Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Antitrinitarier
Antitrinitarier, die Leugner der Grundwahrheit des Christentums von drei ewigen Personen in Gott, besonders die dem 2. und 3. Jahrhundert angehörigen, an der Spitze das Judentum. Nicht unterscheidend zwischen Natur und Person und nur ein Hervorgehen nach außen (processiones ad extra) anerkennend, überhaupt des Sinnes für die christliche Wahrheit bar, suchte die Häresie den „Gegensatz“ zwischen der Einheit Gottes und der ihr unverständlichen und unerträglichen Gottheit Christi dadurch zu beheben, daß sie entweder letztere verneinte (ebionitischer Monarchianismus) oder in Christus nur eine Erscheinung des Vaters sah (Patripassiander, Modalismus). Der Monarchianismus des Theodot von Byzanz und Paul von Samosata leugnete die Präexistenz und Inkarnation des Logos; Jesus Christus ist ihnen nur ein besonders begnadigter, übernatürlich erzeugter Mensch voll göttlicher Weisheit, in dem der (unpersönliche) göttliche Logos gewohnt und ein solches Verdienst bewirkt hat, daß er Gott werden konnte. Da sie den Logos nur als unpersönliche Kraft gelten lassen, erleidet der leidenschaftlich als Prinzip verfochtene Monarchianismus keinen Abbruch. Nach Praxeas und Noëtus dagegen ist dieselbe göttliche Person Vater und Sohn, ist in Christus der Vater geboren worden und gestorben, daher der Name Patripassianer. Der Modalismus des Sabellius (Sabellianismus) gesteht eine Erscheinungs-Trinität zu, 3 verschiedene Beziehungen des einpersönlichen Gottes nach außen in der Schöpfung, Erlösung und Heiligung, weshalb Gott dreifach benannt werde. In späterer Zeit ist auch der Spanier Priscillian († 385) Modalist, während Elemente des Modalismus und Monarchianismus und Photinus, Bischof von Sirmium († 376). zusammen gearbeitet werden. Alle diese antitrinitarischen Sekten suchten am Anfang des 3. Jahrhunderts in Rom Boden zu gewinnen, fanden aber dort ihre Verurteilung. –
Eine falsche Vermittlung strebt der Subordinatianismus an durch Aufnahme des platonisch-gnostischen Gedankens, Gott komme nur durch Mittelwesen mit den Menschen in Berührung: der Logos das erste, vorzüglichste Geschöpf des Vaters und Schöpfer alles übrigen, „Gott“ aus Gnade (Arianismus als extremer Subordinatianismus), der Hl. Geist Geschöpf und Diener des Sohnes (Macedonius), in der Trinität somit ein Großer, Größerer, Größter.
Der Protestantismus ist reich an Antitrinitarier. Servet wurde in Genf als Leugner der Trinität verbrannt; Blandrata floh aus demselben Grund vor Calvin nach Polen, ohne dessen Nachstellungen zu entgehen; der jüngere Sozinus wurde des Antitrinitarismus regster Apostel (Sozinianismus). Er opferte das Dogma als schrift- und vernunftwidrig seinem abstrakten, rationalistischen Unitarismus. Polen wurde zum Sammelpunkt der reformatorischen Antitrinitarier. Zeitweise weckte der Gegensatz dort auch tritheistische Irrtümer. Überhaupt hat die rationalistische Richtung der neueren protestantischen Theologie das Trinitäts-Dogma preisgegeben oder ausgehöhlt. Als besondere Etappen hierzu dürfen gelten: der englischen Deismus, die französischen Liberalen, die von Hegel Beeinflußten, vor allem die jüngere Tübinger Schule F. Chr. Baurs und die jüngere liberale Schule, als deren Haupt Adolf von Harnack verkündet: der Vater allein gehöre ins Evangelium. Vielfach liest man bei ihnen noch die alten kirchlichen Formeln, ihr Inhalt hat sich aber ganz verflüchtigt. Ja auch die positiver Gerichteten leiden (vgl. O. Kirn in RealEnc XX 107/23) stark unter sabellianische Tendenzen. Von neueren Sekten sind streng antitrinitarische gerichtet die Mormonen, Ernsten Bibelforscher und die Christian Science. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. I, 1930, Sp. 505 – Sp. 506