Notwendigkeit der Demütigungen

Von der Notwendigkeit der Demütigungen

Seitdem die Engel im Himmel, durch Gottes Liebe mit wunderbaren Gaben und Schönheiten des Verstandes und Willens ausgezeichnet, gesündigt haben, und wegen ihres stolzen Aufruhrs wider ihren Gott und Herrn von der höchsten Höhe in die tiefste Tiefe gestürzt wurden, ist der Hochmut das größte, ja so zu sagen das einzige Laster der Menschen: denn er erzeugt alle übrigen. Dieser Hochmut würde die Güte Gottes hindern, uns Menschen mit seinen Gaben und Gnaden zu verherrlichen, wie seine unendliche Liebe es zu tun wünscht: aber seine Weisheit gibt uns in den Prüfungen und Demütigungen während der kurzen Lebensdauer auf Erden ein heilsames Gegenmittel wider das Gewicht des Hochmutes. Diese für dich äußerst wichtige Wahrheit zeigt dir Gott gar schön am hl. Eustachius.

1. Gott wollte den Eustachius zu glanzvoller Höhe und Würde erheben. Dazu gab Er ihm großes militärisches Talent, segnete seine Tapferkeit auf dem Felde des Ruhmes und schmückte seine Heldenbrust mit den Ehrenzeichen der Auszeichnung. Dazu gab Er ihm ein edles Herz und große Reichtümer, damit er sich mit dem noch schöneren Ruhm der Wohltätigkeit und freigebigen Nächstenliebe schmücke, während er selbst des beneidenswertesten Familienglückes sich erfreute. Dazu gab Er ihm noch die höchste Auszeichnung, die übernatürliche Gnade des Christentums. Wenn du das Alles bedenkst, siehst du den bewunderten Eustachius auf schwindelnder Höhe, und dein Gefühl sagt dir: „Hier ist, wie die Erfahrung beweist, die Gefahr sehr groß, daß er, vom Schwindel des Hochmutes erfaßt, herab stürzt in die Tiefe der Gottvergessenheit und Selbstvergötterung; denn die Gefahr des Stolzes steht immer im Verhältnis zur Größe der Erhebung, und der Mensch muss um so mehr fürchten, recht tief zu fallen, je höher er gestiegen ist, wenn nicht Gottes Barmherzigkeit ihn aus dieser Gefahr errettet.“ So urteilst du und mit Recht; aber wende dein Urteil nicht bloß auf andere Leute an, sondern auf dich selbst, und erfasse fest die Hand Gottes, die dich allein retten kann und retten will.

2. Gott rettete den glücklichen Eustachius durch Demütigungen, um ihn zum unverlierbaren Besitz des ewigen Glückes zu erheben. Dies bedeuten obige Worte Christi: „Bewähre deinen Glauben in guten Werken; du wirst Vieles erdulden, wirst die zeitlichen Güter verlieren, aber ewige dafür gewinnen.“ Es ist sehr der Betrachtung wert, wie die Barmherzigkeit Gottes, um mit dem tiefsinnigen hl. Augustin zu sprechen, „das Maß der Demütigung für einen Jeden nach dem Maße der Größe bestimmt, zu der Er ihn erheben will.“ So verdemütigte Er den wackeren Eustachius in allem dem, was ihn der Gefahr des Hochmutes aussetzen konnte; Er nahm ihm Alles hinweg, auf was sein Herz stolz sein konnte, nur die übernatürliche Gnade der Erleuchtung und des Trostes ließ und vermehrte Er ihm. Eustachius ging folgsam in die dunkle Nacht dieser Demütigungen hinein, er ertrug den Schmerz der Wunden, aus denen sein herz blutete, mit einer Standhaftigkeit, die des großen Feldherrn, des durch Jesus Christus erlösten würdig war; er siegte über die Welt, über die Hölle, über sich selbst und verdiente sich so den unsterblichen Ruhm, mit der Marterkrone geschmückt, triumphierend in das himmlische Rom einzuziehen.

Wie nimmst du die so notwendigen Demütigungen aus der Hand Gottes an? Wenn du darüber murrst und klagst, so wisse, daß du stolz und hochmütig bist, daß du murrst und klagst wider die Barmherzigkeit Gottes, und – dies ist jedenfalls das gefährlichste Benehmen. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 699

Tags: Tugenden

Verwandte Beiträge

Hl Matthäus Apostel und Evangelist
Heiliger Eustachius und seine Familie Märtyrer