Von den schrecklichen Zeichen vor dem allgemeinen Gerichtstage
Am ersten Sonntag im Advent – Teil 1
Schreckliche Zeichen am Himmel und an allen Elementen
Erunt signa.
Es werden Zeichen sein. (Luk. 21, 25)
Daß Jesus Christus bei seiner zweiten Ankunft auf die Welt als ein Richter der Lebendigen und der Toten kommen werde, das glauben alle Katholiken; den Tag, wo er also kommen wird, weiß kein Mensch in der ganzen Welt. Daß aber der Tag dieser Ankunft bald heran nahen werde, dieses wird die Welt genugsam abnehmen können aus den Zeichen, welche Christus selbst als Vorboten des nahenden letzten Gerichtstages voraus gesagt hat. Das erste Zeichen, nämlich die Verfolgung des Antichrists und was wir daraus zu lernen haben, habe ich letzthin ausgelegt (Siehe die Beträge: Von der Grausamkeit des Antichrists sowie: Der Antichrist ist dem Geiste nach da) Jetzt schreite ich zu den übrigen darauf folgenden Zeichen. Es werden schreckliche Zeichen sein am Himmel und an allen Elementen. Dieses will ich auslegen im ersten Teil. Gleichwie diese Zeichen den Gottlosen Ursache zu Furcht, Angst und Schrecken sein werden, also werden sie den Frommen Ursache zu Freude und Frohlocken sein. Dieses will ich zeigen im zweiten Teil. Sünder ! Bekehret euch in der Zeit, wenn euch der nahende Gerichtstag nicht erschrecken soll. Gerechte Christen! Erfreuet euch, wenn euch jetzt traurige Zeichen der Widerwärtigkeit vorkommen. Davon im Schluss. Dieses vollende du, künftiger Richter! Mit deiner Gnade, um die wir bitten durch die Fürbitte Marias und der heiligen Schutzengel.
Nachdem nun die vierhalb Jahre der Regierung und schrecklichen Verfolgung des Antichrists vollendet sein werden, alsdann spricht unser Heiland beim Evangelisten Matthäus: Sogleich aber, nach der Trübsal jener Tage wird die Sonne verfinstert werden und der Mond seinen Schein nicht mehr geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels erschüttert werden. (Matth. 24, 29) Merkt: bald nach der Trübsal. Dieses ist so genau nicht zu verstehen, als ob noch denselben Tag, da der Antichrist in den Abgrund gestürzt sein wird, diese Zeichen erscheinen werden; nein, denn nach der Meinung der Ausleger der göttlichen Schrift wird die Barmherzigkeit Gottes noch einen Termin von einigen Monaten, oder, wie andere für wahrscheinlicher halten, von einigen Jahren verleihen, in welchen diejenigen, die von dem Antichrist betrogen und zum Abfall verführt wurden, sich bekehren und Buße tun können, wie sich dann auch gleichsam die ganze Welt wieder zu Christus hinwenden und nach Verfluchung des Abfalls ihm anhangen wird. Hernach aber, wenn die Zeit des bestimmten letzten Gerichtstages endlich naht, da werden Zeichen sein an der Sonne, an dem Mond, und den Sternen, und auf Erden große Angst unter den Völkern wegen des ungestümen Rauschens des Meeres und der Fluten. (Luk. 21, 25) Die Sonne, ihres hellen Scheines beraubt und verfinstert, wird aus dem Tage eine schwarze Nacht machen, gleich jener Finsternis in Ägypten: Es ward eine gräuliche Finsternis drei Tage lang im ganzen Land von Ägypten. Keiner sah den Andern und ging nicht von dem Ort, da er war. (2. B. Mos. 10, 22. 23) Der Mond wird mit Blut gefärbt, gleich einem gräulichen Nachtgespenst herum laufend, die Sterne werden vom Himmel fallen, nicht zwar die eigentlichen Sterne, welche von Gott ans Firmament gesetzt worden sind; denn wo sollen sie hinfallen? Auf die Erde? Das kann nicht sein, indem nach der Lehre der Astronomie der geringste Stern weit größer in seinem Umkreis ist, als die ganze Erdkugel; sondern die Sterne am Himmel werden sich verlieren, als ob sie alle herab gefallen wären; zudem werden solche entzündete Dämpfe in Gestalt der Sterne häufig aus der Luft auf die Erde herunter fallen, als ob sie den ganzen Erdboden mit ihrem Feuer verbrennen und verzehren wollen.
