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Irrlehren

Eutyches

Lexikon für Theologie und Kirche

Stichwort: Eutyches

Eutyches, Irrlehrer, * 378, Mönch, später Archimandrit eines großen Klosters (300 Mönche) bei Konstantinopel. Gestützt auf die kaiserliche Macht und blindes Werkzeug des Patriarchen Dioskur I. von Alexandrien, kämpfte er leidenschaftlich gegen alle wirklichen und vermeintlichen Nestorianer, bis ihn selbst die Synode zu Konstantinopel 8.11.448 wegen Monophysitismus verurteilte. Er appellierte an die Synoden von Rom, Jerusalem, Alexandria und Thessalonike, an den Kaiser, schließlich an ein allgemeines Konzil.

Auf der Räubersynode 449 durch Dioskur rehabilitiert, wurde er in Chalcedon 451 endgültig verurteilt und verbannt. Er behauptete: Christus ist uns nicht wesensgleich; er besaß nach der unio nur eine Physis. Des Eutyches Irrtum war „de imperitia magis quam de versutia natus“ (Papst Leo I, Ep. 31).
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. III, 1931, Sp. 873 – Sp. 874

Monophysiten, Häretiker, welche in Jesus Christus nicht zugleich eine wahre göttliche und eine wahre menschliche, sondern nur eine einzige Natur (…) anerkennen wollen. Wohl sprachen schon vom 2. bis zum 4. Jahrhundert auch rechtgläubige Väter, wie Athanasius, Papst Julius I. u. A., von (…) Einer Natur, welche die Menschheit angenommen habe; aber da sie damit weder die wahre Gottheit noch die wahre Menschheit des Herrn irgendwie beeinträchtigten, so war ihr Ausdruck nur scheinbar monophysitisch, ihre Lehre selbst aber eben so dyophysitisch, wie die der hll. Gregor von Nazianz und von Nyssa, des hl. Epiphanius u. A., die ausdrücklich von zwei Naturen reden (vgl. Schwane, Dogmengesch. II, 335 ff. 380ff.).

Ähnlich verhielt es sich mit dem hl. Cyrill von Alexandrien, der (…) nur eine „wirkliche“ oder „wesentliche“ Vereinigung beider (im Gegensatz der bloß äußerlichen oder bloß moralischen Verbindung, welche Nestorius annahm), nicht aber ihre Verschmelzung in eine einzige Natur ausdrücken wollte. Manche Schüler und Verehrer des hl. Cyrill missverstanden und missdeuteten jedoch seinen Ausdruck, und unter diesen wurde nun Eutyches, Priester und Archimandrit eines Klosters in der Nähe von Konstantinopel, der eigentliche Stifter der monophysitischen Häresie.

Eutyches, welcher bisher als tätiger Gehilfe des hl. Cyrill gegen die Lehren seines Patriarchen Nestorius mit Entschiedenheit aufgetreten war, verfiel in der Bekämpfung des Nestorianismus selbst in das entgegengesetzte Extrem; denn während Nestorius die zwei Naturen in Christus zu sehr trennte, erkannte Eutyches nur eine einzige Natur an.

Die erste Klage über ihn ging von Bischof Domus von Antiochien aus, dahin lautend, er erneuere die Ketzerei des Apollinaris von Laodicea, lehre nur Eine Natur in Christus und behaupte, die Gottheit habe gelitten. Diese Anklage scheint jedoch keine Folge gehabt zu haben. Aber bald darauf überreichte Bischof Eusebius von Doryläum in Phrygien der im Jahre 448 zu Konstantinopel unter Patriarch Flavian versammelten Synode eine neue Klageschrift gegen Eutyches, dem er schon privatim, aber stets vergeblich Vorstellungen wegen seiner Irrlehre gemacht habe.

Eutyches, vor die Synode vorgefordert, erschien nicht, weil seine Aszese ihm das Kloster zu verlassen verbiete, erklärte aber schriftlich, dass er in Christus, nach seiner Menschwerdung, nur Eine Natur, und zwar die göttliche, die Mensch geworden sei, anbete. Christus sei zwar wahrer Mensch, aber sein Leib sei mit dem unsrigen nicht gleiches Wesens; und er werde nie zwei Naturen in Christus anerkennen.

