Lexikon für Theologie und Kirche
Stichwort: Diderot
Diderot, Denis, philosophischer Schriftsteller, * 5.10.1713 zu Langres, † 31.7.1784 zu Paris. Sein Essai sur le mérite et la vertu (Paris 1745), eine freie Bearbeitung der betrefflichen Schrift Shaftesbury`s lehrt einen Deismus, der die christliche Offenbarung als möglich zuläßt, sofern sie die notwendige Bedingung für ein durch Tugend schönes Leben ist. Rasch wandelte sich dieser sogenannte Theismus zu einem skeptischen Deismus, der auch die Möglichkeit der Offenbarung leugnete (Pensées philosophiques, Haag 1746). Nach der literarischen Ausnutzung der sensualistischen Thesen des Condillac (Lettre sur les aveugles à l`usage de ceux qui voient, Lond. 1749; darob 3 ½ Monate im Gefängnis) verkündigte Diderot später im Anschluß an die philosophische Nervenphysiologie Bonnets und an die Monadologie des Leibniz eine Allbeseelung der Natur, einen pantheistischen Panpsychismus (Pensées sur l`interprétation de la nature, London 1754; Sur la matière et le mouvement, Amsterdam 1770 u.a.). Diderot ist neben Voltaire ein Literat großen Stils. Ihm ging es in Wissenschaft und Philosophie weniger um die Erkenntnis des Seienden als um die Befreiung des moralischen Individuums. Seine Hauptleistung ist die Durchführung der mit d`Alembert begonnenen Encyclopédie (Enzyklopädisten); vom 3. Band an die Diderot allein der maßgebende Leiter und der Verfasser der Hauptartikel (Christianisme, Foi, Liberté, Morale, Philosophie, Providenceusw.) Diderot hat seine aufklärerischen Ideen auch in verschiedenen Novellen, Romanen, Theaterstücken zu verbreiten gesucht; durch Goethes Übersetzung ist die dialogische Novelle „Rameaus Neffe“ berühmt. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. III, 1931, Sp. 303 – Sp. 304
Diderot, Denis. Neben d`Alembert das Haupt der französischen Enzyklopädisten, war 5. Oktober 1713 zu Langres als Sohn eines Messerschmieds geboren und bewies von Jugend auf einen unsteten, weder den Einflüssen einer religiösen Erziehung, noch dem regelrechten Gang der damaligen Gelehrtenbildung zugänglichen Geist. Schon früh verließ er, da ihm das väterliche Gewerbe widerstrebte und ein Versuch, ihn zum Juristen auszubilden, scheiterte, das Elternhaus. In Paris überließ er sich, allen Berufsstudien abhold, ganz seinem ungezügelten Lese- und Wissensdrang und erlag vollends den antichristlichen Einflüssen der dort herrschenden schöngeistigen „Aufklärung“. Während sein jüngerer Bruder Priester wurde (derselbe starb als Kanonikus von Langres), vollzog sich, in Folge seiner Abneigung gegen alle ernsteren Einwirkungen und des Pariser Lebens, die Trennung von seiner Familie, und er geriet, zumal nach einer in dieser Trennung vollzogenen Frühheirat, in bittere Not. Diese, sowie der leidenschaftliche Drang, im Kreis der Pariser Literatoren zu Geltung und Ansehen zu gelangen, trieben ihn zur Publizistik…
Diderot endete in einer exzessiven Kunst- und Naturvergötterung auf der Grundlage eines überschwänglichen Pantheismus… Wenn Lamennais, selbst an der Spitze der sozialistischen Revolution von 1848 schreitend, sagte: „Die Schriften Diderot`s sind ein Abgrund von Unsittlichkeit; sein Name soll nie der Vergessenheit entrissen werden und niemand wird sich entschließen, diesen Kot aufzurühren“, so war das eine Täuschung. Die Republikaner des Pariser Stadthauses votierten Diderot 1883 eine Statue, ein Beschluß, der Du Bois-Reymond zu einer Gedenkrede auf Diderot, den „Berliner Akademiker“, in der öffentlichen Sitzung der Berliner Akademie vom 3. Juli 1884 begeisterte. –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 3, 1884, Sp. 1704 – Sp. 1713