Alle Elemente werden in Unordnung geraten; in der Luft wird sich entsetzlicher Sturm und Ungewitter mit unaufhörlichem Krachen vernehmen lassen; auf dem Meer und allen Gewässern die auf- und niedersteigenden Wellen immerdar sausen und brausen; die Erde wird, durch gewaltiges Beben und Zittern erschüttert, hin und wieder sich spalten und ganze Städte auf einmal verschlingen; das Feuer wird aus den Bergen und Erdklüften mit gewaltigem Getöse heraus brechen; mit einem Wort: die Räder an der großen Weltuhr werden alle zerrüttet und verwirrt durcheinander laufen, sagt Ludovicus de Ponte, zum Zeichen, daß die letzte Stunde des Gerichtes vorhanden sei, mit solcher Furcht, Zerschlagenheit, Angst und Schrecken der Menschen, unter dem entsetzlichen Geheul und Wimmern aller Tiere, daß keiner wissen wird, wo er sich hinwenden soll. Daher pflegt man auch zu sagen, wenn ein sehr ungestümes Wetter tobt und wütet: das ist ein Wetter, als ob der jüngste Tag heran käme.
Was will aber dies alles bedeuten, meine Andächtigen? Wozu werden die Geschöpfe so verwirrt und verstört? Erstens, spricht Abulensis, bedeuten diese Zeichen das Mitleiden und gleichfalls eine betrübte Ohnmacht und Todesangst der ganzen Natur über den Untergang der Welt. Wenn nämlich der Hausvater in den letzten Zügen liegt und stirbt, so pflegt alles im Hause verstört und verwirrt zu sein: das Weib heult und will sich vor Leidwesen beinahe die Haare ausraufen, die Kinder schreien, die umstehenden verwandten weinen, die Dienstboten laufen hin und her, seufzen und jammern, die Totenglocke auf dem Turm gibt das betrübte Zeichen, die Freunde und Nachbarn kommen schwarz gekleidet zur Leiche; alles ist in Trauer. Ebenso, wenn das Ende der Welt naht und das menschliche Geschlecht als der Hausherr dieses Weltgebäudes in den letzten Zügen liegt, wird die ganze Natur Natur betrübt und verstört sein; die Himmel bekleiden sich nach Erlöschen der Lichter mit Finsternis und schwarzer Trauer; die Elemente weinen gleichsam und gehen ganz verwirrt durcheinander; in der Luft wird durch das Donnern und Krachen, so zu sagen, das letzte Glockenzeichen zum Leichen-Begängnis der sterbenden Welt gegeben.
Zweitens werden es Zeichen sein des übergroßen Unwillens und Zornes Gottes gegen die sündigen Menschen. Die Himmel verkündigen jetzt die Herrlichkeit Gottes, wie der Prophet Daniel sagt: Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes , und das Firmament verkündigt die Werke seiner Hände. (Ps. 18, 1) Alsdann aber, spricht Baradius, werden sie den Sündern den Zorn und Grimm Gottes verkünden, den alle Geschöpfe wider dieselben aufrührerisch machen wird. Durch Verdunklung der Sterne wird er, so zu sagen, alle Fenster schließen, durch welche noch Licht in die Welt dringen könnte, um in der Finsternis ohne alles Erbarmen darein zu schlagen, wie Isaias prophezeit: Siehe, der Tag des Herrn kommt, grausam, des Unwillens, Zornes und Grimmes voll, um zu verwandeln das Land in eine Wüste, und seine Sünder daraus zu vertilgen. Denn die Sterne des Himmels und ihr Glanz lassen ihr Licht nicht leuchten; die Sonne geht finster auf, und der Mond läßt sein Licht nicht glänzen. Ich will heimsuchen die Bosheit des Erdbodens und die Ungerechtigkeit der Gottlosen, ich will des Hochmuts der Gläubigen ein Ende machen, und den Übermut der Gewaltigen demütigen. (Isai. 13, 9-14) Und der Mond wird sich schämen und die Sonne zu Schanden werden (ebend. 24, 23), weil sie, setzt der Kardinal Hugo bei, bisher solchen Herren gedient haben, die gegen ihren Schöpfer so undankbar waren. Jetzt, schreibt der heilige Apostel Paulus, dienen die Geschöpfe den Sündern mit Unwillen, und gleichsam aus Not und Zwang: das Geschöpf ist der Eitelkeit unterworfen nicht freiwillig (Röm. 8, 20); sie seufzen deswegen unter dem verdrießlichen Joch dieser Dienstbarkeit, und warten mit schmerzlichem Verlangen auf jenen Tag, an welchem sie davon befreit werden sollen; denn wir wissen, daß alle Geschöpfe seufzen und in den Geburtswehen liegen immer noch; Sonne, Mond, Sterne seufzen und wehklagen, daß sie jenen Menschen leuchten müssen, welche ihr mitgeteiltes Licht zur Verachtung und Beleidigung Gottes missbrauchen; die Erde, das Feuer, die Luft, das Wasser seufzen und bitten gleichsam Gott dem Herrn, daß er sie von der Dienstbarkeit, welche sie den Sündern zu leisten gezwungen werden, endlich einmal befreien wollte.