Man sieht, dass seiner Erklärung die nötige Klarheit fehlte, wie er denn in der Tat selbst nur sehr beschränkte Talente besaß. Aber dabei zeigte sich seine starre Hartnäckigkeit schon darin, dass er unter den Mönchen eine Konspiration zum Schutz des Monophysitismus hervorrief und das Intrigieren mit seiner „strengen Aszese“ gar nicht unvereinbarlich fand. Auf wiederholte Vorladungen jedoch erschien er endlich, aber von einer Schutzwache umgeben, die ihm des Kaisers Günstling, der Eunuch Chrysaphius, zugewiesen hatte. Wie es scheint, beschützte ihn dieser aus Privathass gegen den Patriarchen Flavian von Konstantinopel, nach anderen darum, weil Eutyches sein Taufpate war.

Wie dem sei, die Wache durfte den Mönch nur unter der Bedingung, dass er wieder frei entlassen werde, der Synode vorstellen. Hier erklärte Eutyches abermals, dass er den Leib Christi nicht dem unsrigen gleich halte, und sprach zugleich unter Berufung auf Athanasius und Cyrill seinen Hauptsatz aus, „dass unser Herr zwar vor der Vereinigung aus zwei Naturen gewesen sei, nach derselben aber nur Eine Natur habe“.

Wie es scheint, wollte er mit diesen konfusen Worten sagen: in Gedanken könne man allerdings zwei Naturen in Christus unterscheiden, aber sobald sich Gottheit und Menschheit in ihm verbanden (und das geschah ja schon im Augenblick seiner Empfängnis, also schon im ersten Augenblick seines Seins als Gottmensch), sei nur mehr Eine Natur vorhanden gewesen. –

Die Synode sprach das Anathem über diese Lehre und Bann und Absetzung über Eutyches aus. Ob Eutyches hiergegen sogleich Appellation an den Bischof von Rom (auch an den von Alexandrien) angekündigt habe, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit entscheiden. Er behauptete, Flavian leugnete es. Eutyches aber klagte jetzt bei dem Kaiser Theodosius II., dass Flavian auf seine Appellation nicht geachtet, auch die Akten der eben gehaltenen Synode verfälscht habe u. dgl.

Der Kaiser berief deshalb im Jahre 449 zur Untersuchung der Sache eine kleinere Synode, und es zeigte sich hier die Hauptanklage der Aktenverfälschung als völlig unbegründet. Andere Beschuldigungen waren kleinlich, der Punkt wegen der Appellation aber nicht erwiesen. Übrigens wendeten sich jetzt sowohl der Kaiser als Eutyches, der sich dem Synodalspruch nicht unterwarf und in seinen Ämtern verblieb, brieflich an Rom; auch legte der letztere sein Glaubensbekenntnis bei und bat um billigeres Urteil.

Die Folge war, dass Papst Leo I. anfangs den Bischof Flavian von Konstantinopel zur Rede stellte, weil er in einer so wichtigen Sache nicht alsbald nach Rom berichtet habe. Bevor jedoch dieses Schreiben nach Konstantinopel kam, hatte Flavian bereits die Akten über die Verhandlungen mit Eutyches nach Rom abgesandt und den Papst um Bestätigung von dessen Absetzung gebeten.

Ganz anders als der Papst zu Rom handelte aber Patriarch Dioskur von Alexandrien. Er nahm entschieden Partei für Eutyches und sprach die Wiedereinsetzung desselben in sein priesterliches Amt und in seine Klosterwürde aus. Dioskur selbst nämlich fasste die Lehre Cyrills nicht wesentlich anders auf als Eutyches, hielt jede andere Ansicht für Nestorianismus und verlangte vom Kaiser eine allgemeine Synode zur definitiven Entscheidung der Frage …

Unterdessen hatte sich Papst Leo nach Empfang der zugesandten Akten von der Irrlehre des Eutyches überzeugt und erklärte sie für ebenso absurd als gottlos. Dabei bat er jedoch brieflich den Bischof Flavian, falls Eutyches widerrufe, Nachsicht gegen ihn zu beweisen, mit dem Beifügen, eine neue Synode sei in dieser Sache nicht nötig.

