Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Freimaurerei
Freimaurerei, kosmopolitische Vereinigung zur individuellen sittlichen Veredelung und zur Schaffung eines allgemeinen Menschheitsbundes auf Grundlage des Humanitätsprinzips und absoluter Toleranz und mit Hilfe geheimer ritueller Handlungen als symbolischer Mittel zur seelischen Erfassung und tatsächlichen Verwirklichung dieser Ziele.
Ursprung: Seit 1175 hatte England von Frankreich den gotischen Stil übernommen. Dessen Aufriss und Aufbau, Lehre von den Gewölben usw. hüteten die freien Steinmetzen als Geheimnis. Sie organisierten sich ihrer Freizügigkeit wegen zunächst nicht in örtlichen Zünften wie die übrigen Handwerke, sondern in einer das ganze Land umfassenden religiösen Brüderschaft unter dem Schutz Johannes des Täufers. In den Bauhütten oder Logen dieser Fraternity of freemasons wurde den dort beschäftigten Brüdern (fellows) gewerbliche und bautechnische wie religiös-sittliche und soziale Belehrung zuteil, beides unter geheimnisvollen symbolischen Bräuchen.
Als seit 1356 auch eigene Steinmetz-Zünfte entstanden, wurden diesen die gewerblichen und bautechnischen Dinge überwiesen, während die Fraternity die religiös-sittliche und soziale Erziehung pflegte und seit 1475 auch Nicht-Handwerker als Brüder aufnahm. In der Glaubensspaltung hob 1547 Eduard VI. mit den religiösen Brüderschaften auch diese Fraternity auf, aus der schon seit den Tagen Elisabeths der katholische Geist gewichen war. Ihre Überreste organisierten sich darauf neu als „Society of freemasons“. Sie wirkte weiterhin als Erziehungs-Gemeinschaft, aber nicht mehr wie die Fraternity mit dem Ziel der Erziehung zur Seligkeit, sondern zur Geselligkeit und feinen Bildung.
Zunächst drangen alchemistische und kabbalistisch-abergläubische Ideen in sie ein und wurden unter dem alten Brauchtum als kostbares Geheimnis gehütet und gepflegt. Von Beginn des 17. Jahrhunderts an wurde sie dann der fruchtbarste Boden für den aus der Reaktion gegen die religiösen Streitigkeiten des 16. Jahrhunderts entstandene Deismus. Nun trennten sich die seit 1650 immer stärker humanisierten Logen der Society auch örtlich von den Bauhütten des Werk-Maurertums, nahmen weitere Kreise von Nicht-Steinmetzen auf und symbolisierten ihr Brauchtum im Sinn des Aufbaus des Menschheitstempels der Humanität – des geistigen Aufbaus des Salomonischen Tempels.
Das Bestreben, den Deismus weiter zu verbreiten und tiefer zu verankern und auf Grundlage des natürlichen Sittengesetzes, der Religion, in der alle Menschen übereinstimmen, eine „Partei der anständigen Leute“ jenseits aller religiösen Streitigkeiten als dogmenlose, rein geistige Kirche zu schaffen und zugleich die um 1700 wieder erstarkten Einflüsse des katholischen Hauses der Stuart zu brechen, führte am 24. 6. (Fest Johannes des Täufers) 1717 zum Zusammenschluss der 4 Londoner Logen zur ersten spekulativen Großloge unter Leitung eines Großmeisters, damit zur Gründung der modernen Freimaurerei.
Die Brüder jener 1. Großloge waren weltanschaulich Deisten, politisch Whigs, Anhänger des Hauses Hannover und Gegner der Tories, der Anhänger der Stuart. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. IV, 1932, Sp. 167 – Sp. 168
Die Freimaurerei ist in England, der Wiege des Deismus, der Lehre der sog. Freidenker, entstanden, und zwar zu einer Zeit, in der die deistische Philosophie dort ihre höchsten Triumphe feierte.
