Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Rongeanismus
Ronge, Johann, Begründer des Deutschkatholizismus, * 16.10.1813 in Bischofswalde bei Grottkau, schon als Gymnasiast in Neiße ein Eigenbrödler, religiöser Grübler und Skrupulant, studierte aus Rücksicht auf seine Angehörigen Theologie in Breslau, dabei Mitglied der Burschenschaft Teutonia, 1840 zum Priester geweiht, seit März 1841 Kaplan in Grottkau, musste wegen unpriesterlichen Wandels bereits 29.10.1841 bischöflich ermahnt werden, schrieb Oktober 1842 einen Aufsatz gegen Rom und wurde 30.1.1843 suspendiert. Ronge lehnte die Aussöhnung mit der Kirche ab, wurde Privatlehrer in Laurahütte bis 1.8.1844, wandte sich 13.10.1844 in einem offenen Brief heftig gegen Bischof W. Arnoldi von Trier wegen der Ausstellung des hl. Rockes, daraufhin 4.12.1844 exkommuniziert und degradiert. Januar 1845 gründete Ronge in Breslau die „allgemeine christliche Gemeinde“, bald „Deutsch-katholische Kirche“ genannt. Ronge floh 1849 wegen politischer Umtriebe nach England, kehrte 1861 nach Breslau zurück, ging 1863 nach Frankfurt a. M., später nach Darmstadt, schuf den „Religiösen Reformverein“ zum Kampf gegen das Pfaffentum, gründete in Österreich und Ungarn Fröbelsche Kindergärten, starb auf der Reise nach Ungarn 26.10.1887 als Freigeist (Grab auf dem Friedhof der freireligiösen Gemeinde in Breslau). –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VIII, 1936, Sp. 981 – Sp. 982
Aus dem Blatt „Katholischer Wahrheitsfreund“:
Man kann es denKatholiken gewiß nicht verdenken, wenn sie Zweifel hegen, ob sie wohl eingeschlossen sind in des Rongeanismus Liebe, wenn man das Auftreten Ronge`s, Scholl`s etc. gegen die Katholiken etwas näher ins Auge faßt. Namentlich ist jede Nummer des gewesenen hiesigen rongeanischen Organs der „Sonntagsblätter von C. Scholl“ voll von den größten Schimpfnamen und Schmähungen gegen katholische Personen und Institute. Die Sonntagsblätter finden ein solches Benehmen von Seite Anderer sogar ernst und würdevoll…
Ohne weitere Erörterung der Katholizität unserer Kirche und der Unkatholizität des Rongeanismus, wozu hier nicht Raum wäre, bloß die Bemerkung: Die römisch-katholische Kirche hat den Beisatz: römisch, weil zu Rom der Mittelpunkt ihrer Einigkeit ist; durch diesen Beisatz wird daher die Allgemeinheit der Kirche nicht im Geringsten weder im Lokal- noch Personen- noch Zeitverhältnisse beschränkt. Dasselbe gilt von der griechisch-katholischen Kirche, die diesen Beisatz von der griechischen Sprache als der gottesdienstlichen Sprache erhalten hat. Was hat aber das Rongetum für einen deutschen, und was für einen katholischen Charakter? Und wie kann die unbegrenzte Allgemeinheit mit dem begrenzenden deutsch bestehen?
Was den Rosenkranz-Verkauf von Seite eines Rongeaners betrifft, der das Rosenkranz-Beten für Aberglauben hält, so ist es augenfällig, daß ein dergleichen Händler das Licht, (?) das der Rongeanismus in der Welt anzünden soll, mächtig verdüstert durch seine Gewinnsucht, da er den vermeinten Aberglauben befördert. Seiner subjektiven Ansicht nach steht er auf parallelem Standpunkt mit jenen Söhnen Englands, die, Krämer von Religion, die Moralität ihrer Handlungen nach dem Erträgnis berechnend, Götzenbilder-Fabriken für die heidnischen Indier errichtet haben…
Da diese Entgegnung der Form und der Ausdehnung nach auf die Aufnahme in den kath. Wahrheitsfreund keinen Anspruch hätte, so würde sie auch weggeblieben sein, wenn nicht ein kleiner Verdacht uns beschliche, als ob im Hintergrund des Unterschriebenen ein und einige größere rongeanische Geister am Treibrade säßen.
Quelle: Katholischer Wahrheitsfreund, Ausgabe Nr. 62 v. 3. August 1849