Widersetze dich mutig den Versuchungen

Widersetze dich mutig den Versuchungen!

Der keusche Jüngling Pelagius widersetzte sich mit allen Kräften dem unlauteren König, der ihn küssen und liebkosen wollte. Hast du deine Keuschheit lieb, willst du selig werden: so folge ihm nach und widersetze dich mit allem Ernst allen Anreizungen. Die heutige Welt macht sich zwar aus dem mutwilligen Küssen und Liebkosen nichts; sie hält es für einen Scherz, für eine Kurzweil, für eine Harmlosigkeit. Allein, kann man nur einen einzigen Heiligen nennen, oder einen wegen Tugend berühmten Mann, der so geurteilt hat? Das Gegenteil ist bekannt. Um nur einen zu nennen, so hat der heilige Basilius ohne Scheu gelehrt, daß durch einen einzigen Kuss das Gift der Unreinigkeit durch den ganzen Leib sich ausgießen und den ganzen Menschen anstecken könne, weswegen er also mahnt: „Man muss sich nicht anders hüten vor einem Kuss als wir vor dem Biß einer giftigen Schlange; denn das Gift gießt sich durch den ganzen Leib aus.“ Der heilige Pelagius hat dem Urteil der Heiligen gemäß für gewiß gehalten, daß er durch Küssen und Liebkosungen an seiner Seele verunreinigt würde; daß er durch Zulassung desselben sich schwer versündigte. Halte auch du für gewiß. Daß man sich dadurch schwer versündige, Versuchungen zu weiteren Sünden und Gefahr für die Tugend und das Heil der Seele herbei führe. Man vermeide also jeden Kuss, der nach dem Sittengesetz unzulässig ist.

Der heilige Ladislaus überwand seine Feinde, weil er vor dem Streit durch vieles Gebet, Fasten und andere gute Werke den göttlichen Beistand zu erwerben sich ernstlich bemühte, und dann unerschrocken seine Feinde angriff, oder sich denselben widersetzte. Du hast auch sowohl im Leben als im Sterben wider die höllischen Geister als die ärgsten Feinde deiner Seele, gegen die bösen Beispiele, Gelüste und Begierden deines Fleisches zu streiten, welche dir mit ihren Versuchungen zusetzen. Willst du sie überwinden, so mußt du dich um den göttlichen Beistand durch die gleichen Mittel bewerben, deren sich der heilige König bediente. Vor allem mußt du zum Gebet deine Zuflucht nehmen und Gott um Gnade und Stärke wider deine Feinde anrufen. „Wenn wir eine Versuchung leiden, so lasset uns unsere Zuflucht durch das Gebet zu Gott nehmen, wie die kleinen Kinder, wenn sie erschreckt werden, sogleich ihre Zuflucht zu dem Schoß der Mutter nehmen“, sagt der heilige Chrysostomus. Und Christus der Herr selbst ermahnte seine Jünger: „Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet.“ (Matth. 26,41) Sogleich, wenn du die Versuchung bemerkest, widersetze dich unerschrocken: „Sobald der böse Geist anfängt, dir böse Gedanken einzugeben, dich zu versuchen, so verjage ihn gleich von dir; widersetze dich ohne Verweilen, bevor ein Wohlgefallen und die Einwilligung selbst folgt“, schreibt der heilige Augustin. Wie sich der Feind alles Guten bei der Eva in einer Schlange verbarg, um sie zu versuchen, so versucht er noch immer durch böse Reden, Beispiele die Kinder der Welt, wie der heilige Apostel Paulus sagt; sowie durch böse Gedanken, böse Neigungen und Begierden, die er in uns erregen kann. Wer aber wachsam ist, die böse Gelegenheit, böse Gesellschaften, Trinkgelage, Spiel und Tanzplätze flieht, hat den Feind nicht zu fürchten. So stark der böse Geist immer zu sein scheint, so ist doch wahr, was der heilige Bernhard sagt: „Unser Feind ist schwach; er kann keinen überwinden, als nur jenen, der selbst überwunden werden will; er kann dich versuchen; aber bei dir steht es, ob du einwilligen willst, oder nicht.“ –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 486; S. 488 – S. 490

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