Delikte von Klerikern gegen das sechste Gebot

 Gesetzbuch der lateinischen Kirche

Wenn Kleriker gegen das sechste Gebot verstoßen

Kanon 2358

Hat ein Kleriker mit niederen Weihen ein Delikt gegen das sechste Gebot begangen, dann soll er der schwere der Schuld entsprechend bestraft werden. Lassen die näheren Umstände es als angebracht erscheinen, dann soll er auch in den Laienstand zurück versetzt werden.

Als Delikte gegen das sechste Gebot gelten bei einem Kleriker nicht nur die Vergehen, die auch an Laien bestraft werden, sondern auch andere, z. B. Jeder geschlechtliche Verkehr, schwer sündhafte Berührungen, Abfassung unzüchtiger Schriften usw. (1)

Über Zurücksetzung in den Laienstand vgl. Kan. 211 § 2.

Liegt der in Kan. 2357 erwähnte Tatbestand vor, dann macht sich ein solcher Kleriker außerdem noch der daselbst erwähnten Strafen schuldig.

Die rechtmäßige Verurteilung, von der in Kan. 2357 § 1 die Rede ist, kann nach Kan. 120 nur durch das kirchliche Gericht erfolgen, sofern nicht durch besondere Übereinkünfte oder durch das Gewohnheitsrecht die Sache anders geregelt ist. (2)

(1) Vermeersch-Creusen, 1. c. n. 560
(2) P. Matthaeus Conte a Coronata, 1. c. n. 2061

Kanon 2359

§ 1.

Lebt ein Kleriker in höheren Weihen im Konkubinat, dann soll er – mag er dem Weltklerus oder einer Ordensgenossenschaft angehören – zuerst ermahnt werden.

Es kommt hier auch der in Kan. 133 § 4 erwähnte präsumierte Konkubinat in Betracht. (1)

Über die Erteilung der Ermahnung vgl. Kan. 2143.

Bleibt die Ermahnung erfolglos, dann soll ein solcher Kleriker durch die Suspension a divinis, durch Entziehung des Einkommens aus dem Amt, des Benefiziums, der Dignität unter Einhaltung der Bestimmungen von Kan. 2176-2181 gezwungen werden, das unerlaubte Verhältnis aufzugeben und das gegebene Ärgernis wieder gut zu machen.

(1) Eichmann, Lehrbuch des Kirchenrechts II, S. 433

§ 2.

Hat sich ein solcher Kleriker mit Minderjährigen unter sechzehn Jahren schwer versündigt, oder sich des Ehebruches, der Notzucht, der Bestialität, der Sodomie, der Kuppelei, der Blutschande mit Verwandten oder Verschwägerten im ersten Grade schuldig gemacht, dann soll er suspendiert, als infam erklärt, jedes Amtes, jedes Benefiziums, jeder Dignität und überhaupt jeder Anstellung enthoben und in schwereren Fällen mit Deposition bestraft werden.

Über Notzucht, Sodomie, Kuppelei und Blutschande vgl. die Erklärung zu Kan. 2357 § 1.

Zum Tatbestand der Blutschande, die hier bestraft wird, ist der erste Grad verlangt, nicht nur wenn es sich um Verschwägerte, sondern auch wenn es sich um verwandte handelt. Die Blutschande in den entfernteren Graden wird in dem folgenden Paragraphen bestraft. (1)

Besonders streng geht die Kirche gegen das sog. „crimen pessimum“ vor, das nach der gegenwärtigen Praxis dem Hl. Offizium reserviert ist und gerichtlich wie die Sollizitatio behandelt wird, nur daß auf Unterlassung der Anzeige (wenn nicht auch Sollizitation in Betracht kommt) keine Exkommunikation gesetzt ist. Es kann jemand aber auch schon vom Naturrecht aus unter schwerer Sünde zur Anzeige verpflichtet sein. – Unter „crimen pessimum“ versteht das Hl. Offizium „quodcumque obscoenum factum externum graviter peccaminosum quomodocumque a Clerico patratum aut attentatum cum persona proprii sexus; vel cum brutis animalibus.“ Es ist auch zu bemerken, daß im Interesse des allgemeinen Wohles das Hl. Offizium die zur Anzeige gebrachten Tatsachen eher streng als milde auslegt. Wenn es sich also um eine äußere Tat handelt, die aus einer rechten Absicht auch ohne sünde geschehen könnte, z. B. eine Umarmung oder einen Kuß, diese äußere Tat aber ohne gerechten Grund gesetzt wird, so wird eine unkeusche Absicht im Handelnden präsumiert. – Wie sich schon aus der Definitio ergibt, wird auch kein „delictum consummatum“ verlangt, sondern es genügt schon ein „delictum attentatum“, so daß der Tatbestand auch vorliegt, wenn die andere Person nicht gesündigt hat. (Lopez in „Periodica de Re Morali, Canonica, Liturgica“ 1938, p. 32)

(1) Vermeersch-Creusen, 1. c. n. 560

§ 3.

Hat sich ein Kleriker in höheren Weihen in anderer Weise gegen das sechste Gebot vergangen, dann soll er der Schwere der Schuld entsprechend bestraft werden. Es kann ihm sogar auch sein Amt oder Benefizium genommen werden, besonders, wenn er ein Seelsorgeamt bekleidet.

Ein Kleriker kann sich in anderer Weise gegen das sechste Gebot vergehen, z. B. durch Fornikation, unsittliche Reden, Schriften, Berührungen, Teilnahme an unsittlichen Veranstaltungen usw. (Eichmann, Strafrecht, S. 194; ähnlich Ciprotti in „Apollinaris“ 1936, p. 413/414)

aus: Heribert Jone O.F.M.Cap., Gesetzbuch der lateinischen Kirche, Erklärung der Kanones III. Band Prozeß- und Strafrecht, 1953, S. 610-612

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