Das unerlässlichste Erziehungsmittel

Ernste Worte an Eltern und Erzieher: betende Kinder vor dem Schlafengehen oder am Morgen

Das unerlässlichste Erziehungsmittel ist ernstes und praktisches Christentum.

Beiträge von Pater Franz Seraph Hattler SJ: Porträt

von P. Franz Seraph Hattler SJ

Zweites Hauptstück. Ein Spaziergang zu dreien.

§ 2. Zur Hauskapelle.

Das erste und unerlässlichste Erziehungsmittel ist ernstes und praktisches Christentum.

Der Leser wird nicht wissen, soll er lachen oder weinen, sich ärgern oder Mitleid haben, wenn er Geschichten hört, wie die folgende eine ist.

Eine Geschichte über einen missratenen Sohn

Es wird kein halbes Jahrhundert her sein, hat draußen in Belgien ein Vater einen Sohn, und mit dem Sohne viel Verdruss gehabt. Der Bub hat zu Haus nicht gutgetan, und außer dem Hause in allerhand Erziehungs-Anstalten auch nicht; er wurde nach kurzer Zeit überall davongejagt. So kam er denn eines schönen Tages wieder als Entlassener zum Vater zurück.

Der Vater schlägt die Hände zusammen und jammert und gebärdet sich gegen den wilden Buben, als wollte er ihm sein letztes Stündlein ankünden. Was soll er jetzt mit ihm anfangen?

Er klagt seine Vaternot nach rechts und nach links, bis ihm endlich wer den Rat gibt, er soll es versuchen, den Wildfang in die Erziehungs-Anstalt da und da hinzugeben, es seien dort Jesuiten, und man höre viel Gutes von ihrer Erziehung.

In der verzweifelten Lage nimmt er den Rat an, aber höchst ungern; warum, werden wir gleich hören.

Er führt also den Jungen zum geistlichen Vorstand der Anstalt, klagt ihm seinen Kummer, erzählt ihm die Bubenstreiche des Söhnleins, und er bitte also, man möge es doch in die Anstalt aufnehmen, er habe von derselben so viel Rühmliches gehört, dass er vertraue, man werde auch seinen Sohn noch zurechtbringen.

Weil das Kind noch nicht zu alt war, meinte der Vorstand, man solle die Hoffnung nicht aufgeben, indessen möge der Vater nur recht einträchtig mit den Vorgesetzten vorwärts gehen und soll inzwischen für das arme Kind recht fleißig beten.

Kaum war das Wort „Beten“ über die Lippen des Rektors, als sich über das Angesicht des Vaters ein Zug ausbreitete, als hätte er bittere Mandeln zwischen den Zähnen. So öffnet er den Mund und spricht: „Ich muss Ihnen schon sagen, Herr Rektor, dass ich dringend wünsche und es zur Bedingung mache, dass Sie meinen Sohn mit allen religiösen Sachen verschonen. Es ist mein Entschluss, ihm in dieser Beziehung keine Richtung zu geben; ist er alt genug, mag er sich nach eigener Überzeugung selbst den rechten Weg erwählen.“

Jetzt war es an dem Herrn Rektor, sein Gesicht bis zum Ausdruck der Verwunderung aufzuspannen und zu sagen: „Mein Herr! da bitte ich, Ihren Sohn nur wieder mit sich nach Haus zu nehmen; unter dieser Bedingung erklären wir uns für unfähig, an Ihrem Sohne was Gutes zu erziehen: denn, offen gesprochen, wenn wir, wie Sie sagen, einige glückliche Erfolge in der Anstalt erzielt haben, ist es nur gelungen, weil wir uns bemühten, unsern Zöglingen wahres Christentum ins Herz zu pflanzen.“

Unterschiedliche Erziehungs-Ansichten

Wir wollen den Ausgang der Geschichte abwarten; inzwischen gibt es für euch Väter und Mütter was zu lernen. So viele und so verschiedenartige Eltern es auch geben mag, in einem Punkte kommen sie alle überein: niemand von ihnen mag Kinder haben, die trotzen, den Eltern fluchen oder sie gar schlagen, sie belügen oder bestehlen, nichts lernen und nicht folgen; alle wünschen brave, gehorsame, aufrichtige, gefällige, fleißige, artige Kinder zu haben.