Dieses wird nun geschehen bei Herannahung des jüngsten Tages der Welt, wo sie, ihrer Dienstbarkeit entlassen und in die Freiheit gesetzt, alle gleich einem gewaltigen Kriegsheer wider die Gottlosen zu Felde ziehen werden, um sie zu Schanden zu machen, wie im Buch der Weisheit geschrieben steht: Er wird seinen Eifer als Rüstung nehmen, und die Geschöpfe zur Rache wider seine Feinde bewaffnen, und der Erdkreis wird mit ihm streiten wider die Unsinnigen. (Weish. 5, 18. 21.) Die Sonne wird mit schwarzer Fahne, gleichwie ehemals Tamerlan, den Krieg ankünden; der mit Blut gefärbte Mond und die durch einander laufenden Sterne werden den Anfang zum Streit machen: wir, werden sie sagen, haben mit unserm schönen Licht dem Sünder, welcher dessen nicht würdig war, so lange Zeit geleuchtet; wir haben ihn gleich einer Uhr die Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre abgezeichnet; wir haben ihm durch unsern beständigen Umlauf und jederzeit richtigen Auf- und Niedergang das Beispiel des Gehorsams gegen Gott gegeben, er aber wollte lieber der Einsprache des Teufels, dem Gebot seines mutwilligen Fleisches, der Verordnung und dem Geheiß der eitlen, verkehrten Welt, als den Gesetzen seines Schöpfers Folge leisten; die Finsternis hat er mehr geliebt, als das Licht. So hat denn nun unsre Dienstleistung gegen denselben ein Ende, und er soll fernerhin von uns nur Furcht und Schrecken zu erwarten haben.
Auf gleiche Weise werden die vier Elemente wider den Menschen zu Felde ziehen: die Luft, welche ihm zuvor den Atem und die Stimme gab, daß er atmen und reden konnte, von welcher er den fruchtbaren Regen empfing, in welcher die Vögel zu seiner Nahrung und Ergötzung sich aufhielten, wird ihn von allen Seiten bekriegen; es werden die gegen einander streitenden Winde die Gebäude erschüttern und zu Boden werfen, die Bäume mit den Wurzeln ausreißen, mit Steinen und Hagel das Vieh auf den Feldern erschlagen, durch Donner und Blitz und andere entsetzliche Gestalten in der Luft (dergleichen weder in Ägypten zur Zeit des verstockten Königs Pharao, noch zu Jerusalem vor der Zerstörung dieser Stadt nie gesehen worden) alles in Angst versetzen, als ob sie sich wider den Sünder beklagen und sagen wollten: Der vermessene Rebell hat seine Hand wider Gott ausgestreckt und wider den Allmächtigen seine Kraft gebraucht. (Joh. 15)
Das Wasser, welches ihm zuvor den Trank, die Fische, das Salz verschaffte, welches zu dessen Handel(schaft) und Gewerbe die Schiffe auf seinem Rücken trug, wird alsdann sein Gestade übersteigen und die anliegenden Orte weit und breit überschwemmen; es wird wider den Gottlosen wüten und toben, um denselben, wie einst den ungehorsamen Jonas, zu verschlingen. Erröte, Sidon! Denn es spricht das Meer (Isai. 23, 4) Erröte, o Christ! Wird mit seinem Brausen und Aufwallen das Meer rufen, erröte, daß, indem ich keinen Verstand hatte wie du, indem auch Gott für mich nicht gestorben wie für dich, indem ich keine ewigen Strafen zu fürchten, keine ewige Belohnung zu hoffen hatte wie du, ich dennoch an die sechstausend Jahre lang meinem Schöpfer untertänig und gehorsam war, und nicht um ein Sandkörnlein weiter, als er wollte, mich ausgegossen, sondern in den mir gesetzten Schranken