Welche Stellung hat die Freimaurerei dieser deistischen Zeitrichtung gegenüber eingenommen? Energische Opposition gegen ein System, das eine so große Verwilderung der Sitten zur Folge hatte, wäre für eine Gesellschaft, welche die Veredlung der Menschen auf ihre Fahne schrieb, angezeigt gewesen. Doch davon findet sich keine Spur, weder bei der Gründung noch in der Fortentwicklung des Maurerbundes. Vielmehr sprechen alle Gründe für den Satz, mit dem Erdmann seine Geschichte des englischen Deismus abschließt: „In immer weitere Kreise drang der Deismus dadurch, dass er die eigentliche Religion der Freimaurer-Logen wurde.“
Die Loge ist zum Träger des Indifferentismus geworden. Sie hat sich keineswegs bloß zur Aufgabe gestellt, ihre Mitglieder aus den verschiedenen christlichen Konfessionen mit den Banden bürgerlicher und geselliger Eintracht und sozialer Tugenden zu umschlingen und einen humanen und geselligen Verkehr im äußeren Leben zu begründen, sondern stellt sich als „Kirche der Kirchen“ über die letzteren und sehnt den Zeitpunkt herbei, in welchem alle Konfessionen in sich selbst zerfallen, damit aus deren Asche die Vernunftreligion als Surrogat des positiven Christentums wie ein Phönix sich erhebe. Aber nur klug und sachte soll diese Maurerarbeit verrichtet werden.
Wie die Sozialdemokraten, so lassen auch die Freimaurer für die Befangenen das Spielzeug der Glaubensformeln vor der Hand noch in Privatgeltung bestehen. Wo die Umstände nicht besonders günstig sind, werden lieber allmählich auflösende Mittel als gewaltsam wirkende angewandt. Immer aber müssen die großen und heiligen Worte „Humanität, reine Menschlichkeit, echte und geläuterte Religion“ etc. Stichworte für die Loge, und die Verherrlichung der Toleranz, des religiösen Friedens, der Bruderliebe muss das Lieblingsthema der Logenredner bleiben.
Dass aber Zeiten kommen können, in denen die Revolution sich wiederum des Geheimbundes der Maurerei bedienen, das leere Gefäß der Maurerei mit ihren Ideen füllen werde, das allerdings ist sehr zu befürchten.
Es ist ferner wahr und zugestanden, dass die Loge sich mit der Vernunftreligion, der Religion „der honetten Männer“, begnügt, in deren Tempel Atheisten und Materialisten als vollberechtigte Mitglied erscheinen, dass diese Religion an Stelle des Christentums trete oder das Christentum bis zu dieser einfachen Form für Befriedigung der religiösen Gefühle geläutert werden müsse; wahr ist endlich, dass der Sturz der Altäre notwendig auch den Sturz der Throne und aller Autorität und christlicher Sitte nach sich ziehen muss.
Die Maurerei verwirft Offenbarung und Christentum; ohne Christentum geht aber die europäische Zivilisation notwendig dem Untergang entgegen.
In der Tat haben die Logen in ihrem Kampf gegen Christus und sein Reich an der katholischen Kirche und vornehmlich an deren Oberhaupt den entschiedensten Gegner gefunden. Seit Gründung der symbolischen Maurerei (1717) waren erst zwanzig Jahre verflossen, als Klemens XII. in seiner berühmten Konstitution In eminenti (1738) gegen dieselbe auftrat. Wesen, Tendenz und Organisation der Logen sind kurz dahin bezeichnet, dass sie Menschen jedweder Religion und Sekte zu einem engen und abgeschlossenen Bund nach eigenen Gesetzen und Statuten vereinigen, die sich mit einem affektierten Schein natürlicher Sittlichkeit begnügen und über alles, was sie insgeheim miteinander treiben, unter einem strengen, auf die Bibel geleisteten Eid und unter übertriebenen Strafandrohungen unverbrüchliches Stillschweigen zu halten gezwungen werden.
In seinem anfänglichen Verhalten ist der apostolische Stuhl jederzeit treu geblieben. Im Jahre 1751 folgte die Konstitution Benedikts XIV. Providas, und (…) haben die Päpste Pius VII. (Ecclesiam, 1821), Leo XII. (Tuo graviora), Gregor XIV. (Mirari vos, 1832), Pius IX. (Multiplices inter, 1865) und zuletzt Leo XIII. (Humanum genus, 1884) die geheimen Gesellschaften, namentlich aber den Maurerbund verworfen und deren Mitglieder exkommuniziert. –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 4, 1886, Sp. 1980 – Sp. 1989
Beiträge zur Freimaurerei siehe auf katholischglauben.online, u.a.:
Bildquellen
- freemason-6547981_640: pixabay