Kommt es aber darauf an, die Kinder, weil sie von Natur aus das alles noch nicht sind, erst dazu heranzubilden, da weichen die Erziehungs-Ansichten himmelweit voneinander ab; man kann es sehen an dem Herrn Papa da oben und dem Herrn Rektor.

Der eine sagt: „Mein Kind soll brav werden, aber ohne Christentum“; der andere sagt: „Dein Kind kann nicht brav werden ohne das Christentum.“ Wer hat nun recht? Das wollen wir sehen; ich weiß einen unparteiischen Richter, der soll entscheiden.

Ich habe einen Herrn gekannt, der hat allemal in strittigen Sachen die Frage hingeworfen: Ich bitt’, was sagt die Geschichte dazu? Also die Geschichte soll entscheiden; was sagt sie nun auf unsere Frage ?

Der Herr Vater da oben, ein geborener, getaufter Katholik, hat gleich manchen andern Eltern in seinem Hause von Religion selber nichts gewusst und nichts gewollt, kein Morgen- und Abendgebet, kein christliches Zeichen bei Tisch; vom Empfang der Sakramente, vom Besuch der Messe, von Ehrfurcht vor dem katholischen Priestertum keine Spur; der Katechismus durfte sich bei ihm nicht blicken lassen. In dieser Weise, das heißt, konfessionslos, musste auch sein Söhnlein zu Hause „gebildet“ werden.

Schuld trägt mehr der Vater als der Sohn

Was sagt nun die Geschichte dazu?

Die Geschichte sagt, das Büblein sei ganz naturwüchsig geworden, die bösen Keime zur Unbändigkeit, zum Leichtsinn, zum Nichtstun, zum lustigen Leben und demzufolge zum Ungehorsam und zur Lieblosigkeit gegen Eltern und Lehrer und Kameraden, zum Schuldenmachen und zu Geld-Annexionen u.s.w. haben von selbst ausgeschlagen; sie niederzuhalten haben süße Worte und bittere Strafen und Lob und Tadel allein nicht ausgereicht; das siegreiche Mittel der Religion hat man nicht gebraucht, und so ist das Büblein zum Wildfang angeschossen. Nur trägt die Schuld daran weit mehr der Vater als der Sohn; der Sohn ist gewachsen, wie ihn der Vater eben hat wachsen lassen. Das sagt die Geschichte.

Aber man hat es ja gestraft und belohnt, man hat ihm Manier beigebracht, man hat die Schule und die schönen Bücher und gelehrte Dinge an ihm herumbilden lassen! Richtig, und dieses tut man heutzutage in vielen Familien; ja es hat schon Jahrhunderte gegeben, in denen man an der jungen Menschheit alle diese zarten und unzarten Bildungsmittel angewendet hat, wo Kunst und Wissenschaft und Vaterlandsliebe und Begeisterung, öffentliche Schmach und Belohnung zusammengewirkt haben, um ein ehrsames, brauchbares Jungvolk heranzubilden. Das war zu Zeiten der alten Griechen und Römer.

Was war zu Zeiten der Römer und Griechen?

Ist es nun gelungen? Ich bitt’, was sagt die Geschichte dazu?

Die Geschichte macht ein finsteres Gesicht und möchte lieber nichts sagen, sondern am Grabe der leidenden Menschheit, aber zum Heile der Lebenden schreibt sie in die Heilige Schrift die Worte: „Sie taten, was sich nicht geziemte; waren voll von jeglicher Ungerechtigkeit, Bosheit, Unlauterkeit, Habsucht, Nichtswürdigkeit, angefüllt mit Neid, Mord, Zank, List, Tücke; Verleumder, Gottverhasste, Schmähsüchtige, Übermütige, Hoffärtige, erfinderisch in Schlechtigkeiten, den Eltern ungehorsam, unbesonnen, unbändig, sonder Liebe, sonder Treue, ohne Erbarmen.“

Wer ist es, der das schreibt?

