Warum Bethlehem der Geburtsort Christi ist

Das Fest der gnadenreichen Geburt Jesu, Weihnachten, in der Mitte sieht man Maria und Joseph sowie das Jesuskind in der Krippe, links die Hirten, die vom Engel die frohe Botschaft erhalten, rechts die drei Weisen mit ihren Geschenken; über der Krippe mit dem Jesuskind ist ein Engel, der ein Spruchband hält, auf dem in lateinischer Sprache steht: Und das Wort ist Fleisch geworden; das Bild ist geziert mit Tannen, Vögeln und zwei Heiligenstatuen rechts und links von der heiligen Familie

Bethlehem der Geburtsort Christi

Aus Bethlehem soll der Herrscher in Israel hervorgehen. Der Prophet hat es vorher gesagt. (Mich. 5,2) Die jüdischen Hohenpriester wissen dies auch ganz genau und werden es wenige Tage später dem Herodes sagen können. (Matth. 2,5) Aber warum wurde gerade diese unbedeutende Stadt jeder anderen vorgezogen, um der Schauplatz einer so unendlich großartigen Begebenheit zu werden? Merket wohl auf, ihr Christen, der Name dieser Stadt Davids bedeutet Haus des Brotes. Und darum hat das lebendige Brot, das vom Himmel herab gestiegen ist (Joh. 6,41), diese Stätte ausgewählt, um sich darin zu offenbaren. Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen und sind gestorben (Joh. 6,49). Und nun seht den Heiland der Welt, welcher das Leben der Menschen erhalten will mittelst seines Fleisches das wahrhaftig eine Speise ist (Joh. 6,56). Bisher stand Gott dem Menschen fern; jetzt werden sie auf das Engste miteinander verbunden sein. Die Arche des Bundes, die nur leibliches Manna umschloß, wird durch die Arche eines neuen Bundes ersetzt, eine reinere Arche, eine unverwüstlichere, als die alte: die unvergleichliche Jungfrau Maria, die uns das Brot der Engel darreicht, eine Speise, welche den Menschen in Gott verwandelt; denn Christus hat gesagt: „Wer mein Fleisch ist, der bleibt in mir und ich in ihm.“ (Joh. 6,57)

Dies nun ist jene göttliche Umbildung, welche die Welt seit viertausend Jahren erwartete, wonach die Kirche während der vier Wochen des Advents seufzte. Endlich ist die Stunde gekommen und Christus will bei uns eintreten, wenn wir ihn aufnehmen wollen (Joh. 1,12). Er verlangt danach, sich mit Jedem von uns zu vereinigen, wie er sich mit der menschlichen Natur im Allgemeinen vereinigt hat. Und darum will er sich zu unserem Brot machen, zu unserer geistigen Speise. Seine Ankunft in den Seelen in jener geheimnisvollen Zeit hat keinen anderen Zweck. Er kommt nicht, um die Welt zu richten, sondern daß die Welt durch ihn selig werde (Joh. 3,17). Er kommt, damit Alle das Leben haben und überflüssig haben (Joh. 10,10). Er wird daher nicht eher ruhen, dieser göttliche Freund unserer Seelen, bis er an unserer Statt in uns ist, so daß nicht mehr wir selbst in uns leben, sondern er in uns. Und damit dies Geheimnis sich ganz sanft und unmerklich in uns vollziehe, so nähert er sich zuerst in der Gestalt eines Kindes, die süße Frucht Bethlehems, um, wenn sie erst einmal von unserem herzen Besitz genommen, darin zu wachsen an Alter und Weisheit bei Gott und den Menschen (Luk. 2,52). Und wenn er uns mit seiner Gnade und mit der Speise der Liebe heimgesucht hat, wenn er uns in sich selbst verwandelt hat, dann vollzieht sich ein neues Geheimnis. Ein Fleisch, ein Herz mit Jesus, dem Sohn des himmlischen Vaters, werden wir selbst Söhne desselben Vaters, so daß der Lieblingsjünger ausruft: „Seht, welche Liebe uns der Vater erwiesen hat, daß wir Gotteskinder heißen und sind.“ (1. Joh. 3,1) –
aus: Dom Prosper Guéranger, Die heilige Weihnachtszeit, 1892, S. 16 – S. 18

Quanno nascette Ninno – Hl. Alphons Maria von Liguori

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