Andacht zum leidenden Herzen Jesu

Die Andacht zum leidenden Herzen Jesu

Jesus kniet im Ölgarten, ein Engel reicht ihm den Kelch, im Vordergrund liegen die drei Jünger und schlafen

Das Herz Jesu am Ölberg

Mit inniger Teilnahme, o göttlicher Heiland, gedenke ich Deiner Leidensstunden in der Todesangst-Grotte. Hier hat das Martyrium Deines lieben Herzens begonnen, da Du es geistiger Weise schon alle Bitterkeiten durchkosten ließest, die Du bald wirklich an Deinem heiligsten Leibe und Deiner reinsten Seele durchmachen solltest. Hier wurde Dein Herz beladen mit dem Fluch aller Sünden; hier empfand es die Schuld aller Frevel und Verbrechen; hier trank es aus dem Kelch der Schmach und Verunehrungen bis zum bittersten Bodensatz. Es wurde durch die Sünden der Lüsternheit aller Menschen hier gegeißelt, durch ihren Stolz mit Dornen gekrönt, durch ihre Habsucht beraubt, durch ihren Undank gekreuzigt. Ach, welch tiefes, schneidendes Weh hat, o Jesus, in jenen Stunden Dein liebes Herz empfunden, so daß es vor Angst und Qual krampfhaft zusammen zuckte und Dein kostbares Blut gewaltsam durch die Haut heraus gepreßt wurde. Von blutigem Todesschweiß gerötet, liegst Du dort in dunkler Nacht einsam und verlassen und ringst in heißem Gebet mit deinem Vater, bis endlich das für uns unendlich tröstliche Wort über Deine Lippen kam: „Vater, nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!“
In Todesnot betendes Herz Jesu, ich will in Deiner Einsamkeit Dich trösten und mit Dir trauern über meine und aller Menschen Sünden. Ich will Dir Gesellschaft leisten in Deinen Ölberg-Stunden, indem ich in Leiden und Heimsuchungen wie Du beten und sprechen will: Vater, nicht mein, sondern Dein Wille geschehe! Gib mir, o Jesus, um Deines blutigen Angstschweißes willen diese Unterwürfigkeit und Hingabe an den heiligen Willen Gottes, diese heilige Übereinstimmung mit den Gesinnungen Deines göttlichen Herzens. Amen.

Jesus halbnackt gefesselt an der Geißelsäule stehend, wird von drei seiner Peiniger gleichzeitig mit Geißeln geschlagen, während andere Peiniger sich erfrischen und ausruhen; sie werden dann ihre Kameraden ablösen , um den Heiland weiter zu geißeln

Das Herz Jesu während der Geißelung

Ach, welch einen Anblick bietest Du, mein Heiland, an der Geißelsäule! Öffentlich und unschuldig wirst Du der entehrendsten und niedrigsten Strafe ausgesetzt. Rohe Henker reißen die Kleider von Deinem heiligsten Leib, binden Dich wehrloses Gotteslamm an eine Säule und beginnen mit teuflischer Wut, angefeuert durch das Rachegeschrei der Haß verzehrten Pharisäer, Dich mit scharfen Geißeln zu zerfleischen. Du zuckst und zitterst, bebst und wimmerst unter den grausigen Schlägen und Qualen. Keine heile Stelle ist mehr an Dir, Dein göttliches Blut fließt in Strömen, Wunde klafft an Wunde, und die zischenden Geißelhiebe werden noch übertönt von den Spottreden Deiner Feinde. Ach, wer kann die ganze Größe dieser Schmach und dieser Qual erfassen!
Lieber Jesus, armer Jesus! Was muss Dein reines und zartes Herz in dieser Geißelstunde empfunden haben. O blutende Liebe des göttlichen Herzens, wie weit bist Du in Deiner Buße für unsere Sünden gegangen. Hier zahlst Du mit Deinem Blut und Deiner Ehre die Sünden unserer Sinnlichkeit, Weichlichkeit, alles unabgetötete, genußsüchtige, lüsterne Treiben der Menschen. Reinstes Herz Jesu, des Sohnes der makellosen Jungfrau, wie eindringlich verkündest Du an der Geißelung den Wert und die unersetzliche Notwendigkeit heiliger, ernster Zucht und Reinheit. Du hast mit Strömen Blutes die Schuld unserer Vergangenheit abgewaschen und gesühnt. O gib uns auch innige Liebe zur zur schönsten Tugend, zur heiligen Unschuld; gib uns den Willen beharrlicher Abtötung und Selbstzucht, ohne die keine Treue in der heiligen Herzens-Reinheit Bestand hat. Amen.