Es ist einer, der die alten Griechen und Römer gesehen und gehört hat, Sankt Paulus, und es ist noch mehr, es ist der Geist Gottes, der durch Pauli Feder den Römern und Griechen diesen Grabstein hat sehen lassen. Mit allen den möglichen, rein menschlichen Mitteln ist es also nicht gegangen. Das sagt die Geschichte. Und doch waren die Römer und Griechen nichts weniger als konfessionslos.

Da könnte einer von unseren aufgeklärten Schul- und Gemeinderäten oder Zeitungsjungen mit der Antwort zur Hand sein und sprechen: Was Griechen und Römer! bei ihnen ist’s kein Wunder, dass es so gegangen. Wir aber, wir sind fortgeschritten; bei uns weiß das Schulkind mehr als bei den Alten der studierte Mann; wir haben ganz neue, früher unbekannte Entdeckungen auf allen Feldern des Wissens, der Kunst, der Industrie gemacht, haben die Geister befreit von der Barbarei und dem finsteren Mittelalter, haben — —. Schon gut, mein Herr, schon gut; wir kennen die weiteren Strophen eures alten Liedes schon; — ihr habt — ihr habt alle diese schönen Eroberungen zur Bildung und Erziehung der Jugend verwendet. Aber ich bitt’, was sagt die Geschichte dazu? Ist’s gelungen?

Zur Zeit der Aufklärung

Die Geschichte sagt: es war im vorigen Jahrhundert, also in der Zeit der Aufklärung, da habe man drüben in Frankreich mit Gewalt das Christentum aus den Zeitungen, Büchern, Schulen, Universitäten, aus den Fabriken und den Kanzleien vertrieben und die Lehre von Gott abgeschafft, und habe ganz im neuesten Stil die Kinderzucht eingeführt.

Darüber sei es in kurzer Zeit bei Jung-Frankreich in den Schulen, Fabriken, Kanzleien, Gemeinden, Städten und in der Regierung so toll und voll und unausstehlich bestialisch und teuflisch zugegangen, dass die hohen und höchsten Spitzen des Landes nicht anders mehr zu helfen wussten, als dass sie eines Tages zusammensaßen und demütigst vor der ganzen Welt offene Schuld beteten und bekennen mussten, ohne Religion und Christentum gehe es nicht mehr, und es sei daher ein Dekret zu erlassen des Inhaltes: man habe in Frankreich wieder an ein höchstes Wesen, an einen Gott zu glauben. — So sagt die Geschichte; und sie erzählt dazu gleich das Allerneueste.

Was in Österreich passiert ist

Irgendwo auf dem weiten Erdenrunde, ich glaube, es war in Österreich, habe man die konfessionslose Schule eingeführt, das Schulgebet und die tägliche Schulmesse und den öfteren Empfang der Sakramente und den Religionsunterricht teils abgeschafft, teils deren Abschaffung beantragt. Darüber haben die Kinder da und dort den Geistlichen in der Schule grob behandelt und ausgelacht in Gegenwart und zur Ergötzung des fortschrittlichen konfessionslosen Herrn Schullehrers. Als aber des andern Tages dieselben Jungen demselben Herrn Schullehrer dieselbe Komödie aufführten, auch ihn verhöhnten und ihm dann ins Gesicht sagten: „Du darfst mich nicht strafen“, — da war der Herr Lehrer in der Höhe, das Feuer auf dem Dache.

Ei, wozu denn das Geschrei, Herr Schulhalter? wozu das saure Gesicht? Sie haben sich ja gestern die Suppe selber gesalzen, essen Sie dieselbe heute nur aus! guten Appetit wünsche ich; es wird hoffentlich gut anschlagen.

