Heiligenkalender
7. Juli
Der heilige Willibald Bischof von Eichstätt
Fast überall, wo nach der Völkerwanderung eine größere Stadt entstand, hat ein Mönch den Grundstein gelegt und den Bau geleitet: wo innere Bildung und edle Gesinnung, Kunst und Wissenschaft aufblühte, hat ein Kloster sie gepflanzt und gepflegt. Insbesondere waren es die Söhne des hl. Benedikt, glaubensstarke und gottbegeisterte Männer, welche von ihrem Stammhaus auf Monte Cassino aus das göttliche Evangelium und mit demselben christliches Leben und christliche Bildung nach Deutschland herüber trugen. Zu diesen großen Dienern Gottes und Wohltätern des deutschen Volkes zählt der hl. Willibald, Gründer der Stadt und des Bistums Eichstätt.
Zu Devon in England um 704 geboren, war er der Sohn frommer und vornehmer Eltern. Sein Vater Richard gehörte der Königsfamilie an, und seine Mutter war eine Schwester des berühmtesten Apostels der Deutschen, des hl Bonifatius. Der liebe Knabe wurde in seinem dritten Jahr so krank, daß die Ärzte ihre Kunst für ohnmächtig erklärten. Da half der Glaube der frommen Eltern: sie knieten, den sterbenden Willibald auf dem arm, vor das große Kruzifix hin, das den Hauptplatz der Stadt zierte, und gelobten ihren Sohn, wenn Jesus ihm das Leben erhalte, seinem Dienst zu weihen. Augenblicklich ward der Knabe gesund und im sechsten Altersjahr schon dem Kloster Waltheim zur geistigen Ausbildung anvertraut, wo er wie an Alter, so auch an Weisheit und Wohlgefallen aufblühte vor Gott und den Menschen.
In der Brust des heiligen Jünglings brannte das Verlangen, nicht bloß die Welt und ihre Eitelkeit, sondern auch die Heimat und hohe Verwandtschaft zu verlassen und in ihrer Fremde Gott zu dienen. Nur ungerne willigte der Vater ein und in der Hoffnung, diese Sehnsucht durch eine Wallfahrt nach Rom befriedigen zu können, begleitete er ihn selbst auf dieser Pilgerreise mit seinem jüngeren Sohn Wunibald. In Lucca angekommen starb der fromme Vater, und die trauernden Söhne pilgerten nun allein in die ewige Stadt, um dort für den Hingeschiedenen zu beten. Dort wurden Beide auch von einem hartnäckigen Fieber befallen, das ihnen Gelegenheit bot, die Römer durch das schönste Beispiel brüderlicher Dienstfertigkeit und herzlicher Tröstung zu erbauen.
Nach zwei Jahren kehrte Wunibald nach England zurück; Willibald pilgerte mit einigen gleich gesinnten Jünglingen nach Jerusalem, nur von Brot und Wasser sich ernährend. Zu Emesa in Syrien aber wurden sie für Spione gehalten und von den Sarazenen eingekerkert. Sie beteuerten wohl ihre Unschuld; aber vergeblich. Indessen rührte Gott das Herz eines reichen spanischen Kaufmanns, daß er ihnen Erleichterung der Gefangenschaft und nach und nach die Freilassung erwirkte.
Voll des freudigsten Dankes gegen Gott und ihren Retter kamen sie nach Palästina, besuchten alle Orte, welche Jesus durch seinen tätigen und leidenden Gehorsam geheiligt hatte, und ehrten dieselben mit ihren Liebestränen. Sie gingen auch in die von Mönchen bevölkerte Wüste, um von diesen Heiligen die ebenso mannigfachen als erhabenen Tugenden der Gottesliebe und christlichen Vollkommenheit kennen und ausüben zu lernen.
