Von dem Fegefeuer nach dem Tod

Von dem Fegefeuer nach dem Tode

Et iratus Dominus ejus, tradidit eum tortoribus, quoad usque redderet universum debitum. (Matth. 18,34)
Und sein Herr ward zornig, und übergab ihn den Peinigern, bis er die ganze Schuld bezahlt haben würde.

Etwas Hartes war es für diesen armen Knecht, in den Kerker geworfen und den Peinigern übergeben zu werden. Doch war meines Erachtens noch eine gnädige Strafe für den unbarmherzigen, undankbaren Menschen, welcher mehr verdient hatte; denn er sollte zwar gepeinigt werden, jedoch nur so lange, bis er die ganze Schuld bezahlt haben würde. So sollte denn die Peinigung nicht immer fort dauern, sondern nur so lange, bis er alles berichtigt haben würde, was er seinem Herrn schuldig war; und hatte also noch Hoffnung, einst das Ende seiner Peinen zu gewinnen und aus dem Kerker erlöst zu werden. Meine Andächtigen! Da haben wir ein klares Bild jenes Kerkers, welchen wir Katholiken das Fegefeuer nennen, in welches die Seelen derjenigen Verstorbenen, die für ihre Sünden noch nicht genuggetan haben, von dem gerechten Gott verwiesen werden, um gepeinigt zu werden, nicht auf ewig, sondern nur eine Zeit lang, und nur so lange, bis sie der göttlichen Gerechtigkeit die rückständige gebührende Strafe völlig abgezahlt haben.

Arme Seelen! das ist hart für euch! denke ich darüber; doch seid getrost, eure Pein in diesem Kerker wird ein Ende nehmen; die Zeit eurer Peinigung kann auch von uns Lebendigen, wenn wir euch nur diese Barmherzigkeit erweisen wollen, abgekürzt werden. Christen! O wehe! wie wird es mir einst nach dem Tode ergehen? Also denke darüber ein jeder aus uns; werde ich denn auch in diesem Kerker, um gepeinigt zu werden, verwiesen werden? Allem Vermuten nach wird es geschehen. Und eben dieses soll uns antreiben, den armen Seelen, welche sich wirklich in dem Kerker befinden, bestmöglichste Hilfe zu leisten. Vernehmt also: Niemand ist aus uns, der nicht billig ein strenges Fegefeuer nach seinem Tode zu fürchten hat; eben deswegen sollen wir Barmherzigkeit üben gegen die Seelen im Fegefeuer, weil der ein Fegefeuer ohne Erbarmen zu erwarten hat, welcher diesen Seelen im Leben wenig Liebe erwiesen hat: dies ist der ganze Inhalt meiner Rede. Damit wir nicht aus den letzteren sein mögen, so treibe du uns an, o gütigster Gott! Zu einem frommen Leben und zur Barmherzigkeit gegen die Seelen im Fegefeuer, durch die Fürbitte Maria`s und der heiligen Schutzengel. –
aus: Franz Hunolt SJ, Christliche Sittenlehre der evangelischen Wahrheiten, Bd. 9, 1848, S. 254 – S. 255

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