Es gibt nichts Hässlicheres als die Sünde
Die Sünde ist die größte Torheit – Hat die Sünde glücklich gemacht?
Da ist ein Kind, welches Etwas genascht hat. Sein Gewissen lässt ihm keine Ruhe; der unschuldige Friede seines Herzens ist gestört. Um nicht entdeckt zu werden, begeht es eine weitere Sünde, eine Lüge. So schafft es die ersten Glieder zu einer Kette von Unheil, welches später sein ganzes Leben vergiftet und vielleicht gar mit den ewigen Qualen der Hölle endet. Ist das Kind durch die Sünde glücklich geworden?
Da ist ein anderes Kind, welches sich einige Unanständigkeiten erlaubt hat. Es hält dieselben für schwere Sünden, obgleich sie es in Wirklichkeit vielleicht gar nicht sind. Aus Scham verschweigt es die Sache in der Beichte und begeht nun wirklich eine schwere Sünde durch eine ungültige Beichte. Die Scham steigert sich in der nächsten Beichte, da nun auch die Sünde der gottesräuberischen Beichte gebeichtet werden müsste. So geht es weiter, und auch die erste heilige Kommunion wird eine gottesräuberische.
Die jugendliche Unschuld ist entweiht, die heiligen Sakramente, diese Quelle der Gnaden, werden zum Gegenstand der Furcht und des Widerwillens. Dieser Widerwille erstreckt sich in den späteren Jahren auf die ganze Religion. Der Glaube wird abgeworfen, und das zerrissene, friedlose Leben endet mit der Hölle.
Hat die Sünde diesen Menschen glücklich gemacht?
Da ist ein junger Mann, welcher der bösen Lust nachgab. Auf die erste Sünde folgte eine zweite und endlich ein ganzes Heer von Sünden. Seine Gesundheit ward untergraben. Wegen Krankheit verlor er sein Brot und starb eines frühen Todes im Elend. Er kann sich noch glücklich preisen, wenn er gebrochenen Herzens auf dem Todesbett sich bekehrt. Hat die Sünde ihn glücklich gemacht?
Und gegenüber allen derartigen Vorgängen, von denen man täglich hören kann, gibt es noch Menschen, die so töricht sind, zu sündigen! Mitunter freilich glaubt man, sündigen zu können, ohne töricht zu sein. Man verschafft sich einen augenblicklichen sündhaften Genuss in der Erwägung, dass man ihn nachträglich bereuen könne, und dass Gott, der Barmherzige, die Sünde vergeben werde. So will man die Sünde genießen und dennoch von ihren bösen Folgen verschont bleiben. Aber auch das ist Torheit.
Von der niedrigen Gemeinheit, welche in dieser Handlungsweise liegt, wollen wir absehen. Aber auch unendlich töricht ist sie schon deshalb, weil der Sünder eine unbeschreiblich kostbare ewige Krone unwiederbringlich verschleudert für einen augenblicklichen verächtlichen Genuss. Es ist das die Krone, welche er durch Überwindung jener Versuchung gewonnen hätte; denn diese Überwindung hätte die heiligmachende Gnade vermehrt und mit ihr die ewige Glorie.
Ein freventliches Glücksspiel mit Himmel und Hölle
Allerdings kann er die Einwilligung in die Sünde später bereuen und auch sonst noch andere Verdienste für den Himmel sammeln; aber jenes Verdienst, welches er sich durch Kampf gegen die Versuchung erworben hätte, ist ein für allemal verloren. Doppelt schrecklich ist dieser Verlust, wenn er sich um die erste schwere Sünde handelt. Denn alsdann ist die Taufunschuld unwiederbringlich verscherzt; und vielleicht auch würde der Sünder dann nie mehr hoffen können, im Himmel zu jener auserlesenen Schar zu gehören, von der es heißt: „Diese sind`s, die sich mit Weibern nicht befleckt haben; denn sie sind Jungfrauen, sie folgen dem Lamm, wohin es geht, sie sind erkauft aus den Menschen als Erstlinge für Gott und das Lamm“ (Geh. Offenb. 14, 1-5).
Der Sünder also redet sich ein, er könne die Sünde begehen, aber sie dann später bereuen und beichten. Jedoch wer sagt ihm, dass er Zeit hierfür finden wird? Dass nicht ein plötzlicher Tod ihn vorher hinwegrafft? Gott hat freilich verheißen, jedem zu verzeihen, der mit wirklicher Reue das Sakrament der Buße empfängt. Aber er hat nicht versprochen, dass der Sünder diese Reue haben und das Sakrament der Buße empfangen werde. Der Sünder treibt also ein freventliches Glücksspiel mit Himmel und Hölle; und das für eine augenblickliche Lust! Das ist ebenso töricht und noch törichter, als wenn jemand für einen Pfennig eine Million aufs Spiel setzte.
Wir wollen jedoch annehmen, dass er nicht plötzlich stirbt, dass vielmehr die Zeit zur Buße ihm verbleibt. Aber wird er auch ernstlich diese Buße üben? Wenn er das will, dann muss er denken etwa wie folgt:
„Es war sehr Unrecht von mir, dass ich freventlich auf die Barmherzigkeit Gottes sündigte. Ich wollte, ich hätte es nicht getan. In Zukunft will ich nie mehr eine schwere Sünde begehen, besonders nicht in dem Gedanken, ich könne sie später beichten!“ Damit der Sünder so denkt, muss eine vollständige Sinnesänderung in ihm vorgegangen sein. Aber kann er auf eine solche rechnen?
Viel wahrscheinlicher ist, dass, wenn er überhaupt beichtet, seine Gedanken gleicher Art bleiben wie früher, nämlich: „Ich will jene Sünde beichten; dann bin ich sie los. Sollte ich später wieder ähnlich sündigen, dann kann ich es ähnlich wieder beichten.“ Bei einer solchen Stimmung ist jedoch von wahrer Reue und wahrem Vorsatz nicht viel zu entdecken; und wenn diese fehlen, ist die Lossprechung nichtig; der Sünder aber wird, falls er es nicht besser macht, ewig verdammt.
So ist also die Sünde unter allen Umständen eine große Torheit. –
aus: Ludwig von Hammerstein SJ, Sonn- und Festtagslesungen für die gebildete Welt,1989, S. 236 – S. 239
Fortsetzung:
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