Die Fröhlichkeit im Kirchenjahr

Das Kirchenjahr in seinen Festen: die Kirche ist geschmückt nicht nur mit dem barocken Hochaltar, Seitenaltar, Kanzel und Statuen, sondern auch mit einem weiß-gelben, von der Decke zu beiden Seiten hin herab fallenden Band und zweier Prozessionsfahnen im Vordergrund

Fröhlichkeit im katholischen Kirchenjahr

Im Vordergrund der Erlösung und des Gottesdienstes steht der Opfertod Christi für die Menschheit, die Gott den Vater beleidigt hat. Für sie gibt Christus, der Sohn Gottes, sein Leben dahin, damit die Menschen von Gott Verzeihung erlangen. Die heilige Messe ist das wunderbare Fortwirken dieses Kreuzesopfers Christi. Um diese Zentralwahrheiten des Glaubens rankt sich die Tausendfältigkeit der Feiern und Erinnerungen in der Liturgie desKirchenjahres. Wir dürfen das Wort „Fest“ freilich nicht vorwiegend in profanem Sinn auffassen. Der Mensch kann in seiner Gedankenwelt, im innern seiner Seele Feste feiern, Höhenstimmungen entzünden, ohne äußere Formen und Sinnenreize nötig zu haben. Aber der Mensch dringt nicht nur von innen heraus, in mystischer Schau vor und hinan zu seinem Gott und zur Erkenntnis der göttlichen Wahrheiten. Der Mensch ist auch an seine Sinne gebunden. Auch diese führen seinen Geist, seine Seele zum Urquell der höchsten Fröhlichkeit, zu Gott hin. Die katholische Fröhlichkeit kann und will sich nicht in abstrakten Gedanken und in mystischer Gottesschau allein erschöpfen. Die Kirche stellt daher das ganze Reich der Sinne und der körperlichen Fähigkeiten in den Dienst des Kirchenjahres. Die Pracht der Farben, das Reich der Töne, der Wohlgeruch der Kräuter, alle Möglichkeiten der Kunst von den herrlichsten Dogmenbildern auf den Altären bis zu den leicht beschwingten pausbackigen Rokokoengelein: Alles muss zusammen wirken zur Ehre Gottes, zur Erfassung der Glaubens-Wahrheiten, als Abglanz der Schönheit Gottes: Geist und Sinne.

Schon die Gotteshäuser, die Kathedralen, Dome, Basiliken, Münster, Kirchen und Kapellen sind prachtvolle Bauten, steinerne Lobredner der Ehre und Schönheit Gottes. In diesen heiligen hallen und Räumen preist kein Priester der katholischen Kirche Gott, ohne angetan zu sein mit besonderen Gewändern, wie es sich eben beim Erscheinen vor dem höchsten Herrn Himmels und der Erde geziemt. Die Paramentenkunst von den Katakomben an bis zur Gegenwart hat hier Kostbarkeiten, farbenglühende und ideenreiche Stickereien geschaffen, so daß diese liturgischen Kleider allein schon als Zeugen des Geistes der Fröhlichkeit im Dienst Gottes auftreten.

Die Kirche hat weiterhin die Farbe ganz in den Dienst ihrer Liturgie gestellt. Was könnte mehr zur Freude, zur fröhlichen Stimmung, zur Heiterkeit des Gemütes beitragen als die Farbe! Wie lieben die Menschen die sonne beim Aufgang und beim Niedergang; wie lieben sie blumige Wiesen, Landschaften im Frühlings-Zauber und im Gold des Herbstes; wie lieben sie farbenglänzende Gemälde. Die Fröhlichkeit ist in der katholischen Kirche sowohl im Erlösungs-Inhalt, wie in der äußeren Erscheinungsweise ei wesentliches Prinzip. Das ist der Grund, warum die Kirche bei ihrer Führung der Menschen der Farbe einen so reichen Anteil einräumt. In altchristlicher Zeit waren bereits weiße, gelbe, kastanienbraune, dunkelpurpurne, blaue und grünliche Paramente in Gebrauch. Heute gelten in der Kirche auf dem ganzen Erdenrund fünf liturgische Farben.

