Feierlicher Einzug Jesu in Jerusalem

Einzug Jesu in Jerusalem auf einem Eselsfüllen, gefolgt von seinen Jüngern und dem Volk

Der feierliche Einzug Jesu in Jerusalem

(Mt. 21, 1-16; Mk. 11, 1-10; Lk. 19, 29-44; Joh. 12, 12-19)

Am folgenden Tag (1) setzte Jesus seinen Weg nach Jerusalem fort. Als er nach Bethphage (*), einem Flecken auf dem Ölberg, kam, sandte er zwei Jünger ab und sprach zu ihnen: „geht in den Flecken, der euch gegenüber liegt, und ihr werdet alsbald eine Eselin angebunden finde und bei ihr ein Füllen, auf dem noch niemand gesessen hat. (2) Bindet sie los und führt sie zu mir her. Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr sie los? Sa sagt: Der Herr bedarf ihrer; und sogleich wird man sie euch überlassen.“ (3) Sie gingen hin und fanden alles, wie es Jesus gesagt hatte, und brachten das Füllen samt der Eselin zu Jesus. Sie legten ihre Kleider auf das Füllen und setzten Jesus darauf. Das alles aber geschah, damit erfüllt würde, was durch den Propheten gesagt ist: „Sagt der Tochter Sion: Siehe, dein König kommt zu dir, sanftmütig, sitzend auf einer Eselin und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttieres.“ (4) Das verstanden seine Jünger anfangs nicht; als aber Jesus verherrlicht worden war, da dachten sie daran, daß dies von ihm geschrieben war, und daß man so an ihm getan.

Als die Volksscharen, die zum Fest gekommen waren, hörten, daß Jesus nach Jerusalem komme, nahmen sie Palmzweige, gingen ihm entgegen und riefen: „Hosanna, gebenedeit sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels!“ (5) Viele breiteten ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg, und die schar der Jünger pries Gott laut über alle Wunder, die sie gesehen; und die Scharen des Volkes, die voraus gingen und die nachfolgten, riefen: „Hosanna dem Sohne Davids! Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Gebenedeit sei das Reich unseres Vaters David, das da kommt! Friede und Ehre im Himmel! Hosanna in der Höhe!“ So legte auch das Volk Zeugnis ab, das dabei war, als er den Lazarus aus dem Grab rief und von den Toten erweckte! Und deshalb kam ihm auch die Menge entgegen, weil sie gehört hatte, daß er dieses große Wunder gewirkt habe.

Die Pharisäer aber sagten untereinander: „Seht ihr, daß wir nichts ausrichten? Siehe, die ganze Welt läuft ihm nach!“ Einige derselben sprachen sogar Jesus: „Meister, wehre deinen Jüngern!“ Er aber entgegnete ihnen: „Ich sage euch: Wenn diese schwiegen, so würden die Steine laut ausrufen!“ (6)

Als Jesus näher kam und die Stadt sah, weinte er über sie und sprach: „Wenn doch auch du es erkenntest, und zwar an dieser zum Frieden dient; nun aber ist es vor deinen Augen verborgen! Denn es werden Tage über dich kommen, da deine Feinde dich mit einem Walle ringsum einschließen und von allen Seiten beängstigen werden. Sie werden dich zu Boden schmettern und deine Kinder, die in dir sind, und in dir keinen Stein auf dem andern lassen, weil du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast.“ (7)

Als er in Jerusalem eingezogen war (8), kam die ganze Stadt in Bewegung und sprach: „Wer ist dieser?“ Die Volksscharen aber sagten: „Dieser ist Jesus, der Prophet von Nazareth in Galiläa!“ Jesus ging in den Tempel. Und es kamen zu ihm Blinde und Lahme, und er heilte sie alle. Da aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er wirkte, und die Knaben, die riefen: „Hosanna dem Sohn Davids!“ da sprachen sie voll Unwillen zu Jesus: „Hörst du, was diese sagen?“ Er aber sprach zu ihnen: „Ja! Habt ihr denn nie gelesen: Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet?“ (9)

(*) Bethphage, d. i. Haus oder Ort der Feigen, hatte seinen Namen wahrscheinlich von den zahlreichen Feigenbäumen, die in seiner Umgebung standen. Es lag so nahe bei Jerusalem, daß es noch zum Stadtgebiet gerechnet wurde, aber außerhalb seiner Mauern auf der Höhe des Ölbergs; … Es führt über die mittlere Kuppe des Ölbergs von Bethanien ein Weg nach Jerusalem; außerdem noch ein zweiter im Halbzirkel südlich um die mittlere Kuppe zwischen dieser und dem Berg des Ärgernisses (10) an einem tiefen Tal hin. Weil dieser südliche Weg der gangbarste nach Bethanien ist, nahm man an, er sei auch von Christus eingeschlagen worden. Die Meinung der Franziskaner in Jerusalem dagegen hielt von jeher an der Stelle auf der Höhe des Ölbergs fest, und alljährlich am Palmsonntag führten sie ehedem eine feierliche Prozession von Bethanien hierher und von hier nach Jerusalem…

Anmerkungen:

