Heiligenkalender
28. Februar
Der heilige Roman Abt und Ordensstifter
Der heilige Roman stammt aus Burgund in Frankreich. Früh schon erwachte in ihm die Sehnsucht nach einem einsamen Leben; da es aber damals in seinem Vaterland keine Klöster gab, so begab er sich zum heiligen Abt Sabinus nach Lyon, um von diesem eine Anleitung zum einsamen Leben zu erhalten. Nachdem er hinlänglichen Unterricht erhalten hatte, verließ er das Kloster, und suchte nach einem einsamen Ort, um fern von der Welt nach der Anleitung des heiligen Sabinus Gott sein ganzes Leben zu weihen. Lange suchte er, endlich fand er in einer tiefen Bergschlucht des Gebirges Jura ein von hohen schauerlichen Felsen umgebenes Tal, Kondat genannt. In der Mitte des Tales war eine freie Ebene, auf der ein ungewöhnlich großer Feigenbaum stand; er war voll Früchte und seine Zweige und Blätter bildeten eine schattige Laube. Am Fuße des Baumes sprudelte eine reiche Quelle frischen Wassers. Unter diesem Baume schlug Roman seine Wohnung auf. Er hatte sich zwei Bücher mit in die Einsamkeit genommen, nämlich das Leben der heiligen Altväter und eine Unterweisung für Einsiedler vom Abt Kassian. In diesen Büchern nun las er, und nach der Lesung betrachtete er das Leben und Leiden des Heilandes, oder er sang die Psalmen. Mehrere Stunden des Tages verwendete er auf die Bebauung des Bodens um seine Wohnung herum. Sein Schlaf war kurz, und strenge züchtigte er durch Fasten seinen Leib.
Nach einiger Zeit gesellte sich zu ihm sein Bruder, Lupizin, dem er im Traume erschienen war, und der ihn mit Sehnsucht suchte. Obwohl der heilige Roman ein stilles, sanftes Gemüt hatte, dagegen sein Bruder rauh und strenge war, so liebten sie sich doch recht innig und hatten nur ein Verlangen, Gott recht wohl zu gefallen. Dieses heilige Leben der Brüder war dem Satan ein Dorn im Auge; darum ängstigte er sie auf alle mögliche Weise, so daß sie sich entschlossen, den Ort zu verlassen, und anderwärts Ruhe z finden. Auf dem Wege kehrten sie bei einem armen Weibe ein. Als dasselbe ihre Not und ihr Vorhaben vernahm, wunderte es sich, daß so fromme Männer die Nachstellungen des Teufels fürchteten. Die Brüder, beschämt, kehrten sogleich wieder in ihre Einsamkeit zurück und ließen sich in ihrem Eifer nicht mehr irre machen. Nun aber verbreitete sich auch der Ruf von ihrem frommen Leben weit im Lande und es kam eine große Anzahl heilsbegieriger Männer, um mit ihnen ein gemeinschaftliches Leben zu führen. –
Sie waren gezwungen ein Kloster zu bauen, welches später die berühmte Abtei Kondat wurde. Da aber in der Folge das Kloster die Menge der Schüler, die herbei strömten, nicht fassen konnte, bauten sie noch ein Kloster, dem Lupizin als Abt vorstand. In diesen Klöstern herrschte eine strenge Zucht; Niemand durfte Fleisch essen; nur den Kranken war der Gebrauch von Milch und Eiern erlaubt. Wie ein Vater unter seinen Kindern lebte Roman unter den Brüdern und unterschied sich von ihnen nur dadurch, daß er strenger lebte und die Armut am Meisten liebte.
Sein heiliges Leben verherrlichte Gott noch bei seinen Lebzeiten durch große Wunder. Als er einst mit einem frommen Bruder zum Grabe des heiligen Märtyrers Mauritius wallfahrtete, begaben sie sich, von der Nacht überfallen, in eine einsame Berghöhle. Zwei Aussätzige, Vater und Sohn, bewohnten die Höhle. Sie waren gerade ausgegangen, um Holz zu sammeln. Als sie heimkehrten, staunten sie, zwei Männern in ihrer Höhle anzutreffen. Sie entdeckten ihnen ihre schreckliche Krankheit, aber wie sehr verwunderten sie sich, als Roman, statt sie zu fliehen, beide umarmte und küßte und bei ihnen blieb. Früh Morgens verließ Roman mit dem Bruder die Höhle und machte sich auf den Weg. Er war aber noch nicht weit fort, als die beiden Aussätzigen ihm nachliefen und mit Freudentränen dankten, denn sie waren von ihrem unheilbaren Übel vollkommen befreit. In der Stadt Genf, wohin sie der Weg führte, verkündeten die Geheilten laut das Wunder. Der Bischof, die Priester und das Volk gingen daher in feierlicher Prozession dem heiligen Roman entgegen. Allein dieser, dem jedes Lob verhaßt war, entwich, kehrte heimlich in sein Kloster zurück und sperrte sich allda ein, um von Niemandem gesehen zu werden. Bald darauf entschlief er sanft im Herrn, nachdem er dreißig Jahre in der Einsamkeit zugebracht hatte.
Er wird in Einsiedlerkleidung abgebildet, sitzend unter einem Feigenbaum, in geistliche Lesung vertieft. –
aus: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, Bd. 1, 1904, S. 290 – S. 292