Heilige Pelagia von Antiochia Büßerin

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

8. Oktober

Die heilige Pelagia von Antiochia, Büßerin

Heute lenkt die Kirche unsere Augen auf die berühmte Büßerin Pelagia, umstrahlt von der göttlichen Barmherzigkeit, deren glorreiche Eroberung sie ist, und erweckt in uns die sehnsüchtige Hoffnung, von Jesus die Verzeihung zu erhalten, welche Er dieser Sünderin in seiner Güte gewährt hat.

Pelagia, eine viel bewunderte Schauspielerin und Tänzerin, lebte um 450 zu Antiochia in Syrien. Sie war eine vollendete Schönheit, so daß man sie allgemein „die Perle“ hieß. Sie berauschte sich an den ihr dargebrachten Huldigungen bis zur Selbstvergötterung: aber die Schmeicheleien der jungen Männer, wie die reichen Gaben und verschwenderischen Geschenke ihrer Verehrer führten sie Schritt für Schritt zu leichtfertiger Lebensweise, zu maßlosem Luxus und in den wohl verdienten Ruf einer „öffentlichen Sünderin“.

Im Jahre 453 waren zu Antiochia um den Patriarchen Maximus acht Bischöfe zu einer Synode versammelt, unter denen vorzüglich Nonnus von Edessa durch Weisheit und Heiligkeit hervor leuchtete. Als sie eines Tages in der Vorhalle der St. Julianus-Kirche saßen, baten sie den Nonnus, den anwesenden einige Worte der Erbauung zu sagen. Er tat es und ergoß sein gottliebendes Herz in ergreifender Rede. Plötzlich bemerkte man auf der Straße eine Bewegung, Aller Augen wendeten sich der Straße zu. Pelagia, in Mitte einer großen Schar prunkvoll gekleideter Diener und Dienerinnen, ritt daher: sie saß einem stattlichen Maultier, das mit einer goldgestickten Scharlachdecke behängt war. Auf ihrem Haupte funkelte ein Diadem von Brillanten, die blonden, mit Goldfäden durchflochtenen Locken umwallten ihren stolzen Nacken. Arme und Hände strahlten von Edelsteinen, selbst die Schuhe waren mit Perlen geschmückt, balsamische Wohlgerüche der feinsten Öle und köstlichsten Salben entströmten ihren Gewändern: so ritt sie nahe an die Kirche heran, warf ihren stolzen Blick auf die Versammlung und setzte mit vergnüglichem Lächeln ihren Triumphzug fort.

Die Versammelten schlugen traurig ihre Augen nieder, nur Nonnus schaute ihr lange nach und fragte dann in bedeutsamem Tone: „Wie, hat Euch eine so große Schönheit nicht gefallen?“ Da er keine Antwort erhielt, fing er an zu weinen und wiederholte die Frage: „Also Euch hat diese seltene Schönheit nicht gefallen? Ich habe sie mit Freuden angestaunt und – bewundert; denn Gott hat sie uns vor die Augen gestellt, um unsere Amtsführung zu beschämen und zu verdammen. Wie viele Stunden des Tages mag wohl dieses Weib verwenden, um sich zu waschen, zu salben, zu kleiden, zu zieren: wie viele Arbeiten, Kosten und Sorgen mag sie haben, all dieses Flitterwerk zu beschaffen und zu bewahren, wie viel Sinnen und Denken, Prüfen und Probieren mag es sie kosten, um den Anzug geschmackvoll zu ordnen und sterblichen Menschen zu gefallen, die heute sind und morgen nicht mehr sind! Wir dagegen haben einen unsterblichen Vater im Himmel, der uns ewige, unvergleichlich kostbarere Schätze zum Lohne verheißt, wenn wir Ihn lieben, Ihm zu gefallen uns bestreben; aber ach, wir sorgen nicht für unsere Seele, zieren sie nicht mit Tugenden, sondern lassen sie in ihrem verwahrlosten, unsaubern Zustande!“ Mit Tränen in den Augen schloß er seine Anrede, ging mit seinem Diakon Jakobus, dem Erzähler dieser Geschichte, in die Herberge und kniete nieder zu langen, inbrünstigem Gebete: „O Jesu, verzeihe mir elendem Sünder, daß der eintägige Schmuck einer öffentlichen Sünderin darin alle Zier, womit ich während meiner vielen Lebensjahre bisher meine Seele geschmückt habe, übertrifft! – Wie darf ich zu Dir aufblicken, wie kann ich mich vor Dir rechtfertigen? Pelagia hat versprochen, den Menschen zu gefallen, und hat es getan mit größtem Fleiß: ich habe versprochen, Dir zu gefallen, und habe gelogen wegen meiner Trägheit…“