(1) Am Sonntag, dem 10. Nisan (2. April 30), am fünften Tage vor Ostern, an dem man das Osterlamm festlich geschmückt in das Haus brachte, von wo es am Nachmittag des 14. Nisan zum Tempel gebracht und geschlachtet wurde, wollte Jesus, das wahre Osterlamm, seinen feierlichen Einzug in Jerusalem halten, wo er am Abend des 14. Nisan sich den Seinigen zur Opferspeise geben, am 15. Nisan durch seinen Tod am Kreuz unsere Erlösung und Befreiung aus der Gewalt des Satans vollbringen wollte. Die Kirche feiert diesen festlichen Einzug alljährlich am Palmsonntag. (Meyenberg, Homil. und katechet. Studien 367ff) – Kellner, (Heortoligie 45ff), der sich auf die sehr eingehende, höchst interessante Beschreibung stützt, die die aquitanische Pilgerin (Silvia oder Etheria) von den im 4. Jahrhundert in Jerusalem üblichen Zeremonien der Karwoche gibt, sucht den Ursprung unserer Palmen-Prozession wohl mit Recht in Jerusalem.
(2) Weil es für den König, den Messias, bestimmt war, durfte es nicht schon vorher von andern gebraucht sein. Die Eselin wurde mitgenommen, weil das Junge an sie gewöhnt war und ihrer Begleitung nicht beraubt werden sollte.
(3) Nach B. Weber (Kath 1908, II 446ff) dürfte der griechische wie der Vulgatatext von Mt. 21,3 im Einklang mit der patristischen Exegese zu übersetzen sein: „und sogleich [oder: sogleich, aber scil. nach dem Gebrauch] wird er sie [Eselin und Füllen] zurück schicken“. So auch Mk. 11, 3.
(4) Die ersten Worte sind aus Isaias (62, 11); der Hauptinhalt der Stelle aus Zacharias (9,9); es war voraus gesagt, weil es geschehen sollte, und Jesus erfüllte es, weil es voraus gesagt war. Als Friedensfürst, sanftmütig und demütig, nicht als irdischer König, wollte sich Jesus schon durchs eine äußere Erscheinung erweisen.
(5) Der Messias; denn auf ihn bezogen die Juden allgemein obige Worte des sog. „Hallel“ (Ps. 117, 26), die beim Essen des Osterlammes und besonders feierlich beim Laubhütten-Fest in diesem Sinne gesungen wurden. Daß man ihnen hier in der Anwendung auf Jesus den gleichen Sinn gab, erhellt aus dem ganzen Vorgang selbst, da all diese Huldigungen Jesus nur als dem Messias dargebracht wurden und durch die großen Wunder Jesu, besonders durch die Auferweckung des Lazarus, veranlaßt waren. – „Hosanna“ (griechische Wiedergabe des hebräischen Hoschiʼanna), eigentlich „Hilf doch!“ d. h.: O Herr, laß doch das Werk des Messias gelingen! Diese ursprüngliche Bedeutung wird in unserer Liturgie nicht mehr empfunden, sondern „Hosanna“ ist als Jubelruf gebraucht.
(6) Selbst die leblose Natur würde Zeugnis geben, daß ich der Messias, Gottes Sohn bin. Fünf Tage später schwiegen die Jünger, da redeten die Steine, indem bei seinem Tode die Erde bebte und Felsen sich spalteten und so Zeugnis ablegten von seiner Gottheit.
(7) Lk. 19, 41-44; vgl. 13, 34f. Das war gerade der Zweck des feierlichen Einzugs Jesu in Jerusalem. Jesus wollte sich nach so vielen und großen Wundern den Juden feierlich als Messias offenbaren. Aber er wußte, daß er nicht Glauben, sondern den Tod finden werde. Dennoch bot er ihnen auch noch diese letzte Gnade an, bei der sie sich entscheiden mussten. Darum war dies so recht eigentlich für die Juden der entscheidende „Tag des Heils“ (vgl. 2. Kor. 6, 2), die entscheidende „Zeit der Heimsuchung“ (vgl. Lk. 1, 68 u. 78). Jerusalem erkannte das nicht, und so ging das von Jesus verkündete Strafgericht für die schreckliche Verblendung und Verstockung Jerusalems 40 Jahre später unter dem römischen Feldherrn Titus buchstäblich in Erfüllung. (siehe den Beitrag: Zerstörung Jerusalems durch Titus)
(8) Durch die östliche Tempelpforte, das „Goldene Tor“. – Siehe C. Schick, Durch welches Tor ist Jesus am Palmsonntag in Jerusalem eingezogen? In ZDPV 1899, 94.
(9) Vgl. Ps. 8, 3; dort ist zunächst die Rede von der überwältigenden Schönheit des gestirnten Himmels, die selbst das unmündige Kind entzückt, das so Zeugnis ablegt von der Größe des Schöpfers. Das Stammeln des Kindes beschämt und verdammt die Gottesleugner und Feinde Gottes. In noch höherem Grade musste der Jubel der Kinder beim Anblick der Wunder Christi den Stolz und die Verblendung der Hohenpriester und Schriftgelehrten beschämen und verdammen. Der Heiland führt zwar nicht eigens den ernsten Zusatz zu den obigen Worten an, nämlich: „um deiner Widersacher willen, um den Feind und Rachgierigen zum Schweigen zu bringen“, aber seinen Gegnern als Kennern der Psalmen musste sofort bei seinen Worten auch dieser Zusatz in den Sinn kommen.
(10) So genannt, weil dort Salomon seinen heidnischen Frauen zulieb Götzenaltäre errichten und auf denselben opfern ließ. –
aus: Schuster u. Holzammer, Handbuch zur Biblischen Geschichte, Zweiter Band, Das Neue Testament, 1910, S. 399 – S. 403

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