Nur so fort und noch rascher und energischer die Schule von der Kirche getrennt; desto eher kommt dann der Tag, und da sitzen wieder einmal die österreichischen Meisterlein groß und klein, dick und dünn, mit und ohne Augengläser beisammen zum „Lehrertag“ in Wien, geben die traurigen Selbstbekenntnisse ihrer schönen konfessionslosen Seelen ab, und beschließen nicht ohne vieles Widerstreben, aber doch aus Liebe zu ihrem Leben und zu ihrer eigenen Existenz: „man habe in Neu-Österreich das Schulgebet und die Schulmesse und den Religionsunterricht und die Teilnahme an der Fronleichnams-Prozession auf allerhöchsten Befehl wieder einzuführen“. Und zum Schluss der Sitzung fingen sie dann den rührenden Chor, wo es heißt:

„Ich möchte lieber Sauhirt sein, im Winter wär man frei.“

So habe ich Anno 72 geschrieben: und seitdem ist in Bayern, in Österreich, sogar in Preußen teilweise bereits eingetroffen, was ich damals prophezeit habe, ohne auch nur eine Ader von einem Propheten zu haben.

Der Grund: Weil man gottlose Grundsätze in den Schulen lehrt

Wie ist das nur so schnell gekommen? Sehr einfach! Man hat in den Schulen gottlose Grundsätze vorgetragen, und daraus ist natürlich Gottlosigkeit in den jungen Leuten herangewachsen. Und wer Gott nicht fürchtet, was soll der einen Menschen fürchten?

Und so haben die jungen Leute sich auch über die gekrönten Häupter gewagt und ihr Leben unsicher gemacht. So geschehen in Preußen und Russland.

Die Rede von Kaiser Wilhelm I. nach dem Attentat

Darüber sind nun den Herren doch ein wenig die Augen aufgegangen und haben darüber scharfe Worte losgelassen. Ich lese gerade in einer Schrift wie folgt:

„Noch waren die liberalen Lobpreisungen und Selbstberäucherungen der modernen Schulen überall im Schwunge, als die bekannten nichtswürdigen Attentate auf das Leben des Kaisers Wilhelm erfolgten. Das ernste Wort, welches damals der Kaiser auf die Glückwünsche der Minister erwiderte, war die Mahnung, dafür zu sorgen, dass dem Volke die Religion erhalten bleibe. Und als die Lehrer durch eine Deputation ihre Glückwünsche dem Heldengreise zu Füßen legten, da sprach der Kaiser die bedeutungsvollen Worte:

„Bei den warmen Gefühlen, wie sie für mich in der eben gehörten Adresse zum Ausdruck gebracht sind, darf ich von der Lehrerschaft der Berliner Gemeindeschulen erwarten, dass dieselbe auch der Jugend die Augen öffnen wird über unsere Zeit, in der die Widersetzlichkeit gegen die Obern und Vorgesetzten so weit um sich gegriffen hat, dass sie sich sogar gegen den Thron richten konnte. Die Anhänger jener Partei haben hier seit den letzten Jahren die Zahl von 58000 erreicht; diese nehme ich von der Million hiesiger Einwohner, die mir bei meiner Rückkehr einen so herzlichen Empfang bewirkt hat, aus.

Aber nicht bloß bei uns, sondern bei allen zivilisierten Nationen, namentlich in Europa, das ja die zivilisiertesten Völker und Institutionen besitzt, hat sich das verderbliche Streben jener Partei gezeigt. Wenn die traurigen Verhältnisse, die mich betroffen, dazu beigetragen haben, dies unserem Volke zum Bewusstsein zu bringen, so will ich, wie ich es schon bei meiner Ankunft ausgesprochen habe, gern dafür geblutet haben. Die neue Gesetzgebung wird, wie ich hoffe, vieles zur Besserung der jetzigen Zustände, die ich schon vor zehn Jahren vorausgesehen, beitragen. Vieles muss aber auch in dieser Beziehung durch Erziehung und Unterricht der Jugend geschehen.

Auf die Quantität (Menge) des Wissens kommt es dabei weniger an. Es wird jetzt in der Schule ja vieles gelehrt, doch darf das nicht hintangesetzt werden, was für die Erziehung von besonderer Wichtigkeit ist; dahin gehört vor allen Dingen die Religion, Ihre wichtige und schwere Aufgabe ist es daher, die Jugend in wahrer Gottesfurcht zu unterweisen und mit Achtung vor den heiligen Gütern zu erfüllen.“

siehe zum Attentat auch: Attentate auf Kaiser Wilhelm I.

Das Attentat auf den russischen Zar Alexander II.

