Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Marcian
Marcian, oströmischer Kaiser 450-457, * 396 in Thrazien, von niederer Herkunft, widmete sich dem Militärdienst, stand zuletzt als Tribun bei dem später einflußreichen Magister militum Aspar, wurde nach dem Tod des Kaisers Theodosius II. von dessen Schwester Pulcheria (unter der Bedingung der Bewahrung ihrer Jungfräulichkeit) zum Gemahl und Kaiser erwählt, 25.8.450 von Senat, Heer und Volk durch Zuruf bestätigt und vom Patriarchen Anatolius gekrönt (1. Kaiserkrönung?). Marcian verweigerte den Hunnen den bisher gezahlten Tribut, wahrte, von kleinen Kämpfen abgesehen, den Frieden und gewährte deshalb auch dem weströmischen Reich gegen die Vandalen nur diplomatische Unterstützung. Er verringerte Ausgaben und Steuern, gebot dem Ämterschacher Einhalt, so daß später seine Regierung als besonders glücklich galt. Die noch vorhandenen Reste des Heidentums suchte er zu beseitigen (Cod. Just. I 11,7), bestätigte den katholischen Kirchen ihre Privilegien (ebd. 2,12) und führte mit Pulcheria vor allem die Rechtgläubigkeit gegenüber dem Monophysitismus zum Sieg. Er zeigte sofort seine Wahl auch dem Papst Leo I. An (Tuam Sanctitatem principatum in Episcopatu divinae fidei possidentum) und wechselte mit ihm viele Briefe (Epistolae Leonis, bei Migne PL 54), empfing eine Gesandtschaft des Papstes, bestimmte den Patriarchen Anatolius zur Annahme des Tomus Leonis, rief die von der Räubersynode von Ephesus verbannten Bischöfe zurück, berief (gegen die ursprünglichen Absichten des Papstes) das Konzil von Chalcedon nahm mit Pulcheria an der 6. Sitzung von 25.10.451 teil, die das Glaubensdekret verkündigte, und erließ strenge Edikte gegen die Monophysiten (vgl. OriensChrist 1904, 52f). Die Strömungen gegen das Konzil warf er zum Teil mit Waffengewalt nieder, führte Juvenalis nach Jerusalem zurück und stützte in Ägypten den hl. Proterius gegen Dioskur von Alexandrien und seinen Anhang (vgl. RealEnc XIII 376f). Anderseits suchte er Papst Leo zur Anerkennung des Konzils und auch des 28. Kanons zu bestimmen. Er erlag 26.1.457 in Konstantinopel vermutlich einem Schlaganfall und wurde in der Apostelkirche beigesetzt. Von der griech.-orth. Kirche kanonisiert.
Marcian, hl. Priester und Ökonom der Hagia Sophia in Konstantinopel, leitete hier mehrere Kirchenbauten, war sehr wohltätig gegen Arme, † um 465. Hymnendichter war er (gegen Krumbacher 663) nicht. Von Griechen und Lateinern verehrt. Fest 10. Januar.
Marcian und Martyrius von Konstantinopel, hll., Kleriker („die hll. Notae“) im Dienst des Bischofs Paulus, mit dem sie als Opfer der arianischen Wirren unter Kaiser Konstantius II 351 starben. Über ihrem Grab vor der Stadt errichtete der hl. Chrysostomus eine Kapelle. Fest 25. Oktober.
Marcian, mit Nikander, Apollonius und Genossen, hll., Märtyrer unter Diokletian. Eine ungeschichtliche Legende (ActaSS Jun. I (1867) 412/14) verlegt sie nach Ägypten; doch sind Marcian und Nikander in Wirklichkeit Märtyrer von Toni in Mösien, deren Fest am 5. und 8. Juni im Martyrologium Hieronymianum verzeichnet ist.
Marcian, hl., Märtyrer zu Nikomedien, siehe Lucian, Marcian und Genossen.
Marcian, hl., angeblich Bischof von Tortona (Italien) und Märtyrer unter Kaiser Hadrian. Ende des 8. und Beginn des 9. Jahrhunderts ist die Verehrung eines Blutzeugen Marcian in Tortona geschichtlich bezeugt; doch war dieser nicht der 1. Bischof der Stadt, sondern ein Lokalheiliger, über den keine historischen Nachrichten bekannt waren; so entstand eine ungeschichtliche Vita im Anschluß an andere Legenden (Secundus; Faustinus und Jovita). Er ist wohl nicht identisch mit dem hl. Marcian von Ravenna. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VI, 1934, Sp. 873 – Sp. 875