Da er jedoch gleich darauf das kaiserliche Einladungs-Schreiben nach Ephesus erhielt, so wollte Leo diesem Plan nicht entgegentreten und bemerkte nur, dass er nicht persönlich in Ephesus erscheinen könne, teils weil auch seine Vorfahren bei ähnlichen Veranlassungen Stellvertreter geschickt, teils weil die Verhältnisse Italiens, in welchem Attila heranzog, seine dortige Anwesenheit notwendig machten.

Zugleich berief er sich aber auch auf sein am nämlichen Tag (13. Juli 449) erlassenes Schreiben an Flavian, worin er den wahren Glauben der Kirche über die Menschwerdung Christi auseinander gesetzt habe. Es ist dieses sein berühmtes dogmatisches Schreiben an Flavian, worin er zeigt, dass der Sohn habe Mensch werden müssen, um die Menschheit zu erlösen, dass er hierzu aus seiner Mutter die menschliche Natur wahrhaft angenommen habe, dass also beide Naturen in Einer Person (der göttlichen des Sohnes) hypostatisch geeinigt seien, und dass die Eigentümlichkeiten der beiden Naturen auch nach ihrer Vereinigung in Christo noch fortdauerten.

Allein die zu Ephesus im August 449 zusammen getretene Synode ließ dieses Schreiben des Papstes gar nicht vorlesen, räumte auch seinem Legaten nicht den Vorsitz ein und sprach unter vielen Unregelmäßigkeiten und Gewalttätigkeiten über die Lehre von zwei Naturen das Anathem aus. Es ist dies die berüchtigte Räubersynode von Ephesus.

Doch dieser Sieg des Monophysitismus sollte nur kurze Zeit dauern. Flavian von Konstantinopel hatte sogleich gegen den ungerechten Spruch von Ephesus an den Papst appelliert, und obgleich der Kaiser die Beschlüsse der Räubersynode bestätigte und in seinem Reichsanteil durchführte, hatte Leo den Mut, wegen der zu Ephesus vorgekommenen Gewalttätigkeiten Vorstellungen zu machen und die Abhaltung eines allgemeinen Konzils in Italien zu verlangen. Einstweilen berief aber Leo selbst eine große römische Synode und bat auch den abendländischen Kaiser Valentinian III., bei seinem morgenländischen Kollegen Theodosius in dieser Angelegenheit Schritte zu tun …

Doch nach wenigen Monaten schon starb Kaiser Theodosius II., und seine Schwester, die hl. Pulcheria, bestieg mit ihrem Gemahl Marcian den Thron. Beide versicherten den Papst sogleich ihrer freundschaftlichsten Gesinnung, und Marcian versprach zugleich die Abhaltung der von Leo vorgeschlagenen allgemeinen Synode.

… während der Papst alle Anstalten traf, um die durch Dioskur verführten Bischöfe wieder mit der Kirche zu versöhnen, berief Kaiser Marcian in Übereinstimmung mit Valentinian III. und Leo dem Großen eine allgemeine Synode nach Nicäa; diese ward jedoch alsbald nach Chalcedon bei Konstantinopel verlegt, weil der Papst die persönliche Anwesenheit des Kaisers bei derselben dringend gewünscht hatte.

Es ist dies die vierte allgemeine Synode zu Chalcedon (*), im Jahre 451 abgehalten, welche, wie anderwärts ausführlich gezeigt, den Lehrbrief Leos bestätigte, den Patriarchen Dioskur absetzte, über ihn, Eutyches und Nestorius das Anathem sprach und in ihrer fünften Sitzung die orthodoxe Lehre (…) formulierte … Kaiser Marcian bestätigte sofort nicht nur die Beschlüsse von Chalcedon, sondern verbot auch den bereits vorhandenen Eutychianern, Geistliche zu haben und Gottesdienst zu halten; wer aber fortan noch den Irrtum weiter auszubreiten und die orthodoxe Lehre zu bekämpfen wage, solle mit Verbannung und andern schweren Strafen belegt werden.

Vor Allen wurden Eutyches und Dioskur zum Exil verurteilt; doch ersterer, beim Ausbruch der Streitigkeiten schon hochbetagt, scheint gerade um diese Zeit gestorben zu sein, während Dioskur noch bis 454 zu Gangra in Paphlagonien lebte. –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 8, 1893, Sp. 1781 – Sp. 1785

(*) Siehe zur allgemeinen Synode zu Chalcedon auf katholischglauben.online:

Tags: Häretiker
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