Heiliger Ämilian Priester und Einsiedler

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

6. November

Heiliger Ämilian, Einsiedler

(Das Gewissen)

Ämilian war armer Leute Kind zu Riossa in Spanien; er hütete in der Jugend das Vieh und verkürzte sich, wenn ihm das einsame Hüten langweilig vorkommen wollte, mit seiner Hirtenpfeife die Zeit. Für fremde Ohren mag diese Musik gar armselig gewesen sein, aber seine einfache Kinderseele fand überaus viel Vergnügen daran und meinte, sein Pfeifen laute ganz himmlisch schön. Da fiel er einmal darüber in Schlaf, und es träumte ihm von lauter überirdischen Schönheiten und Lieblichkeiten, wodurch sein Herz von seligem Trost und Freude erfüllt wurde. Als er aufwachte, war in seiner Seele eine unermessliche Sehnsucht darnach zurück geblieben, so daß ihm alles Zeitliche anekelte als bloßer Unrat, und er nichts mehr wissen und hören wollte als nur von Gott und himmlischen Dingen.

Da nun dieser Seelenzustand nich nach einiger Zeit wieder vorüber ging, so wollte Ämilian nicht weiter um irdischen Lohn das Vieh hüten. Er kündete den Dienst auf und da er gehört hatte, daß ein frommer Einsiedler, Namens Felix, in der Einöde wohne, so suchte er denselben auf, meldete sich bei ihm an mit der demütigen Bitte, ihn zu lehren, wie er Gott auf Einsiedlerart dienen, lieben und die Welt verachten könne. Felix nahm den jungen Menschen auf und gab mit sonderlicher Liebe und Fleiß ihm Stück für Stück Unterricht im christlichen Leben. Ämilian war aber auch dieser Mühe wert; denn durch die Gnade Gottes, der ihn offenbar zu einem Tugendspiegel auserkoren hatte, begriff er Alles sehr gut, was ihm sein Lehrmeister beizubringen suchte, und richtete Sinn und Wandel darnach ein.

Nachdem Ämilian Alles wohl gefaßt, nimmt er von seinem treuen Lehrmeister Abschied, geht in eine andere Wildnis und setzt nun in Übung, was er bisher gelernt hatte: ein Gott geweihtes Leben führen. Allein es dauerte nicht lange, so wurde dem umher wohnenden Volk bekannt, daß ein Einsiedler in der Nähe ein besonders heiligmäßiges Leben führe. Dadurch bekam Ämilian fast täglich Zulauf von Leuten, die teils aus Neugierde, teils aus aus frommen Anliegen zu ihm kamen. Solches störte aber den Einsiedler in seiner Beschaulichkeit und gottseligen Übungen, ja selbst seine Demut mag gleichsam verwundet worden sein, da man seiner Person so viele Achtung bezeugte. Deshalb entschloss er sich, um den Blicken der Menschen sicherer auszuweichen, auf einen hohen wilden Berg sich zurück zu ziehen, wo nicht wohl zu befürchten war, daß Menschen ihn auffinden würden.

Hier lebte nun Ämilian in gänzlicher Abgeschiedenheit von der Welt, und sein Aufenthalt blieb 40 Jahre lang verborgen. Wir Weltmenschen können uns schwer einen Begriff machen von dem Leben einer Seele, die, ganz abgetrennt von allem Verkehr mit Menschen, nur die Werke Gottes in der Natur um sich hat, und Tag und Nacht an nichts denkt, nichts inne wird und nichts liebt als Gott allein. Es ist dieses schon auf Erden ein Anfang himmlischen Lebens, bewahrt vor zahllosen Sorgen, Unruhen und Leid, wie man es in der Welt hat, und gewährt innige wunderbare Freuden, die den Geschäftsmenschen gewöhnlich ganz unbekannt sind.

Doch sollte einem Mann, dessen Seele so lange und tief in Gott gewurzelt war, vor seinem Ende noch ein anderes Verdienst zu Teil werden als bloß die Beschaulichkeit; hatte er in langen Jahren seine eigene Seele mit Gottseligkeit angefüllt, so sollten nun auch Andere daraus schöpfen können. Ämilian lebte schon vor 1400 Jahren, darum weiß man nicht mehr alle Ereignisse und Umstände seines Lebens; so weiß man auch nicht, wie es kam, daß nach langen Jahren dennoch sein Aufenthalt und seine große Heiligkeit entdeckt wurde. Vielleicht geschah es dadurch, daß er zeitweise in die bischöfliche Stadt Tarragona ging, um die hl. Sakramente zu empfangen. Der Bischof Didymus hielt dafür, daß ein solcher Mann ein großer Gewinn für die Seelsorge werden könne, und faßte den Plan, ihm die Priesterweihe zu geben. Ämilian suchte zwar solches mit Bitten und Weinen von sich abzulehnen, doch durfte er vermöge des Gehorsams den Befehlen des Bischofs nicht widerstehen, sondern sie als den Willen Gottes ansehen.