Jesus sitzt, von der Geißelung noch geschwächt, vor seinen neuen Peinigern, die ihm die Dornenkrone auf das Haupt setzen; andere verspotten Ihn, spucken Ihn an und schlagen Ihn

Das Herz Jesu bei der Dornenkrönung

Jesus, König meines Herzens, wie erbarmungswürdig bist Du anzuschauen in Deiner Dornenkrone. Ach, wie erschütternd ist die Beschreibung dieses Anblicks, den Deine liebe Mutter einst der heiligen Brigitta davon gegeben hat: „Die Dornenkrone wurde meinem Sohne fest auf das Haupt gedrückt, und sie reichte bis zur Mitte seiner Stirn herab. Sehr viele Bächlein Blutes liefen aus den Wunden, die die eingedrückten Stacheln verursachten, über sein Angesicht herab und füllten die Haare, die Augen und den Bart so daß alles nur Blut zu sein schien, und daß er mich, die ich beim Kreuze stand, nicht sehen konnte, außer wenn er durch Zusammendrücken der Augenlider das Blut auspreßte.“
Ach, mein Jesus, diese Krone war nicht nur um Deine Stirn, sie war auch um Dein liebes Herz gewunden. Dieses Herz hat den unsäglichen Hohn, der in dieser Spottkrönung lag, aufs tiefste gefühlt, es wurde Deine göttliche Königswürde lächerlich gemacht und Du selbst ein Gegenstand rohen Henkerspottes, um alle unsere Sünden der Ehr- und Ruhmsucht, des Stolzes und der Selbstüberhebung zu sühnen. Deine Dornenkrone lehrt uns den Wert der Demut; die Schmach Deines so tief erniedrigten Herzens verurteilt unsere Eigenliebe und Gefallsucht. Präge, o göttlicher Heiland, das Ecce-Homo-Bild und das Bild Deines dornumwundenen Herzens unauslöschlich unserm Gedächtnis und unserm Herzen ein. Du sollst allein unser Ruhm und unsere Ehre sein. Wir wollen nach Deinem Beispiel hienieden die Dornenkrone der Entsagung und Selbstverleugnung tragen, damit wir einstens mit Dir zur Krone der ewigen Herrlichkeit gelangen. Amen.

Das Herz Jesu während der Kreuztragung

Welch ein Schauspiel bietest Du, o Jesus, mit der Kreuzeslast auf Deinem Todesgang, Du bist so entstellt, so matt, so müde, so ganz in Weh und Not versenkt. Und dennoch weigerst Du Dich nicht, sondern läßt Dich mit der Kreuzesbürde beladen. Du bist trotz aller Wunden und Entstellungen Gottessohn und des Vaters Eingeborener, und trotzdem trägst Du willig das Holz der Schande durch die gaffende, herzlose Volksmenge und gehst zwischen zwei Verbrechern zur Richtstätte, um ihr Los zu teilen. Das Kreuz brennt auf Deiner wunden Schulter, ach, es brennt noch mehr in Deinem lieb- und leidvollen Herzen. Dieses Herz muss den größten Teil der Leidenslast tragen, all die Schmach und Schande fühlen, den Undank für seine verkannte und verratene Liebe, der durch alle Jahrhunderte fortgesetzt wird. Dieses Herz denkt an den endlos langen und unsäglich schmerzlichen Kreuzweg, den es in der heiligen Eucharistie durch die kommenden Zeiten gehen muss, wo es auf den Altären und an den Kommunionbänken so unendlich viel Verkennung, Unehre, Beleidigungen und Kränkungen aller Art erdulden muss. Das ist der schmerzlichste Teil vom Kreuzweg meines Jesus, und den hat sein liebes Herz ganz allein mit all seinen Bitterkeiten durchkosten müssen.
Dieses Kreuzweg-Gehen Deines lieben Herzens, o Jesus, soll mir vor allem Geduld und Ergebung auf dem Kreuzweg meines Lebens verdienen. Auf Deinen bitteren Leidensweg hindeutend, ladest Du mich ein: Nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach! Wie könnte ich Deinem Beispiel widerstehen! Du hast dadurch Dein Joch süß und Deine Bürde leicht gemacht. Ja, ich will Dir folgen; denn ich fühle es, nur in der Geduld werde ich meine Seele besitzen, nur in der Geduld Ruhe finden für meine Seele. Amen.

