Aber damit nicht zufrieden, verordnete er, da die kleine, vom Markgrafen Heinrich erbaute Kapelle die Menge der Wallfahrer nicht mehr fassen konnte, daß eine herrliche große Kirche auf seine Kosten erbaut werde. Und so erhob sich der prachtvolle Tempel, der bis zum großen Brand im Jahre 1827 am 1. November stand. Die Kirche verlor durch diesen Brand den Dachstuhl und die Türme, die aber wieder hergestellt wurden.

Von nun an strömten immer mehr Pilger herbei, und mehrere Päpste verleihen allen, welche die Gnadenkirche besuchen und dort reumütig die hl. Sakramente empfangen, die reichlichsten Ablässe. Aber nicht bloß das gemeine Volk, brachte der Himmelskönigin in Mariazell seine Huldigung dar. Vom Jahre 1572 an kamen Herzöge, Fürsten, Kaiser mit ihren Gemahlinnen und Kindern aus dem österreichischen Hause, Könige und Fürsten aus Ungarn und Böhmen nach Mariazell, um dort zu beten und die wertvollsten Weihegeschenke darzubringen. Unzählbar sind die Gnaden, welche die Hände Unserer Lieben Frau den zahllosen Pilgern gespendet haben und noch spenden. Keine Feder kann beschreiben die Wunder, welche auf Fürbitte der gebenedeiten Gottesmutter geschahen. Schon eine sehr alte Votivtafel vom Jahre 1519 tut Meldung von außerordentlichen Gnaden-Spendungen. Die noch ungebildete aber einfache und doch herzliche Sprache gibt Zeugnis von dem hohen Alter und der Wahrheit dessen, was sie berichtet. –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 130 – Sp. 134

Tags: Maria

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