Die sieben Rosen des Ave Maria
(Auf die sieben Wochentage eingeteilt)
Marienandacht- Die fünfte Rose des Ave
(Für den Donnerstag)
„Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes Jesus!“
Ja, o heilige Maria! gesegnet und gebenedeit über Alles im Himmel und auf Erden ist die Frucht deines Leibes, von welcher Isaias, der Prophet weissagte: „Sieh, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, dessen Name wird sein: „Emmanuel, d.h. Gott-mit-uns!“
Gebenedeit und gesegnet ist, o heilige Maria! die Frucht deines Leibes, von welcher geschrieben steht: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt, auf dessen Schultern die Herrschaft ruht, und man nennt Seinen Namen: Wunderbarer, Ratgeber, Gott, starker Held, Fürst des Friedens!“
Gebenedeit und gesegnet ist, o heilige Maria! die Frucht deines Leibes, von welcher wir in der Schrift lesen: „Also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seines eingeborenen Sohnes nicht schonte, sondern Ihn für uns dahin gab, damit Alle an Ihn glaubend nicht verloren gehen, sondern zum ewigen Leben gelangen.“
Gebenedeit und gesegnet ist, o heilige Maria! die Frucht deines Leibes, von welcher der Apostel sagt: „Gott hat Ihm einen Namen gegeben, der da ist über alle Namen; auf daß sich beugen in dem Namen Jesus die Knie Aller, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen, daß Jesus Christus ist in der Herrlichkeit Gottes, des Vaters.“
Gebenedeit und gesegnet ist, o heilige Maria! die Frucht deines Leibes, – Jesus Christus, der da ist über alles, Gott, hoch gelobt in Ewigkeit, und von welchem geschrieben steht: „Es sollen Ihn anbeten alle Engel Gottes!“
Ja, gelobt, gebenedeit und mit Liebe und Dank sei verherrlicht die gesegnete Frucht deines Leibes, Jesus Christus, welcher der Urheber aller Benedeiung, alles Heiles und alles Segens ist, durch den Sowohl du, o seligste Jungfrau! Als das ganze menschliche Geschlecht gesegnet worden, und außer dem es keinen anderen Namen gibt, in welchem wir selig werden können!
O heilige Maria! erflehe mir die Gnade, daß ich durch ein frommes, wahrhaft christliches Leben der himmlischen Segnungen teilhaft werde, die uns Jesus Christus, die gebenedeite Frucht deines Lebens, durch Sein Leben, Leiden und Sterben erworben hat. Insbesondere hilf mir, daß ich recht oft und würdig durch die heilige Kommunion Ihn selbst als die gebenedeite Frucht des ewigen Lebens in mein Herz aufnehme und würdig werde, dereinst am allgemeinen Gerichtstage unter der Zahl der Auserwählten zu stehen und mit ihnen die Worte zu vernehmen: „Kommt, ihr Gebenedeiten! Und nehmet in Besitz das Reich, welches ich euch bereitet habe von Anbeginn der Welt!“ Amen.
Eine Rose aus dem Leben.
Der heilige Einsiedler Petrus Cölestin erzählt, es habe einmal einen Soldaten gegeben, welcher alle Tage mit der gewissenhaftesten Pünktlichkeit eine bestimmte Andachtsübung zur Verehrung der göttlichen Mutter verrichtete und sich angelegentlich ihrem Schutze empfahl. Er glaubte hierdurch ein guter Diener Mariä zu sein und in Allem auf ihren Beistand zählen zu dürfen, obgleich sein Leben sonst ziemlich grober Art und sein Herz mit machen Sünden befleckt war, die zu bessern oder zu meiden er nicht dachte.
Nun geschah es, daß dieser Soldat eines Tages auf einen entlegenen Feldposten Wache halten musste, und seine Ablösung vergessen wurde. Da ward er denn alsbald von heftigem Hunger gequält und wußte sich nichts zu essen zu verschaffen. Der Hunger tut wehe und gleicht, wie das Sprichwort sagt, einem scharfen Schwert. Er nahm deshalb seine Zuflucht zu Maria und bat nach seiner Gewohnheit die gute Mutter, sie möge ihm doch einiges Essen bescheren. Und in der Tat, es währte nicht lange, so wurde ihm auf wunderbare Weise ein recht kostbares Gericht vorgestellt, jedoch in einem so schmutzigen Gefäße, daß er sich nicht entschließen konnte, das Mahl zu genießen. So stand er da und sah mit lüsternen Blicken die Speise an, während das schmutzige Gefäß ihm einen unüberwindlichen Ekel einflößte. Sein Hunger wurde indes immer heftiger und der Anblick des so kostbaren und dennoch nicht genießbaren Gerichtes machte ihn betrübt bis zu den Tränen. Da aber offenbarte sich ihm Maria in geheimnisvoller Weise und sprach zu ihm: Sieh, wohl hast du Lust an den dargebotenen Speisen, aber des unlauteren Gefäßes wegen kannst du es nicht über dich bringen, dieselben zu dir zu nehmen. So verhält es sich auch mit den Andachts-Übungen, die du tagtäglich zu mir verrichtest; mit großer Lust würde ich sie aufnehmen und dich reichlich dafür segnen, kämen sie nur nicht aus einem mit Sünden so sehr befleckten Herzen, das nicht an Besserung, Buße und Reinigung denkt. Erkenne also an der Unsauberkeit dieses Speisegefäßes die Unsauberkeit deines Herzens und sei für baldige Reinigung desselben besorgt. Denn nur dann wird dein Dienst und deine Andacht mir wohl gefällig und dir selbst zum Segen sein!