Im Jahre 729 nach siebenjähriger Wallfahrt war Willibald wieder in Italien und klopfte an die Klosterpforte Monte Cassino`s, um in dieser Einsamkeit die gesammelten Schätze der Erkenntnis und Erfahrung zur Selbstheiligung zu verwerten, nach der weisen Anleitung der Regel hl. Benedikt. Neun Jahre lang war er die Freude und Zierde des Klosters, als der hl. Bonifatius in Deutschland davon Kunde erhielt und den Papst Gregor III. dringendst bat, er wolle ihm seinen Neffen Willibald zur so notwendigen Aushilfe schicken.
Dieser riß sich mit dem den Ordensmann auszeichnenden Gehorsam und Opfermut los von der geliebten Zelle und aus den Umarmungen der teuren Mitbrüder und eilte über Tirol nach Thüringen zu seinem Oheim, wo er auch ganz unerwartet und zu seiner freudigsten Überraschung zuerst von dem Bruder Wunibald und der Schwester Walburgis begrüßt wurde.
Die Arbeit, die hier seiner erwartete, war schwer und mühevoll. Bonifatius beauftragte ihn, für den Norden Bayerns ein eigenes Bistum zu gründen, wozu der reiche Graf Suitgar einen mit Eichbäumen besetzten Waldbezirk geschenkt hatte. Willibald fand dort zu süßem Trost ein altes Marienkirchlein, das sich fast wunderbar aus den früheren Verwüstungen des Krieges gerettet hatte, lichtete den Wald, legte Äcker und Wiesen an, baute eine Kirche und ein Kloster für sich und seine Mitarbeiter und legte so den Grund zu Eichstätt, das bald bevölkert wurde von Leuten, die von der Weisheit und Heiligkeit Willibald`s angezogen dort sich ansiedelten. Er, der viel erfahrene und in der Schule Christi durchgebildete Geistesmann, war vorzüglich geeignet, mit seinem heiligen Eifer die rohe, fast verwilderte Masse des Volkes veredelnd zu durchdringen und zu christlicher Gesittung zu erheben. Sein glühender, von heiliger Klugheit geleiteter Eifer besiegte alle Schwierigkeiten, und Bonifatius war hoch erfreut, ihm die bischöfliche Würde erteilen zu können. Sein menschenfreundliches, demütiges Wesen, sein kluges Benehmen, seine Güte gegen die Armen und sein Wohlwollen gegen Alle, hatte seiner Predigt allenthalben die Herzen geöffnet und empfänglichen Boden bereitet. Um eifrige Lehrer und Erzieher des Volkes heran zu bilden und demselben lebendige Muster der reinsten Gottesliebe vorzustellen, baute der neue Bischof zwei Klöster zu Heidenheim, eines für Jünglinge und eines für Jungfrauen nach der Regel des heiligen Benedikt und hatte die Freude zu sehen, wie die Mönche unter der Leitung seines hl. Bruders Wunibald, die Nonnen unter der Leitung seiner hl. Schwester Walburga sich mehrten und das Ordensleben in blühender Wirksamkeit entfalteten. Die Seele des ganzen Bistums blieb Willibald, dessen unermüdlicher Eifer die Priester und Gläubigen helfend, tröstend, ratend und ermunternd zur Pflichterfüllung anspornte und durch den Glanz seiner Heiligkeit die Arbeit seiner Lehren und Anordnungen befruchtete. Die einzige Erholung, die er sich gönnte, war ein jährlicher Besuch seiner Geschwister in Heidenheim, wo er im Kloster des Bruders einige Tage ausschließlich dem betrachtenden Gebet widmete in ungestörter Einsamkeit.
Nachdem er über vierzig Jahre den bischöflichen Hirtenstab segensreich getragen, und von der Last der vierundachtzig Lebensjahre tief gebeugt war, lohnte der Herr ihm seine Treue mit der himmlischen Glorie im Jahre 787. Papst Leo VII. erhob ihn 938 unter die Zahl der Heiligen. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 511 – S. 513