An erster Stelle steht das Weiß. In unserem schwachen Vorstellungsvermögen von der Schönheit und Herrlichkeit Gottes können wir ihn uns nur als Fülle des Lichtes, als reinste Helligkeit ausdenken. Wenn daher die Kirche die höchsten Feste der Anbetung Gottes, das Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, die Feste des „Lichtes der Welt“ feiert, so ist die ganze Liturgie in Weiß getaucht. „Sein Antlitz war wie die Sonne, wenn sie leuchtet mit voller Kraft“ (Offenbarung 1, 16). Weiß ist auch die Farbe an den Festen der Muttergottes, der Engel, der Bekenner, der Frauen und Jungfrauen, am Kirchweihfest, an Allerheiligen und in der Hochzeitsmesse. Wer sich durchringen will zur Reinheit und Vollkommenheit Gottes, der muss helle Pfade wandeln.

Die rote Farbe mit „ihrem warmen, kräftigen, froh belebenden Gefühlswerte“ (Schott) ist in der Liturgie vor allem die Farbe des Blutes und des Feuers. Seit dem blutigen Opfertod auf Golgatha und seit der Herabkunft des Pfingstgeistes in Feuerzungen versinnbildet uns das Rot die Blut vergießende Liebe des Erlösers, die Gottesliebe und die heilige Glut der Opferliebe überhaupt. Rot sind daher die Feste, die sich auf das Leiden und Blutvergießen des Heilandes beziehen: die Kreuzfeste, Pfingstfeste und die Feste der Märtyrer.

Grün ist die dritte liturgische Farbe. Es ist die Farbe der Natur, des verheißungsvollen Frühlings mit seinem Knospen und Sprießen. Die Farbe der Hoffnung. Die streitende Kirche auf Erden ist auch die hoffende Kirche. „Für uns Christen drückt die grüne Kirchenfarbe eine bleibende religiös-sittliche Grundstimmung aus, wir sind der grünende Acker Christi, von dem die Früchte der Tugend und Heiligkeit erwartet werden“ (Schott).Daher ist Grün die Farbe an den gewöhnlichen Sonntagen des Jahres samt den darauf folgenden Wochentagen.

Die Liturgie kennt dann noch die Farben violett und schwarz.

Violett weckt als Übergangsfarbe die Sehnsucht nach den Farben des Lichtes und der Freude. Sie ist daher die kirchliche Farbe der Buße und wird sonach gebraucht in der Advents- und Fastenzeit, an den Vigilien, an den Quatember- und Bitttagen, in den Votivmessen für schwere Anliegen, für Kranke und Verstorbene, bei Buß- und Bittprozessionen.
Schwarz ist der völlige Mangel des Lichtes. Es ist die Farbe der Finsternis, der Nacht, des Todes, der Sünde, des Grabes, des Unglückes, der Trauer. Daher sind am Karfreitag alle Kirchen in diese Farbe gehüllt. Bei Gottesdiensten für die Toten, an Allerseelen legt die Kirche im Mitgefühl der Trauer diese Farbe an.

Im Mittelpunkt des Kirchenjahres steht Jesus Christus. Er ist die geistige und leibliche Sonne am ewigen Horizont der Menschheit. Alle Feste und Festzeiten sind wie Strahlengarben, die von ihm ausgehen. Christus ist die Gnade Gottes an die Menschheit. Im Kirchenjahr ist der ganze Inhalt seiner Erlösung zusammen gefaßt. Das Kirchenjahr ist der lebendige, vergangene und unter uns weilende Christus. Es ist die Wiederholung der Geschichte Christi und seiner Erlösungstat. Das Kirchenjahr ist der Kalender des Himmels. Für die christliche Seele ist es Bekenntnis, Wachstum, Wanderung durch die Geheimnisse und Lehren der katholischen Religion. Die Kirchenfeste sind Stationen der Gnade und der Heiligung. Dem ganzen Kirchenjahr aber mit seiner sinnig verästelten Liturgie liegt zutiefst zugrunde die Fröhlichkeit im Glauben an Christus. –
aus: Hans Rost, Die Fröhlichkeit in der katholischen Kirche, 1946, S. 15- S. 17

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