Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Bartholomäusnacht
Bartholomäusnacht, auch Pariser Bluthochzeit vom 23. auf 24.8.1572. Nach Abschluß des Friedens zu St-Germain-en-Laye (8.8.1570) suchte Karl IX. die Aussöhnung der beiden Religions-Parteien durch die Vermählung seiner Schwester Margarete von Valois mit Heinrich von Navarra zu besiegeln, und wirklich fand am 18.8.1572 die Trauung statt. Da aber Admiral Coligny immer größeren Einfluß auf den unselbständigen und unbedeutenden König gewann und diesen benützte, um Frankreich an Englands Seite in einen Eroberungs-Krieg gegen die spanische Niederlande zu treiben, beschlossen die Königin-Mutter, die herrschsüchtige und skupellose Katharina von Medici, deren Stellung am Hofe bedroht war, und ihr Sohn Heinrich von Anjou, ihn aus dem Weg zu räumen. Persönliche und gewichtige politische Gründe stehen am Anfang der Katastrophe. Am 22. August schoß ein gewisser Maurevel auf den Admiral, der aber nur leicht verwundet wurde. Noch im vollen Besitz des königlichen Vertrauens und gestützt durch die Hugenotten, die unter offener Drohung mit neuem Krieg Rache verlangten, war Coligny für Katharina gefährlicher als zuvor. Zwangsläufig führte das erste mißlungene Verbrechen zu einem neuen, schlimmeren Plan: der Ermordung Colignys und der sämtlichen zur Hochzeit in Paris anwesenden Hugenotten; nur die aus königlichem Blut stammenden Häupter Heinrich von Navarra und der Prinz Condé sollten geschont werden, wenn sie zur katholischen Kirche zurückkehrten. Am 23. August wurde durch die Mitteilung von der wahren Urheberschaft des Attentats und von den Gefahren für die Dynastie dem zaudernden König die Zustimmung abgepreßt.
Die Bartholomäusnacht ist nicht, wie eine von den Guisen ausgehende Rechtfertigung glauben machen wollte, der Abschluß eines lang geplanten Vorgehens, sondern ein plötzlicher Entschluß aus Verlegenheit. Der Apostolische Stuhl daran keinen Anteil; insbesondere wird dem Papst Pius V. infolge einer mißverstandenen Stelle in einem Schreiben des Kardinals Bonelli vom 6.3.1572 ganz zu Unrecht eine Mitwisserschaft zugeschrieben. Gregor XIII., der am 12. Mai nachfolgte, hatte, wie seine Politik und Korrespondenz zeigen, keine Ahnung. Das erste Opfer war Coligny, der durch die Leute Heinrichs von Guise fiel. Das Gemetzel dauerte in Paris den ganzen 24. august und die folgenden 2 Tage fort und fand in Orléans, Bourges und Lyon, später in Rouen und Toulouse Nachahmung. Die Zahl der Opfer dürfte zwischen 5000 und 10000 liegen. Das schreckliche Morden wird begreiflicher im Hinblick auf die Gräuel der Hugenotten in den katholischen Gegenden, durch welche die religiösen Empfindungen oft schmählich verletzt worden waren. Auch Habgier und Rachsucht spielten bedeutsam mit; so erklärt es sich, daß selbst manche Katholiken, wie der Philosoph Petrus Ramus, ermordet wurden. Neben gemeiner Mordlust taten sich auch genug Beispiele edler Menschenliebe, besonders Seitens des katholischen Klerus, kund. Gregor ließ in irriger Auffassung der Lage nach dem Eintreffen der Berichte des Nuntius Salviati ein Tedeum singen; es war dem redegewandten Kardinal von Lothringen gelungen, des Nuntius kurze Berichte so umzudeuten, daß die Bluttat als Sieg über die Hugenotten erschien. Die Berichte selber erweckten die Hoffnung, daß Frankreich entschieden zur katholischen Sache zurückkehren und namentlich den von den Päpsten getadelten Frieden von St-Germain preisgeben werde. Als die Mitteilungen der französischen Regierung die Tat als Schlag gegen eine geplante Verschwörung hinstellten, veranstaltete Gregor XIII. wieder in dieser irrigen Annahme weitere Kundgebungen, wie sie bei Siegen katholischer Fürsten über Rebellen und Häretiker damals üblich waren. – Zur Folge hatte die Bartholomäusnacht einen neuen Hugenottenkrieg; tatsächlich hat sie aber auch die Machtstellung des französischen Protestantismus schwer getroffen. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. II, 1931, Sp. 6 – Sp. 7