Mit Scham und Reue vernahm der Soldat diese Worte und faßte sogleich den Entschluss, sein Leben zu bessern. Maria vermittelte ihm dazu nicht allein viele und große Gnaden, sondern versüßte ihm auch oft mit ihren mütterlichen Tröstungen die Bitterkeit seiner Buße. Dreißig Jahre hindurch führte er nun ein strenges und wahrhaft frommes Leben und hatte am Ende die ausgezeichnete Gnade, von seiner hohen Beschützerin heimgesucht und rein und selig dort eingeführt zu werden, wohin nichts Unreines gelangen kann!
Sieh, mein Christ! Das Erste und Notwendige, was Maria von denjenigen fordert, die in ihren Dienst treten und von ihr als begnadigte Pflegekinder aufgenommen werden wollen, ist ein aufrichtiges Verlangen und Bestreben nach Reinigung des Herzens und des Lebens von der herrschenden Sünde. Rein und sündenfrei ist die Herrin und Mutter; rein und sündenfrei sollen auch ihre Diener und Kinder zu werden suchen. Es ist nun allerdings uns armen Kindern Evas, die wir in der Sünde empfangen und geboren sind, nicht möglich, eine solche Sündenreinheit des Lebens zu erlangen, wie wir sie an Maria finden; aber möglich ist uns doch, nach derselben zu streben und unter dem Beistand der Gnade wenigstens die schweren Sünden, sowie auch die leichtfertigen sogenannten läßlichen Sünden zu vermeiden. Möglich ist uns weiter, daß, wenn wir in eine schwere Sünde gefallen sind, wir ohne Verzug die Sünde zu bereuen, zu beichten und abzubüßen suchen und nicht eher uns beruhigen, bis solches geschehen ist; ja, daß wir recht oft zum Reinigungsmittel der Buße, zur Beichte, unsere Zuflucht nehmen, um dadurch die Herzens-Reinheit wieder herzustellen, die wir leider so oft im Leben verletzen. Ebenso ist es uns auch möglich, die Gelegenheiten, Personen, Orte, Gesellschaften, Unterhaltungen usw. zu meiden, durch welche wir so häufig in die Sünde verstrickt werden. Möglich endlich ist es auch dem größten Sünder, auch dem, der gleichsam mit Höllenbanden gefesselt zu sein scheint, unter dem Schutz und dem Beistand der göttlichen Mutter aus dem Verderben sich zu retten, Buße zu tun und die verlorene Herzens-Reinheit mit ihrem beglückenden Gottesfrieden wieder zu erlangen.
Zu allen diesen Möglichkeiten bietet Maria ihre mütterliche Hand, und Nichts wird in diesem Bezug demjenigen unmöglich, der eines guten Willens ist und sich der mütterlichen Leitung gehorsam hingibt. Wer aber die Hand der Mutter unbeachtet läßt und sich nicht ernstlich um die Reinigung von seinen Sünden bemühen will, der dienet Maria vergebens; der kann sich keine sonderliche Gunst von ihr versprechen und gewiß keinen ausgezeichneten Gnadenerweis erwarten. Glücklich dagegen derjenige, der die dargebotene Mutterhand erfaßt und sich unter ihrem Beistand redlich bestrebt, von der Sünde rein und frei zu werden! Der darf Alles von Maria hoffen; der wird nie vergebens zu ihr flehen, der wird ihre mächtige Hilfe erfahren im Leben und ihm Tode!
Zur Erweiterung der Andacht erneuere man heute das Gebet um Aufnahme in den Dienst und den Schutz Mariä; dann bete man den heiligen Rosenkranz in der Absicht und Meinung, durch Maria reichliche Gnade zu unserer Sünden-Reinigung und Heiligung zu erlangen. Im übrigen kann man nach Belieben die Litanei hinzusetzen. – aus: Joseph Kremer, Eucharistische Liebesblumen mit Marianischen Rosen, 1900, S. 134-139