Richte mich in der Zeit der Barmherzigkeit

Das besondere Gericht Anklage und Verhör: Christus als Richter

Vom besonderen Gericht – Richte mich in der Zeit der Barmherzigkeit

„Wir alle müssen erscheinen vor dem Richterstuhle Christi.“ (2. Kor. 5,10)

Der heilige Alfons steht im Ordensgewand in seiner Stube, die Hände an der Briust gekreuzt und das Kruzifix haltend, der Bischofsstab ist angelehnt an den Tisch

Dritter Punkt.

Damit die Seele zur ewigen Glückseligkeit gelange, muss beim Gericht ihr Wandel dem Leben Jesu gleichförmig befunden werden: Denn, die Er vorgesehen hat, die hat Er auch vorherbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu werden. (Röm. 8,29) Dies war es aber, weshalb der fromme Job erzitterte: Was werde ich tun, wenn sich Gott erhebt zum Gericht? Und wenn Er fragt, was werde ich Ihm antworten? (Job 31,14) Da einer seiner Diener den König Philipp II. belogen hatte, so machte ihm der König einen Vorwurf und sprach: „So täuschest du mich?“ Nachdem dieser Unglückselige nach Hause zurückgekehrt war, starb er vor Schmerz.

Aber was wird erst der Sünder tun, was wird er Jesu Christo, seinem Richter antworten? Er wird tun, was jener im Evangelium tat, der ohne ein Hochzeitskleid gekommen war, und der, weil er nichts zu antworten wusste, verstummte. (Matth. 22,12) Die Sünde selbst wird ihm den Mund verstopfen. Alle Bosheit verschließt ihren Mund. (Ps. 106,42) Der heilige Basilius sagt, der Sünder werde furchtbarer von seiner Beschämung, als vom höllischen Feuer gepeinigt werden.

Endlich wird der göttliche Richter das Urteil fällen: Weiche von Mir, du Verfluchter, in das ewige Feuer! O welch` furchtbarer Donnerschlag werden diese Worte sein! „Wie schrecklich wird dieser Donner erschallen!“ ruft Dionysius der Karthäuser aus. Der heilige Anselmus sagt: „Wer bei einem solchen Donner nicht erzittert, der schläft nicht, sondern ist schon tot.“ Und Eusebius fügt bei: Der Schrecken der Sünder, wenn sie ihr Verdammungs-Urteil hören, wird so groß sein, dass sie, wenn sie noch sterben könnten, von Neuem sterben würden.

Alsdann, sagt der heilige Thomas von Villanova, ist keine Zeit mehr zum Bitten; dann gibt es keine Fürbitter mehr, an die man sich wenden könnte; man findet keinen Freund, keinen Vater mehr. An wen soll man sich also dann wenden? Etwa an Gott, den man so sehr verachtet hat? Oder an die Heiligen? An die allerseligste Jungfrau Maria? Nein: Alsdann werden die Sterne (nämlich die heiligen Fürsprecher) vom Himmel fallen und der Mond (d. h. Maria) wird seinen Schein nicht mehr geben. (Matth. 24,29) „Maria (sagt der heilige Augustin) wird von der Pforte des Himmels fliehen.“

Richte mich in der Zeit der Barmherzigkeit

O mein Gott! ruft der heilige Thomas von Villanova aus, wie können wir mit solcher Gleichgültigkeit vom Gerichte reden hören, als ob das Verdammungs-Urteil uns gar nicht treffen könnte, oder als würden nicht auch wir eines Tages gerichtet werden? Ach, welche Torheit ist es, fährt er fort, sich in so großer Gefahr so sicher zu wähnen!

Sage nicht, mein Christ, warnt uns der heilige Augustin: Sollte Gott mich wirklich in die Hölle stoßen wollen? Sage dies ja nicht! fährt er fort; denn auch die Juden haben es niemals geglaubt, dereinst ausgerottet zu werden, und schon so viele Verdammte wollten sich nicht davon überzeugen, dass sie dereinst in die Hölle verstoßen würden; aber zuletzt ist doch die Strafe gekommen: Das Ende kommt, es kommt das Ende, es ist nahe, daß Ich meinen Grimm an dir auslasse, daß Ich dich richte. (Ezech. 7,6)

Ebenso, sagt der heilige Augustin, wird es auch dir ergehen; „es wird der Tag des Gerichtes kommen, und du wirst wahr finden, was Gott gedroht hat.“ Jetzt können wir noch selbst den Urteilsspruch wählen, den wir über uns verhängt sehen wollen. „In unserer Macht ist es (sagt der heilige Eligius), wie wir gerichtet werden wollen.“ Was müssen wir aber tun?

Wir müssen die Rechnung vor dem Gerichtstage in Ordnung bringen: Siehe, dass du Recht hast, ehe du vor Gericht kommst. (Ekkl. 18,19) Der heilige Bonaventura bemerkt, dass kluge Handelsleute ihre Rechnungen oft durchgehen und berichtigen, damit sie nicht etwa ihre Zahlungen einstellen müssen. „Vor dem Gericht kann der Richter noch besänftigt werden, bei dem Gerichte nicht mehr“, sagt der heilige Augustin.

Sprechen wir also mit einem heiligen Bernhard zu dem Herrn: „Ich will schon gerichtet vor Dir erscheinen, nicht aber, um erst gerichtet zu werden.“ Mein göttlicher Richter! Ich will, dass Du mich jetzt während meines Lebens richten und bestrafen mögest, jetzt, wo noch die Zeit der Barmherzigkeit ist und Du mir verzeihen kannst; denn nach dem Tode ist die Zeit der Gerechtigkeit. –
aus: Alphons Maria von Liguori, Vorbereitung zum Tode oder Betrachtungen über die ewigen Wahrheiten, 1891, S. 256 – S. 258

Teil 1: Das besondere Gericht vor dem ewigen Richter

Teil 2: Das besondere Gericht: Anklage und Verhör

siehe auch den Beitrag auf katholischglauben.online:

Bildquellen

  • christ-the-judge.jpg!Portrait: wikiart

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