Zum Priester geweiht, wurde ihm das Seelsorgeamt über die Stadt Brigagio übertragen. Allein die andern Geistlichen in dieser Stadt waren vielen Missbräuchen und ärgerlichen Gewohnheiten, insbesondere auch einem unziemlichen Jagen nach Geld und Gut ergeben. Wenn man aber längere Zeit an eine Sünde oder sündhafte Lebensweise gewöhnt ist, so wird das Gewissen ganz gleichgültig oder gleichsam tot dagegen, d. h. es macht einem keine Unruhe und Vorwürfe mehr darüber. (siehe den Beitrag: Das Gewissen die Stimme Gottes) Dieses Ablöschen und Blindwerden des Gewissens tritt aber erst noch am stärksten dann ein, wenn auch die Standesgenossen ganz allgemein die nämliche Sünde üben. Du darfst dich daher damit nicht trösten, daß du ein gutes Gewissen habest; was du ein gutes Gewissen nennst, ist vielleicht ein abgestumpftes Gewissen oder Verstocktheit; vielleicht ist deine Lebensweise mehr oder weniger sündhaft und geht dem Verderben zu, du merkst es aber nicht, weil du schon lange daran gewöhnt bist und andere deines Standes es eben so machen. So ging es gerade auch der Geistlichkeit in Brigagio; wie ein Mensch, welcher schon lange in einer höchst übelriechenden Kammer sitzt, zuletzt den üblen Geruch nicht mehr merkt: so erkannte sie nicht mehr die Sündhaftigkeit ihres Wandels. Als aber Ämilian aus der reinen Luft eines heiligen Lebens hinein treten musste zu diesen übel gesitteten Priestern, so musste ihm ihre Aufführung wie ein unerträglicher Gestank vorkommen. Er suchte nun mit allem Ernst bessere Ordnung und Sitten einzuführen, allein fand dabei den hartnäckigsten Widerstand; ja die verdorbenen Geistlichen gingen in ihrer Erbitterung so weit, daß sie den hl. Ämilian bei dem Bischof verleumdeten, als verschwende er das Kirchengut und tauge nicht zu einem Vorstand. Der Bischof war unbesonnen und blind genug diesen Lügnern zu glauben, gab dem hl. Ämilian einen scharfen Verweis und setzte ihn ab.

Diese Unbild kränkte aber den heiligen Mann nicht, sondern seine Demut und Geduld faßte noch tiefere Wurzeln; er ging mit dem Stab in der Hand, womit er gekommen war, zum Stadttor hinaus, verbarg sich im Dickicht eines Waldes und fing daselbst mit solcher Zufriedenheit seine vorigen Betrachtungen und Übungen wieder an, als wäre ihm niemals ein Leid widerfahren und als hätte er nie seinen Fuß unter die Leute gesetzt.

Nachdem Ämilian das hundertste Jahr erreicht hatte, schickte ihm Gott zur Vermehrung seines Lohnes in dem Himmel die Wassersucht und andere schwere Krankheiten, zu denen er auch scharfe Bußwerke hinzu setzte und noch mehr als in früheren Jahren seinen Leib mit überaus strengem Fasten, Beten, Wachen und andern Hartnäckigkeiten kasteite. In der letzten Zeit seines Lebens offenbarte ihm Gott, daß er das umliegende Land seiner überschwänglichen Laster wegen ausrotten werde. Der mitleidige Greis betrübte sich sehr darüber und warnte besonders die Vornehmen mit vielen Tränen, sie möchten von den Sünden abstehen und auch ihre Untergebenen zur Bekehrung bewegen, bevor der Zorn Gottes anbreche. Ein Priester, Namens Abundanz, spottete über diese Bedrohung und sagte, man müsse dem frommen Alten nicht verübeln, daß er dergleichen Gedichte hervor bringe, das Alter habe ihm das Gehirn geschwächt. Ämilian antwortete darauf: „Gerade du, Abundanz, wirst einer von den ersten sein, welchen meine Weissagung treffen wird.“ Solches geschah denn auch; der Priester wurde schnell vom Tod hinweg gerafft.

Als auch bei Ämilian die letzte Stunde heran nahte, bat er einen frommen Priester ihm beizustehen. Solches tat dieser auch getreulich, und Ämilian löschte aus in dessen Armen sanft und ohne Zwang, gleich einer abgebrannten Kerze. In späteren Jahrhunderten wurde ein Kloster an dem Ort erreichtet, wo der hl. Ämilian gelebt hatte, und dem Kloster von ihm der Name beigelegt, und in den meisten Städten von Kastilien wurden Kirchen gebaut zu Ehren des. hl. Ämilian. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 4 Oktober bis Dezember, 1872, S. 218 – S. 221

Tags: Heilige

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