Wißt ihr nicht daß ihr nicht euch gehört?

Die Liebe zu Jesus Christus: Zwei Engel halten das Schweißtuch Jesu in den Händen

Wißt ihr nicht, daß ihr nicht euch gehört?

 15. März

An nescitis, quoniam non estis vestri? Emti enim estis pretio magno.
„Wißt ihr nicht, daß ihr nicht euch gehört? Denn ihr seid um einen hohen Preis erkauft.“ (1. Kor. 6, 19)

1. Betrachte, wie wahr es ist, daß du nicht dein bist, weil du von dem Herrn um den höchsten Preis, mit seinem kostbarsten Blut, erkauft bist. Welch großes Unrecht tust du ihm also an, wenn du nach Willkür über dich verfügst! Jene Augen sind nicht dein, diese Ohren sind nicht dein, jene Zunge ist nicht dein, und so alles Übrige. Wie kannst du also zweifeln, Alles nur zum Dienste Desjenigen anwenden zu müssen, dem du selbst gehörst?

2. Erwäge die Wohltat , die dir Gott erzeigte, als er dich zu erlösen sich herabließ. Bedurfte er etwa deiner? Oder war er ohne dich nicht ebenso glückselig, ebenso glorreich, ebenso groß? Bloß zu deinem Besten hat er dich erlöst, um dich zu befreien von der Gewalt des Satans, dieses Tyrannen und Verräters: „Den Armen hat er befreit von dem Mächtigen.“ (Ps. 71, 12) Den Armen, sage ich, von dem er nichts hoffen konnte.
Betrachte doch diese seine Handlungsweise etwas näher. Sonst fragt man denjenigen, der zu einem andern Herrn übertrat, zuerst, ob er wieder zu seiner früheren Dienstherrschaft zurückkehren wolle, und dann kauft man ihn los. Der Herr aber hat dich zuerst losgekauft, und dann fragt er, ob du zu seinem Dienste zurückkehren willst: „Kehre zurück zu mir, weil ich dich erlöst habe.“ (Is. 44, 22) Wer sieht also nicht, wie sehr auch in diesem Betracht die Verpflichtung wächst, daß du nicht dir angehören wollest?

3. Betrachte die verschwenderische Liebe, die der Herr bei deiner Erlösung bewiesen hat. War es denn nicht hinreichend, wenn er nur einen Tropfen Blutes vergoß? Und doch hat er alles vergossen, nicht einen Tropfen zurückbehalten.

Wenn du sähest, wie ein Edelstein um tausend Gulden käuflich wäre, und der Käufer dafür zehntausend gibt; glaubtest du nicht, er sei närrisch vor Freude, daß er in den Besitz dieses Edelsteines kommt? Was wirst du nun von Jesus halten? Er konnte dich auch ohne Blutvergießen, durch bloße Tränen, durch eine Bitte vom Vater erhalten, denn es ward ihm ja gesagt: „Verlange von mir und ich will dir zum Erbe die Völker geben.“ (Ps. 2, 8) Siehe, wie er dich als Erbschaft erhalten konnte – gewiß die leichteste Erwerbsart. Man braucht dabei nicht zu arbeiten, noch zu schwitzen; sie kommt Manchem in Schlafe zu. Christus aber wollte, um dich zu erwerben, sein Leben unter den bittersten Qualen hingeben. Wer könnte demnach noch zweifeln, daß du um einen hohen Preis erkauft bist? Und doch weigerst du dich, sein zu sein?

4. Betrachte, daß du nun den festen Vorsatz fassen musst, dich, ohne alle Rücksicht auf eigenen Vorteil, ganz für die Ehre Gottes zu opfern. Wenn du demnach für Gott eine Reise machen musst, sage deinen Füßen, daß sie sich, wenn sie müde werden, nur erinnern sollen, wessen sie sind. Sage das gleiche in anderer Beziehung deinen Augen und Ohren, wenn sie sich für Gott abtöten, d. h. etwas, was nicht notwendig ist, zu sehen oder zu hören, unterlassen müssen. Dasselbe sage deiner Zunge, wenn es ihr einfiele, nicht für Gott, sondern aus Eitelkeit und Ehrsucht zu sprechen. Sage mit einem Wort allen deinen inneren und äußeren Sinnen, sie seien nicht Herren über sich selbst. „Wisset ihr nicht, daß ihr nicht euch angehöret?“

5. Betrachte, daß du, gleich wie du den Leib nicht schonen sollst, weil er nicht dein, sondern Jesu Christi ist, so auch aus gleicher Ursache deine Seele eifrig bewahren musst. Wenn in deinem Hause ein kostbares Gefäß ist, das deinem Fürsten gehört, wirst du es nicht mit größerer Sorgfalt und Ängstlichkeit bewahren, als wenn es dein eigen wäre? Ebenso musst du auch deine Seele vor jeder Gefahr sicher stellen.

Man sagt dir hie und da, du sollst eifrig für dein Heil sorgen, weil es sich um deine Seele handelt: „Bewahret sorgfältig eure Seelen.“ (Deut. 4, 15) Ich sage dir aber diesmal das Gegenteil; ja sorge für das Heil deiner Seele, aber warum? Darum, weil sie nicht dein, sondern deines Herrn ist. „Wisset ihr nicht, daß ihr nicht euch angehöret? Denn ihr seid um einen hohen Preis erkauft.“ Das ist die vornehmste Ursache, die dich bewegen soll, der Hölle zu entgehen, um Christo zu retten, was sein ist. –
aus: Paul Segneri S.J., Manna oder Himmelsbrod der Seele, 1853, Bd. I, S. 207 – S. 209

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