immer mich eingehalten und bezwungen habe, da du hingegen mit der Vernunft begabt, mit so vielen Wohltaten von Gott überhäuft, durch das ewige Himmelreich angelockt, durch Androhung eines ewigen Höllenfeuers erschreckt, dennoch die Schranken der Gebote Gottes so oft und willkürlich überschritten und dich in allerlei Laster gleich einem wilden Gewässer ausgegossen hast; erröte, daß du dich von einem unvernünftigen, sinnlosen Geschöpf, wie ich bin, in Gehorsam gegen Gott übertreffen ließest. Erzeige nun, o allmächtiger Herr! werden die bis an den Himmel steigenden Wellen rufen, erzeige deine Gerechtigkeit wider den Sünder, und weil er in dem Meer deiner Barmherzigkeit nicht leben und sein Heil finden wollte, so laß ihn jetzt versinken und dem tiefen Abgrund deiner strengen Gerechtigkeit und die Strafe deiner billigen Rache fühlen.
Die Erde, welche bisher zum Nutzen und Dienst auch der gottlosen Menschen, zu ihrer Nahrung, Kleidung, Wohnung, Ergötzlichkeit, die Früchte, Bäume, Kräuter, Blumen, Tiere so reichlich hervor gebracht, wird sich dann mit immer währendem Krachen und Beben auftun und gleichfalls mit offenem, aufgesperrten Mund wider den Sünder um Rache schreien, daß er ihre Gaben wider Gott so vermessen und undankbar missbraucht; die wilden Tiere werden sich aus ihren Höhlen und Wildnissen hervor begeben, mit entsetzlichem Geheul ihm aller Orten nachlaufen, ihn allenthalben verfolgen und beängstigen; also wird die ganze Welt bewaffnet mit dem erzürnten Gott wider die unsinnigen Sünder streiten, und ihnen durch ihr Wüten ankündigen, daß jener schreckliche Tag nahe sei, an welchem der höchste Richter Rache an seinen Feinden nehmen will; jener Tag, welchen der Prophet Sophonias nennt den großen Tag des Herrn, einen Tag des Zornes, einen Tag der Drangsal und Angst, einen Tag des Jammers und Elends, einen Tag der Finsternis und Dunkelheit, einen Tag des Gewölkes und Wetters. (Sophon. 1, 15) O ihr armen Menschen, die ihr diese Zeiten erleben werdet, wie wird es euch beim Anblick so schrecklicher Zeichen zu Mute sein! Bitter ist das Geschrei am Tage des Herrn, da wird geängstigt der Held. (Ebend. Vers 14) Wo werdet ihr euch hin verkriechen,um Hilfe und Trost zu finden, da Himmel und Erde in so entsetzlicher Unordnung euch anfallen und bekriegen werden? Wie es ihnen um`s Herz sein werde, hat schon Christus längst vorher gesagt beim Evangelisten Lukas (21, 26): Die Menschen werden verschmachten, vor Furcht und vor Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen werden. Doch betrifft dieses größtenteils die Sünder; so schrecklich immer diese Zeichen und Vorboten des nahenden jüngsten Tages sind, so werden dennoch die frommen und gerechten Diener und Dienerinnen Gottes eben daraus Ursache und Gelegenheit nehmen können, sich zu erfreuen und zu frohlocken, wie ich jetzt beweise im zweiten Teil. –
aus: Franz Hunolt SJ, Christliche Sittenlehre der evangelischen Wahrheiten, dem christlichen Volk in sonn- und festtäglichen Predigten vorgetragen, Bd. 9, Siebzehnter Teil, 1848, S. 106 – S. 113
siehe auch die hervorragende Auslegung der Geheimen Offenbarung von Sylvester Berry: Die geheime Offenbarung des hl. Johannes
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