In ganz ähnlicher Weise hat der Kaiser von Russland nach dem furchtbaren Attentat auf der Eisenbahn den Vertretern der Stadt Moskau gegenüber sich ausgesprochen: „Der aufrührerische Geist muss ausgerottet werden. Ich wende mich daher an Sie und an alle Wohlgesinnten behufs Vertilgung des Übels, welches Wurzel gefasst hat; ich wende mich namentlich an die Eltern: Führet eure Kinder den Weg der Wahrheit und des Guten, damit keine Bösewichte, sondern nützliche Menschen und gute Bürger herangezogen werden.“ (1)

(1) Während der Drucklegung der ersten Auflage dieses Buches haben die Bösewichte den abscheulichen Kaisermord begangen!

Siehe auch den Beitrag zum Attentat auf Wikipedia: Stichwort Alexander II.

Das sagt also die Geschichte und schlägt allen denen einen festen Schlag ins Gesicht, die da behaupten, auch ohne Christentum sei es möglich, ein Kind dauerhaft gut zu erziehen.

Gelingt dem Christentum eine gute Erziehung?

Gelingt es aber mit dem Christentum?

Geduld, wir wollen auch das sehen. Das Christentum ist nicht von heute oder gestern, sondern ist uralt und hat also seine Geschichte, und darum wollen wir auch da wieder fragen: Was sagt die Geschichte dazu?

Mit den Menschengeistern ist es wie mit der Natur, sie können ihre vier Jahreszeiten haben; und darum können sie auch winterlich gefrieren, dass es einem schon kalt wird, wenn man von ihnen erzählen hört. So winterlich eisig war es durch Jahrtausende hindurch überall, wo das Christentum nicht seinen milden Sonnenschein hingegossen. Wir haben oben Sankt Paulus gehört. Wo aber das Christentum vom Menschen aufgenommen worden, da ist es Ostern und Pfingsten in den Geistern geworden. Wer das leugnen will, hat nie ein Blatt der Geschichte vernünftig gelesen und ist selber noch auf dreißig bis fünfzig Grad unter dem Eispunkt gefroren. Ich will nur an ein und anderes erinnern.

Wo zum Beispiel früher im Heidentum die eisigste Kälte die Menschen entzweit hatte, dass sie einander wie reißende Tiere verfolgt, getötet, gelästert, betrogen haben, hat das Christentum so frühlingslinde Liebe ausgegossen, dass die Heiden selber zueinander von den Christen sagten: Seht, wie sie einander lieben! Und wo sonst die Gelehrten selbst in den wichtigsten Anliegen des Menschengeschlechtes in den tiefsten Irrtümern und in gänzlicher Unwissenheit gelebt haben, ist es jetzt ein Christenkind, das sie eines Besseren belehren könnte. Sankt Paulus hat beides gesehen und erlebt, Irrtum und Wahrheit, und erzählt denen von Ephesus ihre Geschichte vor mit den Worten: „Nacht seid ihr gewesen; durch den Herrn aber seid ihr Tag geworden.“ Das sagt die Geschichte.

Die Geschichte des heiligen Bischofs Cyprian

Und die Geschichte weiß ferner von einem Mann, der in der Geschichte seines eigenen Lebens die Geschichte der Welt erzählt:

„Ich bin“, sagt er, „im Dunkel gesessen und in finsterer Nacht und bin auf den Wogen dieses Lebens hin und her geworfen worden ohne Licht und ohne rechtes Verständnis der Dinge. Da hörte ich das Rettungswort, das mir die göttliche Erbarmung zuflüsterte, als eine harte und unerträgliche Forderung. Von neuem geboren werden, ablegen, was man früher gewesen, wie ist das möglich? Sagte ich. Dass die Natur ihr stürmisches Begehren einstelle, dass das Gastgelage keinen Reiz, ein glänzendes Gefolge keinen Wert mehr habe, dass der Hochmut sich nicht erhebe, der Zorn nicht mehr auflodere, die Habgier ruhe, der Ehrgeiz nicht verlocke, die Genusssucht nicht mehr fortreiße, wie ist das möglich?

