Fragen des Rituale der Loge

Fragen und Antworten des Rituale der Loge

Das Rituale der Loge zu Freiburg im Breisgau enthält (III, 19—20) wörtlich folgende Fragen und Antworten (1):

(1) Wir entnehmen dieses und die später folgenden Zitate aus dem Freiburger Rituale dem oben angeführten Werke Trentowski’s „Die Freimaurerei in ihrem Wesen und Unwesen.“ Da der Verfasser zur Partei jener Maurer gehört, welche in Betreff des Grundprinzips der Loge den Schleier des Geheimnisses wollen fallen lassen, so spricht er in vielen Dingen mit wünschenswerter Aufrichtigkeit, liefert auch viele Exzerpte aus dem Rituale seiner Loge. Natürlich gefiel dieses nicht allen Brüdern; man änderte daher das Rituale. Darum liest man in der Leipziger Freimaurer-Zeitung vom 27. Sept. 1873 folgende interessante Notiz:

„Berichtigung. In dem Buch von Br.-. Trentowski „Die Freimaurerei in ihrem Wesen und Unwesen“, 1868 vollendet und von seiner Witwe später dem Druck übergeben, spricht derselbe vom Freiburger Ritual. Dasjenige aber, welches am 13., 14. und 15, Sept. 1872 im Or. (ient) Heidelberg der Beurtheilung unterzogen und von der Großloge zur Sonne sanktioniert wurde, ist das von mir umgearbeitete, 1870 herausgegebene Ritual, wonach jetzt (!) die Loge in Freiburg i. Br. und acht andere Bauhütten größtentheils arbeiten. — Demnach spricht das Buch des verstorbenen Br.-. Trentowski von einem Werk, das gesetzlich nicht genehmigt und auch nicht mehr in Übung ist. — Or. Freiburg, im Sept. 1873. Gez. Aug. Fie, Meister vom Stuhl.“ —

Mit anderen Worten: das ehemalige Freiburger Logen-Ritual war in unbestrittenem Gebrauch, wurde daher von Trentowski mit Recht zitiert; daß es später, wohl vorsichtshalber, verändert wurde, konnte Trentowski natürlich nicht voraussehen. Jedenfalls ist es eine sicherere Quelle für den eigentlichen Geist der Maurerei, als das spätere „genehmigte“. —

Eine Rezension des Werkes Trentowski’s \. Freim.=Ztg., 4. Oft. 1873. Die schon genannte holländische Übersetzung hat den Titel: „De Vrijmetselarij, geschetst in hare sedeleer, naar het Hoog duitsch van Trentowski door Br.-. ten Cate, Zwolle, 1873.

Im „Jahrbuch für Freimaurer auf das Jahr 1874“ von Br… C. van Dalen (Leipz.,, J. G. Findel) ist Trentowki’’s Buch (S. 157) mit folgenden Worten angeführt: „Der verstorbene Br.“. von Trentowski hat mit diesem Buch der Maurerei sehr geschadet, bei den Brüdern, weil er ihnen das Lesen maurerischer Schriften verleidet, bei den Nichtmaurern, weil er sie zu einer ganz falschen (?) Vorstellung von der Maurerei verleitet und dadurch die Zahl ihrer Gegner vermehrt.“ Sollte hiermit vielleicht nicht sowohl der falsche, als vielmehr der kompromittierende Charakter des Buches ausgesprochen sein?

„Welches ist die Endabsicht des Bundes? — Der Bund will das menschliche Geschlecht durch die Macht des inneren Menschentums empor heben und dadurch es zu seinem Endziel führen.“
„Wie lautet sein Losungswort? — Durch die Emporhebung seiner selbst und seiner nächsten Umgebung zur Emporhebung der Menschheit !‘‘

„Was für eine Sendung hat also der Bund? — Er hat die allerhöchste und die umfassendste Sendung, nämlich die, an allen Punkten des Erdenrundes und mit gemeinschaftlichen Kräften an der Welterlösung im modernen Sinn zu arbeiten.“

„Übersteigt das nicht die Kraft der Sterblichen überhaupt, die Kraft der schlichten Leute, wie die Maurer in der Regel sind? — Die Gottheit und die Menschheit in uns sind mächtig; der Schlichte hat immer mehr Willenskraft und Mut als der Hochgebildete.“

