Heiligenkalender
8. September
Der heilige Hadrianus Märtyrer
Der heilige Hadrianus war ein Mann von 28 Jahren, aus dem vornehmsten römischen Adel und aus den ansehnlichsten kaiserlichen Hofherren. Er fand sich öfter bei dem Kaiser ein, wenn in dessen Gegenwart die Christen gemartert wurden. Da er nun betrachtete, mit welcher Starkmütigkeit und Freude dieselben auch die grausamsten Peinen erduldeten (im Jahre 303), so machte er den Schluss, eine solche Stärke könne unmöglich von der Natur herkommen, sondern es müsse ein Gott sein, der seine Diener also stärke, und dieser Gott müsse der wahre Gott sein. Seine Überzeugung konnte er nicht länger verbergen, sondern gestand öffentlich: Er sei auch ein Christ, und verlange als ein Christ zu leben und zu sterben. Sobald der Kaiser Maximianus dieses vernommen hatte, befahl er, ihn in den Kerker zu werfen, wo schon 23 andere Christen gefangen lagen. Natalia; die Gattin des Hadrianus, schon lange eine Christin, vernahm die Bekehrung ihres Gemahls mit der größten Freude; sie eilte zum Kerker, fiel ihrem Gatten zuerst um den Hals, dann zu Füßen und küsste die Ketten und Bande, womit er gefesselt war. Dann lobte sie ihn, daß er endlich die christliche Wahrheit erkannt und sich zu derselben bekehrt habe, munterte ihn zur bevorstehenden Marter auf und kehrte wieder nach Hause zurück; denn es wurde ihr nicht erlaubt, länger in dem Kerker zu verbleiben.
Nach wenigen Tagen wurde dem Hadrianus bedeutet, daß er schon von dem Kaiser zum Tode verurteilt worden sei. Er entsetzte sich darüber nicht, sondern erkaufte von dem Kerkermeister um etwas Geld die Erlaubnis, in sein Haus zu gehen und seiner Gemahlin die erfreuliche Botschaft selbst zu bringen, mit dem Versprechen, nach einigen Stunden in der Kerker zurückzukehren. Als er schon auf dem Wege war, sah ihn ein Bekannter und begab sich eilends zu Natalia, ihr die Ankunft ihres Gemahls anzuzeigen. Da kam diese auf den Gedanken, Hadrianus hätte den Glauben an Christus wieder verlassen und wäre deswegen frei gelassen worden. Hierüber entsetzt, ging sie eilends zur Haustüre und schloß ihm dieselbe vor dem Angesicht zu mit den Worten, sie könne und wolle den, der Gott meineidig geworden, nicht mehr für ihren Gatten erkennen. Hadrianus rief ihr zu, sie solle ihn nur anhören; er sei nicht abgefallen, sondern nur gekommen, ihr die fröhliche Botschaft von der bevorstehenden Marter zu bringen. Nun kam Natalia von ihrem Schrecken zurück, öffnete ihm die Türe, fiel ihm zu Füßen, bat ihn um Verzeihung und nach kurzer Unterredung begleitete sie ihn selbst bis in den Kerker, wo sie ihm wieder ans Herz legte und ihn ermahnte, Gott den Herrn inständigst um Gnade und Stärke zur bevorstehenden Marter zu bitten. An dem Tage, da Hadrianus dem Kaiser vorgestellt werden, kam Natalia wieder und sprach zu ihm: „Nun ist es Zeit, mein geliebter Gatte, im Werke zu zeigen, was du dir vorgenommen hast. Denke an Gott. Was du jetzt zu leiden hast, nimmt ein Ende; was dir Gott dafür gibt, dauert ewig. Warst du so tapfer, da du für deinen Kaiser gestritten hast, der dir nur einen zeitlichen Lohn gegeben; was sollst du erst tun für jenen, der dir eine ewige Krone gibt?“ Hadrianus, voll des christlichen Mutes, kam zum Kaiser und bekannte aufs neue freudig und standhaft Christus. Da ließ ihn der Tyrann anfangs mit Ruten geißeln, dann mit Prügeln erbärmlich schlagen und endlich mit eisernen Haken am ganzen Leib zerreißen. Nach dieser Marter führte man ihn wieder in den Kerker.
Natalia war schon mit einigen gottseligen Matronen zugegen, küsste und umarmte ihn auf das zärtlichste; wünschte ihm Glück, daß er den ersten Sturm so mutig bestanden hätte; dann trocknete sie ihm das Blut ab und suchte ihm, so viel sie konnte, Linderung zu verschaffen. Der Tyrann hierüber benachrichtigt, gebot, keinem Weibe ferner einen Zugang zu gestatten. Natalia schnitt sich die Haare ab, kleidete sich wie ein Mann und kam so unerkannt wieder in den Kerker. Bald darauf befahl der Kaiser, sowohl dem Hadrianus als den übrigen Christen Arme und Beine abzuhauen und die Körper zu verbrennen. Der treue Bekenner Christi lobte mit den anderen Gott den Herrn und bereitete sich zu dieser so grausamen Marter. Natalia bat die Schergen, bei ihrem Gatten den Anfang zu machen, damit er nicht etwa durch den Anblick der fremden Martern zaghaft würde. Dann redete sie Hadrianus eifriger als jemals aus Herz und begleitete ihn zu dem Richtplatz. Sie ergriff selbst die Füße ihres Gemahls, legte selbe auf den zubereiteten Block und hielt sie unter beständigem Zureden so lange fest, bis die Schergen sie abgehauen hatten. Ebenso machte sie es mit den Händen. Hadrianus zeigte sich in seiner Marter beharrlich bis zum letzten Atemzug. Hierauf nahm Natalia die abgehauenen Hände und Füße und küsste dieselben mit Ehrerbietigkeit, durfte sie aber nicht mit sich nehmen. Wie es dem hl. Hadrianus ergangen, so erging es auch den anderen.
Nachdem alle ihren Kampf glorreich vollendet hatten, wurden die Leiber und Glieder auf einen Scheiterhaufen geworfen. Es erhob sich aber ein entsetzliches Ungewitter, und das angezündete Feuer wurde vom heftigen Regen ausgelöscht. Auf diese Weise bekamen die frommen Christen Zeit und Gelegenheit, die von den Flammen noch unberührten heiligen Leiber und Glieder in das nächste christliche Haus zu überbringen. Sie erkauften mit vielem Geld die Kleider der heiligen Märtyrer, welche die Schergen schon unter sich geteilt hatten; legten sie samt den heiligen Gliedern und Leibern in ein Schiff, und führten sie von Nikomedia, wo diese heiligen Märtyrer gelitten hatten, bis nach Konstantinopel. Einen Arm ihres Gatten behielt Natalia für sich und bewahrte ihn als eine kostbare Reliquie. Nach einigen Tagen erschien ihr Hadrianus und befahl ihr, sich nach Konstantinopel zu begeben, sich mit einem Heiden verehelichen zu müssen, wie es der Kaiser haben wollte. Natalia gehorchte, kam nach Konstantinopel und diente daselbst Gott einige Zeit auf das eifrigste. Da erschien ihr im Schlaf der heilige Hadrianus wieder und sprach: „Komm, du getreue Dienerin Christi und der Märtyrer! Nimm in Besitz die Glorie, welche Gott dir zubereitet hat!“ Hierüber wachte sie auf, erzählte ihren Traum, schloss dann ihre Augen wieder, als wollte sie schlafen, und entschlief dann auch wahrhaft selig im Herrn.
Verehrungstag der hl. Natalia ist der 1. Dezember –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 718 – S. 720