Jesus Christ hängt am Kreuz; rechts vor ihm sitzt Longinus auf seinem Pferd, links stehen Maria und Johannes; im Hintergrund sieht man die Schergen und Juden fortgehen

Das Herz Jesu im Tode

„Er hat mich geliebt und sich für mich dahin gegeben“, so muss ich, meine gekreuzigte Liebe mit Deinem Apostel sprechen. (Gal. 2, 20) Ja, die Liebe Deines Herzens hat Dich gedrängt, o Jesus, zu einem immer währenden, rührenden Opferleben für mich. Alles hast Du zum Opfer gebracht: Deine göttliche Würde, Deinen guten Namen, alle Deine heiligsten Gefühle, Dein kostbares Blut, Deine liebe Mutter, Dein unendlich wertvolles göttliches Leben. Doch Deine Liebe findet selbst im Tode noch keine Genüge. Du rufst gleichsam die Lanze des Soldaten herbei, damit sie Dir helfe, die Schatzkammer Deines Herzens, das Allerheiligste Deines Leibes, zu öffnen, die letzten und kostbarsten Tropfen Deines Blutes zu vergießen und uns in dieser wunderbaren Arche des neuen Bundes eine sichere Zufluchtsstätte zu bereiten. O verblutendes Herz Jesu, wie rührend und ergreifend ist doch Deine Liebe! O heiligste Wunde an diesem süßen Herzen, Du bist ein Mund, ein göttlicher Herold, der mir verkündet, wie groß und stark, wie breit und tief, wie reich und mächtig die Liebe meines Heilandes ist. Nun ist die Quelle aller Gnaden und Segnungen erschlossen; nun strömt der göttliche Brunnen der berauschenden Liebe; nun loht der Altar mit dem himmlischen Feuer, das mein Heiland in die Welt gebracht, und von dem er will, daß es auch unsere Herzen erfasse und mit Gottesliebe entflamme. So eilen wir denn zu Dir, Du offenes Gottesherz; unser Heil, unser Leben, unsere Liebe bist du ganz allein. Fern sei es von mir, mich zu rühmen außer im Herzen meines Jesus, das mich geliebt und sich für mich dahin gegeben hat. Aus diesem Herzen will ich schöpfen Verzeihung meiner Sünden, Erquickung im heißen Streit des Lebens, Kraft und Treue im Dienst Gottes, Mut in Leiden und Finsternis, Hoffnung für die Sterbestunde und selige Freude für die ganze Ewigkeit. Amen. –
aus: Hermann Fischer SVD, Herz-Jesu-Segen Gebet und Kommunionbuch, 1920, S. 536 – S. 544

danach folgt: Die Litanei vom Leiden Christi

Grablegung

Jesus wird nach der Abnahme vom Kreuz von seinen getreuen Jüngern zu Grabe getragen; hinter ihnen gehen Seine zu Tode betrübte und schmerzensreiche Mutter Maria und andere weinende Frauen

Die Textbilder sind aus: Franz Hattler SJ, Das Haus des Herzens Jesu, Illustriertes Hausbuch für die christliche Familie, 1911

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