Unsere Liebe Frau in Neukirchen

Eine Prozession christgläubiger Katholiken zu einem Gnadenort der Muttergottes Maria

Gnadenorte der hohen Himmelskönigin Maria

Unsere Liebe Frau, die Gottesmutter Maria, sitzt, umringt von vielen Heiligen, in der Mitte, ihren Sohn Jesus auf dem Schoß, eine Lilie in der linken Hand; unter ihr ist das Häuschen zu sehen, daß von Engeln zum Gnadenort Loreto getragen wird

Unsere Liebe Frau in Neukirchen zum heiligen Blut in Bayern

Gleichwie es in den Ratschlüssen Gottes fest gesetzt war, schon gleich von der ersten Christenheit an, vor allen andern heiligen, die jungfräuliche Mutter seines göttlichen Sohnes vor den Augen der ganzen Welt zu verherrlichen, und an derselben seine Herrlichkeit, Güte und Wunderkraft ganz besonders strahlen zu lassen, also musste auch nach dieser göttlichen Absicht folgende Begebenheit dienen.

Um das Jahr 1450, wo in Deutschland und besonders in Böhmen ketzerische Irrtümer und kriegerische Empörungen wüteten, begab sich ein böhmischer Husit zu Pferde nach dem am Böhmerwald gelegenen Marktflecken Neukirchen, um allda seiner zeitlichen Güter zu pflegen. Als er nun nach Beendigung derselben (wahrscheinlich betrunken) wieder zu Pferde saß, um seine Rückreise vorzunehmen, und ihn der Weg zu einer nächst der Straße auf freiem Feld stehenden Kapelle führte, wandelte ihn eine Lust an, dieselbe von Innen zu sehen. Er steigt ab, geht hinein, und erblickt ein Bildnis Mariä auf dem Altar. Schon gleich der ersteAnblick dieses Bildnisses brachte seine ganze mit ketzerischem Irrtum angesteckte Seele in rasche Bewegung, und sein Groll und seine Abneigung empörte sich so weit, daß er dasselbe, in seinem aufbrausenden Grimm, mit sieben gräuelvollen Unbilden mißhandelte. Die erste war, daß er anfing, Maria als ein gemeines und eines Altars ganz unwürdiges Weib schreckbar zu lästern. Durch eben diese Lästerung noch mehr aufgebracht, schritt er nun zur zweiten, noch größeren Unbild, indem er das Bildnis in seinem wilden Zorn von dem Altar herab riß, und in einen Winkel der Kapelle ganz rasend hinein warf. Dies hätte seiner ketzerischen Bosheit genügen können; allein, da es ihm zu Sinne kam, dieses Bildnis könnte hervor gesucht und wieder auf den Altar gestellt werden, ging sein Grimm in eine Vertilgungswut über; und nun folgte eine Unbild auf die andere.

Gnadenort Neukirchen: Die Marienstatue, deren Kopf mit einem Schwert gespalten ist, wird von zwei Engeln zurück getragen

Um dieses bei ihm so verhaßte Bildnis für immer allen menschlichen Augen zu entziehen, ergreift er es, voll des Abscheus, und stürzt es in einen eben daselbst befindlichen Brunnen. Dies jedoch gelang ihm nicht; denn kaum war es geschehen, so sah er dasselbe schon wieder auf dem Altar stehen. Jetzt ergrimmt er noch mehr; reißt es von dem Altar herab, und stürzt es das zweite und dritte Mal in den nämlichen Brunnen. Aber auch dies war kaum geschehen, so stand es schon wieder auf dem Altar. Und nun steigt seine Wut auf das Höchste; er greift nach seinem Säbel, führt einen Hieb und zerspaltet dem leblosen Bildnis durch einen grausamen Mordstreich das Haupt. – In diesem Augenblick floß frisches Blut (so annoch (=heute noch), nicht ohne heilige Rührung, zu sehen ist) aus der Wunde und auch über die Stirn und Wangen herab.

Da nun erzitterte der vermessene Frevler, und dachte, aus Furcht, es möchten Leute kommen, welche die Sache kundbar machen, auf schnelle Flucht. In dieser Absicht wirft er sich eilig auf das Pferd, und gibt zum raschen Lauf den Sporn, allein umsonst; das Pferd bleibt unbeweglich. Was war die Folge? Eine neue schaudervolle Unbild; er hält jetzt Jene, die er so sehr gelästert und mißhandelt hatte, sogar für eine Zauberin; um aber ihrer zauberischen Bannkraft zu entgehen, kommt er auf den Gedanken, das Beste würde sein, wenn er dem Pferd die vier Eisen abnähme. Er tut es; aber umsonst: noch konnte er mit dem Pferd nicht von der Stelle kommen. Und nun steht er da, voll der Angst, voll der Bestürzung: erinnert sich zitternd an Alles, was er getan, und faßt das von ihm so gräulich und vermessentlich mißhandelte und bluttriefende Bildnis wohl in die Augen. Und dies war der Augenblick, wo ein höherer Gnadenstrahl in den Mittelpunkt seines bisher verstockten Herzens drang.

Auf einmal gingen ihm die Augen auf, die Blendung war verschwunden; er sah den ganzen Gräuel seiner an dem Bildnis verübten Unbilden klar vor sich, und die Folge war, daß er anfing, voll der Reue zu weinen und abzubitten, worauf er ungehindert seine Rückreise fortsetzte. Zu Hause aber nahm er eine gänzliche Bekehrung vor, ehrte Maria lebenslänglich auf möglichste Weise und kam jährlich öfters, um seiner Andacht zu pflegen, nach Neukirchen, wo sodann die Andacht zu diesem marianischen Bildnis immer zugenommen, und Maria schon über 300 Jahre sich als eine höchst tröstliche, hilfreiche und wundertätige Gnaden-Mutter sich erzeigt. Die Kirche, die in Folge der Zeit eben auf dem Platz der Begebenheit erbaut wurde, ist herrlich, und zugleich die Pfarrkirche, und wird von Nah und Ferne aus Böhmen und Bayern noch immer zahlreich besucht, wozu die eifrige Pflege der ehrwürdigen Väter Franziskaner sehr viel beiträgt. –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Zweiter Teil, 1869, Sp. 2625 – Sp. 2627

Tags: Maria

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