Am folgenden Sonntag beim feierlichen Hochamte bat der Patriarch den Bischof Nonnus, die Predigt zu halten. Demütig gehorchte er und predigte von dem schrecklichen Tage des Gerichtes, von den Freuden und von den Leiden in der Ewigkeit so eindringlich, daß alle alle Zuhörer tief erschüttert wurden. Pelagia, welche in ihrer Jugend sich als Katechumene hatte einschreiben lassen, aber seit Jahren um Religion und Kirche sich nicht mehr kümmerte, war an diesem Tage wieder einmal in der Kirche. Des Predigers Worte fielen wie Hammerschläge zermalmend auf ihr Herz. Nach Hause eilend schrieb sie an Nonnus also: „Dem heiligen Schüler Jesu eine Sünderin. Ich habe von von deinem Gott gehört, daß Er wegen der Sünder vom Himmel gekommen, mit den Sündern verkehrt, der sündigen Samariterin am Brunnen sich gnädig geoffenbart hat; auch habe ich gehört, daß du ein wahrer Jünger Jesu seiest: nun, so verschmähe mich nicht, sondern hilf mir den Erlöser zu finden.“ Nonnus schrieb ihr zurück: Wer du auch seiest, dem Herrn bist du bekannt mit deinen Gedanken und Werken: verlangst du aufrichtig, den göttlichen Glauben kennen zu lernen, so komme; aber nur in Gegenwart meiner Brüder, nicht allein, bin ich bereit, dich zu empfangen.“

Freudig eilte Pelagia zur St- Julianus-Kirche, warf sich dem Nonnus öffentlich zu Füßen und flehte weinend: „Mein Herr, ahme deinen Meister Jesus nach, sei mir gnädig und mache mich zur Christin: ich bin ein Abgrund des Lasters, reinige mich durch das Wasser der Taufe.“ Der Bischof hieß sie aufstehen und sprach schonend: „Die kirchlichen Vorschriften verbieten, gewisse Personen zu taufen, wenn keine Bürgen für sie gut stehen gegen den Rückfall in das Lasterleben.“ Pelagia, die keinen andern Bürgen als die Reue des Herzens und die Sehnsucht nach dem Heile hatte, stürzte wieder dem Bischof zu Füßen, küßte den Staub von seinen Schuhen und jammerte: „Nun, so wirst du Rechenschaft geben für meine Seele, für meine Verdammnis, wenn du die Barmherzigkeit Gottes verleugnest, die Gesetze der Menschen befolgst und dich weigerst, mich durch die Taufe zu reinigen und zu einem gottgefälligen Leben einzuweihen.“ Die anwesenden Bischöfe waren von solcher Demut und Zerknirschung gerührt; der Patriarch traf Anstalt zur Taufe, und Nonnus zögerte nicht länger, ihr die Taufe, Firmung und Kommunion zu spenden.

Pelagia brachte nun alle ihre Schätze dem Nonnus uns sprach: „Dies sind die Güter, womit der Satan mich bereichert hat, verwende sie nach deinem Gutdünken, ich will jetzt bei meinem Herrn Jesus reich zu werden suchen.“ Der Bischof verwendete nichts davon für die Kirche, sondern verteilte Alles unter die Armen. Sie schenkte allen ihren Sklaven und Sklavinnen die Freiheit und den noch ansehnlichen Rest ihres Besitzes und – verschwand aus Antiochia.

Bei den frommen Pilgern, welche damals die heiligen Stätten in und um Jerusalem besuchten, erregte eine Person von zartem Aussehen und feiner Gestalt, aber in ein peinigendes Bußkleid gehüllt, durch ihre glühenden Andacht und durch ihre heißen Tränen der Zerknirschung lebhafte Bewunderung. Sie bewohnte auf dem Ölberg eine kleine Zelle mit einem einzigen Fensterlein; nur selten verließ sie diese arme Wohnung, um einige Kräuter zu sammeln und Wasser zu schöpfen zu spärlicher Erquickung bei den angestrengten Kämpfen, Gebeten und Bußwerken am Tage und in der Nacht. Niemand wußte, wer sie war und woher sie kam.

Nach drei Jahren klopfte der Diakon Jakobus am Fensterlein dieser kleinen Zelle. Ein abgezehrtes, leichenblasses Angesicht erschien und fragte leise: „Bruder, was ist dein Begehr?“ Jakobus meldete: „Der Bischof Nonnus sendet dir seinen Gruß in dem Herrn:“ Pelagia erwiderte: „Ich empfehle mich in sein hl. Gebet“, und verschwand. Vor seiner Heimreise klopfte der Diakon nochmals an das Fensterlein, erhielt aber keine Antwort mehr; er schaute hinein und sah eine Leiche am Boden liegen. Eiligst machte er Anzeige davon in der Stadt, kaufte Spezereien und wollte mit einigen Brüdern die Leiche begraben. Auf den ersten Blick erkannte er die im Tode wieder hervor tretenden schönen Züge der „Perle“ von Antiochia. Gott geweihte Jungfrauen von Jerusalem, Jericho und aus dem Jordantal strömten herbei, um ihrer durch die Buße verherrlichten Schwester die letzte Ehre zu erweisen. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 757 – S. 759

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