„Welches Neue und Gewichtige bringen wir der Welt? — Wir bieten ihr:

im Gebiete der Religion: 1. anstatt der Mystik die Humanität; 2. anstatt des blinden Glaubens das Sankt-Johannislicht; 3. anstatt der niederdrückenden Autorität das emporhebende unbeschriebene Buch (d. h. unbeschränkte Freiheit des Forschens); 4. anstatt des Strebens nach der Seligkeit unseres lieben Ichs im Jenseits das Streben nach der Beglückung des Menschengeschlechts auf der Erde; 5. anstatt der verschiedenen, sich einander verdammenden Kirchen einen Tempel für alle religiösen Richtungen, worin die Intoleranz und der Fanatismus seinen Platz mehr findet;

im Gebiet der Moral: 6. anstatt des noch egoistischen Gebotes: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ das humanistische Gebot: Liebe in einem Jeden und in dir die Menschheit;

im Gebiet der Sozialistik und Politik: 7. anstatt der verschiedenen, sich gegenseitig gering schätzenden Stände und der allgemeinen Bedrückung, die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit; 8. anstatt des Kriegs den alle Rassen und Völker versöhnenden Friedensbund; 9. anstatt der Bündnisse gegen die Bündnisse einen einzigen Bund für die gesamte Menschheit, oder den humanistischen Bund der Bünde.“

„Wohin muss der Bund zielen? — Alleinige Weltreligion, alleinige Weltmoral, und alleinige Weltpolitik zu werden“.

Soweit das Freiburger Logenrituale. Seine Worte beweisen, daß wir das „positive“ Prinzip der Freimaurerei von 1717 richtig erklärt und nicht zu viel hineingelegt haben.

Allerdings war der Deismus, welchen man dem Geheimbund zu Grunde legte, nicht Atheismus im strengen Sinne, sondern nahm noch irgend einen „Weltbildner“ an, rückte ihn jedoch von der Weltregierung gänzlich weg, so daß der Mensch als unumschränkter Gebieter dastand. Der Begriff der Humanität war demnach so wie so derselbe.

Aber der Deismus blieb, wie wir im zweiten Abschnitt angeführt haben, bei jenem matten Gott, welcher sich wie Heli um seine Kinder nicht kümmert, nicht stehen, sondern schritt weiter zum Pantheismus oder auch zum brutalsten Materialismus, welcher durch „Stoff und Kraft“ sein Weltgebäude, durch Darwins Deszendenz-Theorie die Entstehung des Menschen erklärt, daher einfach Atheismus ist. Der bekannte „Weltbaumeister“ steht dieser atheistischen Humanität ebenso wenig im Wege, als der „stumpfsinnige Gottesleugner“ bei Anderson. Lassen wir hierüber dem Br.-. von Trentowski das Wort. Derselbe sagt in seinem „Programm zur Reform“ vom 4. April 1865:

„Die Freimaurerei verehrt in allen ihren Tempeln und Bauhütten Gott, den sie in ihrer Baukunstsprache „Großer Baumeister aller Welten“ nennt, lässt aber den Begriff Jedem frei. Ihr Weltbaumeister ist und bleibt das höchste Wesen, welches man verstehen kann, wie man will, welches ebenso ein Christ, ein Jude, ein Mohammedaner, ein Heide, wie ein Monotheist, Deist, Pantheist, ja sogar ein Atheist, der doch irgend einen Urgrund für den ersten und letzten Grund der Dinge angibt, anerkennen muss.“

Je mehr nun der „Weltbaumeister“ in ein notwendiges Naturgesetz oder in eine Idee des Menschengeistes verflüchtigt wird, desto prägnanter tritt das Menschentum in den Vordergrund. Dann ist die Persönlichkeit das Höchste und das einzig Göttliche; dann kennt der Wille der Menschheit keine Schranke mehr und keine Pflicht, als die gegen sich selbst und etwa noch gegen das Geschlecht, welchem jeder aus uns angehört. Dann aber muss folgerichtig jede Anstalt, welche an einem überweltlichen Gott und Gebieter über den Menschenwillen festhält, als tyrannisch und entwürdigend ausgerottet werden. Wenn der Mensch den Thron des alten Gottes einnimmt, muss die Kirche fallen. So löst sich das Rätsel der Gegenwart. (1) Nicht Toleranz und Duldung auch für die Eine und apostolische Kirche des Christentums will der emanzipierte und humanisierte Freimaurer; sondern, wenn er folgerichtig denkt, muss er deren Vernichtung bis zur letzten Idee wollen und anstreben.

(1) Die Mailänder Generalversammlung der italienischen Logen nahm am 5. Mai 1864 die „Statuten der italienischen Freimauerei“ an; Artikel 7 lautet: „Als eine Hauptbestrebung stellt der Bund sich die Aufgabe, alle freien Menschen in eine große Familie zu vereinigen, welche nach und nach alle auf blinden Glauben und theokratische Autorität gegründeten Sekten, sowie alle abergläubischen, unduldsamen und untereinander feindlichen Religionsgebräuche zu ersetzen hat, um den wahren und einzigen Tempel der Humanität zu bauen.“ –
aus: Georg Michael Pachtler SJ, Der Götze der Humanität, 1875, S. 130 – S. 134

siehe auch die Beiträge von P. Cahill SJ über Freimaurerei und anti-christliche Bewegung

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