So dachte ich bei mir, und an meinem Besseren verzweifelnd, gab ich mich den mir anhaftenden Lastern hin. Nachdem aber mit Hilfe des fruchtbaren Wassers die Makel des früheren Lebens abgewaschen und das Licht von oben in das ausgesöhnte reine Herz ergossen, — da wich aller Zweifel, das Verschlossene öffnete sich, das Finstere hellte sich auf, leicht ward, was früher schwer schien, und ausführbar, was ich für unmöglich gehalten.“ So erzählt der heilige Bischof Cyprianus von sich.

Und die Geschichte sagt weiter, in tiefen Urwäldern von Südamerika hätten vor 300 Jahren viele und große Völkerstämme gewohnt, aber wild und ausgelassen und Menschenfresser ohne Wissen und ohne Funken von Bildung. Da sind katholische Missionare hingegangen und haben das Christentum gepredigt, und in einiger Zeit sind die Wilden zahm, die Menschenfresser sanft und gutmütig und gebildet geworden. Das sagt die Geschichte.

Wie ging es weiter mit dem Büblein aus Belgien?

Und sie sagt auch noch etwas von dem belgischen Büblein, von dem wir oben erzählt. Der Herr Rektor hatte nämlich aus der Rede des Papas entnommen, dass derselbe, nämlich der Herr Papa, weit mehr noch die Zucht brauche als sein Söhnlein, und nahm ihn darum sanft, aber fest in die Schule und redete ihm zu, woher es gekommen, dass der arme Kleine so missraten sei. Der Kummer, den der Vater wegen des Buben hatte, machte sein Herz gerade so viel weich, dass er den wohlgemeinten Rat des Geistlichen gut aufnahm und zuletzt sagte: „Nun, meinetwegen, tun Sie, Herr Rektor, mit meinem Sohn, was Sie wollen, aber machen Sie ihn mir zu einem braven und brauchbaren Menschen.“

Der Vater geht, der Sohn bleibt, und ein Jahr geht herum, und der Sohn ist nicht entlassen worden, und es geht noch ein Jahr herum, und der Sohn lernt fleißig und wird gehorsam und brav, und schließlich war der Vater dem Herrn Rektor ungeheuer dankbar.

Das sagt die Geschichte: was ohne Christentum nicht gegangen, ist mit demselben gelungen; der eisige Boden des Knabenherzens ist aufgetaut und hat Ostergewand angezogen; Alleluja!

Das Christentum hat Gnadengaben für die Erziehung

Das unerlässlichste Erziehungsmittel: Kinder beten vor einem Kruzifix

Und so tut das Christentum überall, wo es dem Kind in sein Herz leuchtet, und wo das Kind es nicht böswillig ausstößt. Das Christentum hat große, ergreifende Wahrheit, die sonst kein Menschenverstand erfinden kann; das ist Licht, und dies Licht weist auf ein Vaterland hinüber ins Jenseits und sagt dem Menschen: Du bist Gottes Kind, führe dich gut auf, dass du hinüber kommst und ewig glücklich werdest. Diese Wahrheit lockt aufwärts und macht süßes Heimweh, und man setzt die Füße in Bewegung und geht. Aber man ist zu schwach.

Das Christentum hat aber Gnadengaben und Mittel, die sonst außer ihm nicht gefunden werden; der Genuss derselben is stärkendes Brot und Lebensmark und gibt Ausdauer auf dem Marsch ins Vaterhaus über den Sternen drüben.

Fragt mich darum jemand, was zu tun sei, um das Kind zu dem zu machen, was es nach Gottes Willen und nach dem tieferen, stilleren, besseren Sehnen seines eigenen Herzens werden soll, aufrichtig, liebevoll, gehorsam, treu, fleißig, starken Willens, ein tüchtiger Charakter, so sage ich klar und wahr: Das erste und wichtigste und unerlässlichste Mittel der Kinderzucht ist ernstes Christentum.-
aus: Franz Hattler SJ, Ernste Worte an Eltern, Lehrer und alle Kinderfreunde, 1901, S. 55 – S. 64

Überschriften hinzugefügt.

Der erste Teil der Reihe über Hattlers ernste Worte: Ernste Worte an Eltern und Erzieher

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Tags: Katholik

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