Heldenmütiger Akt der Liebe
Für die Armen Seelen zu ihrem Trost
Der heldenmütige Liebesakt besteht nach der Raccolta darin, daß man alle seine Werke der Genugtuung während des Lebens und alle Hilfe, die uns etwa nach dem Tode zugewendet wird, der göttlichen Majestät freiwillig darbringt zugunsten der armen Seelen im Fegefeuer.
Viele Gläubige und Verehrer Mariä haben die lobenswerte fromme Gewohnheit befolgt, welche im achtzehnten Jahrhundert von dem P. Kaspar Oliden aus dem Theatiner-Orden eingeführt oder wenigstens weit verbreitet wurde: nämlich diese Genugtuungswerke und sühnende Hilfe gleichsam in die Hände der seligsten Jungfrau niederzulegen, damit diese liebevolle Mutter dieselben zugunsten jener armen Seelen verteile, welche sie schneller aus den Peinen des Fegefeuers erretten will.
Durch diese Darbringung treten wir jedoch von unseren guten Werken usw. nur jene Frucht oder jenen geistlichen Nutzen ab, welche uns davon persönlich zukämen, so daß die Priester dadurch nicht gehindert werden, das heilige Messopfer nach der Meinung jener darzubringen, welche ihnen das Stipendium dafür gegeben. Ebenso hindert jene Schenkung nicht, für sich selbst, für die Eltern zu beten, die gewöhnlichen frommen Übungen zu verrichten usw.; denn nur der Genugtuungswert aller dieser Werke wird durch diese Aufopferung den armen Seelen zugewendet oder geschenkt. Die Früchte des Verdienstes und der Bitte bleiben uns immer, weil das Verdienst anderen nicht mitgeteilt werden kann, und auch die Früchte der Bitte für uns oder andere von dem Genugtuungswert verschieden und unabhängig sind.
P. Theodor. a Sp. S. beweist, es sei besser und lobenswerter, die Ablässe und alle anderen Genugtuungswerke den armen Seelen zu überlassen, auch wenn man selbst durch viele Sünden sich vieler zeitlicher Strafen schuldig gemacht: weil darin nämlich eine größere Liebe sich zeige, die sich, um anderen zu Hilfe zu kommen, selbst des Notwendigen entäußert…
Jener Liebesakt gegen die armen Seelen sei somit der Liebe gegen Gott und gegen den Nächsten ganz entsprechend, vermehre aber außerdem in uns die Liebe und das Verdienst für das ewige Leben, und das sei viel höher zu schätzen als die größte Nachlassung zeitlicher Strafen, die man sich in diesem Leben versprechen könne.
Wir dürfen also nicht befürchten, durch diesen Liebesakt uns zu beeinträchtigen; im Gegenteil, wir gewinnen dadurch, denn: a) wenn wir auch auf den Genugtuungswert für uns verzichten, so erwerben wir uns doch dadurch die besondere Liebe der allerheiligsten Dreifaltigkeit, der allerseligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen, und haben alsdann die Verheißung Christi für uns: „Ein gutes, eingedrücktes, gerütteltes und aufgehäuftes Maß wird man in eueren Schoß geben“; b) wir verpflichten uns dadurch gar sehr die armen Seelen selbst, die dann im Himmel für uns sorgen und sich bemühen werden, daß wir selbst entweder gar nicht ins Fegefeuer kommen oder doch bald daraus befreit werden.
… es genügt vielmehr der bloße Willensakt und die nur innerlich gemachte Aufopferung, um der Ablässe und Privilegien teilhaftig zu werden. Dieser Willensakt kann übrigens von den Gläubigen, die ihn gemacht haben, jederzeit widerrufen werden.
Man kann sich für diesen Akt dieses Ablassgebetes bedienen. –
aus: Franz Beringer, Die Ablässe, ihr Wesen und Gebrauch, Erster Band, 1915, S. 417 – S. 419