Fromme Verehrer des heiligsten Herzens Jesu
Die deutschen Bischöfe und Katholiken in den Tagen der Verfolgung (1869-1885)
Teil 3
Katholikenverfolgung in Preußen
Des Segens des Vaters der Christenheit bedurften die Katholiken Deutschlands gar sehr. (siehe den Beitrag: Bittgesuch der deutschen Bischöfe an Pius IX.) Denn bereits im folgenden Jahr 1872 brach das der deutschen Kirche drohende Ungewitter furchtbar los. Die preußische Regierung begann den Kampf mit Vorlage einer Reihe von Gesetzen, welche nichts Geringeres zur notwendigen Folge haben mussten als die Vernichtung des ganzen wesentlichen Bestandes der katholischen Kirche in Preußen. Menschliche Hilfe war gegen solche Gewaltmaßregeln, die den Stempel öffentlicher Gesetze trugen, nicht vorhanden; aber es blieb den deutschen Katholiken die Macht des Königs aller Könige, die Hilfe des Herrn. Sie suchten sie beim göttlichen Herzen Jesu.
In den Tagen vom 17. bis 20. September des Jahres 1872 versammelten sich wiederum die Oberhirten am Grab des hl. Bonifatius in Fulda, um gemeinsame Gebete Gott dem Barmherzigen darzubringen und Beratungen anzustellen, was ihrerseits zur Abwendung der drohenden Gefahren und zur Wahrung der kirchlichen Gerechtsame geschehen könne. 22 Erzbischöfe und Bischöfe nebst den Vertretern zweier Bischöfe, welche die Reise zu unternehmen behindert waren, fanden sich bei dieser Versammlung ein, Mit vollkommener Einmütigkeit wurden heilsame Beschlüsse gefaßt, unter anderem folgender: daß von dem fest Allerheiligen bis zum Beginn der hl. Fastenzeit, an jedem Freitag, oder wo Solches den Verhältnissen besser entspreche, statt dessen an jedem folgenden Sonntag eine Andacht zu Ehren des allerheiligsten Herzens Jesu vor dem ausgesetzten Hochwürdigsten Gut abgehalten werden solle.
Einen entsprechenderen Beweis für das Vertrauen auf das hl. Herz Jesu, für den Wunsch, daß alle ihre Gläubigen diesem hl. Herzen sich empfehlen und in demselben Ruhe und Stärke suchen möchten, konnten die hochw. Bischöfe nicht geben. Die einzelnen Oberhirten beeilten sich, in besonderen Erlässen ihren Diözesen den gemeinsamen Beschluss mitzuteilen, und geschah dieses mit einer Wärme und Nachdrücklichkeit, welche hinreichend erkennen ließ, was sie von diesen Andachten erwarteten. Der hochw. Erzbischof von Köln, Paulus, schrieb u. A.: Nehmet also, teuerste Erzdiözesanen, in diesen gemeinschaftlichen Andachten, welche so viele Millionen Gläubigen im großen deutschen Vaterland gleichzeitig vor dem allerheiligsten Sakrament im Gebet vereinigen werden, mit lebendigem Vertrauen und unerschütterlichem Vertrauen auf die göttlichen Verheißungen Eure Zuflucht zu dem göttlichen für uns durchbohrten Herzen Jesu, welches immerdar in heiligster Liebe zu Gott und den Menschen erglüht, welches in allen Nöten und Bedrängnissen eine allzeit offen stehende und unerschöpfliche Quelle von Gnaden, Trost und Hilfe ist für alle Leidenden und Bekümmerten. Nehmt eure Zuflucht zu diesem Schlachtopfer der göttlichen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, welches der lebendige Mittelpunkt, der Lebensquell`, ja das herz der ganzen Kirche, dieses geheimnisvollen Leibes Jesu Christi ist, und darum mit innigster Liebe und Teilnahme alle ihre Glieder umfaßt.“
Kaum waren im Jahre 1873 die kirchenfeindlichen Gesetze angenommen, als man in Vollziehung derselben mit aller Schärfe voran ging. Am 3. Februar 1874 wurde der Hochwürdigste Herr Ledochowski, Erzbischof von Gnesen und Posen verhaftet und in ein entferntes Gefängnis abgeführt. Die übrigen Bischöfe Preußens wußten nun, was auch ihrer warte, und darum wollten sie die ihnen noch vergönnte Freiheit benützen, um an die Mitbrüder im Priestertum und an alle Diözesanen einige Worte der Belehrung und Ermahnung zu richten. Sie taten dies in dem gemeinsamen Hirtenschreiben im Februar desselben Jahres. Die letzte Mahnung, gleichsam das Abschiedswort der Väter an ihre Kinder, war die Aufforderung, ihr ganzes Vertrauen auf das hl. Herz zu setzen und bei ihm Hilfe zu suchen in den ernsten Tagen der Verfolgung: „Wanket niemals“, so sprachen sie, „wanket niemals in Eurem Vertrauen auf Gott und setzet alle Eure Hoffnung auf das Gebet! Flüchtet in dieser Zeit, wo wir in der Welt keine Hilfe finden, zum göttlichen Herzen Eures Heilandes, der die Welt überwunden hat und uns nicht verläßt; dasselbe ist eine unüberwindliche Burg und immer offen stehende Zuflucht in jeder Not. Diesem göttlichen Herzen voll Liebe und Erbarmen empfahlen, widmen und weihen wir uns und alle unserer Obsorge anvertrauten Seelen für immer und alle Zeit, für Zeit und Ewigkeit!“ –
Wie durchdrungen von diesem Geist der Hoffnung auf den Herrn das katholische Volk damals war, sprach der selige Mallinckrodt in seiner Rede vom 7. Februar aus, indem er sagte: „Man kann fragen, meine Herren! Was ist denn unsere Hoffnung? Nun, ich sage, vom gewöhnlichen menschlichen Standpunkt aus gesprochen, da wäre die Aussicht, mit Ehren zu fallen; und das ist besser, als mit Schande den Nacken der Tyrannei beugen; vom christlichen Standpunkt aus aber sage ich: „Wir beten, und wir rechnen auf den allmächtigen Gott.“ –
So geschah es auch in der Tat; so heftig auch die Verfolgung gegen die Katholiken voran schritt, man duldete, man betete, man hoffte gegen alle menschliche Hoffnung, und man verlor den Mut nicht im Vertrauen auf das gütige Herz des Herrn. Aus dem Kreisgefängnis zu Paderborn schrieb Bischof Martin seinen Fastenbrief vom Jahre 1875, worin er zeigt, wie der Gläubige die Liebe und Verehrung des göttlichen Herzens Jesu hauptsächlich dadurch betätigen könne, daß er die hochwichtigen und heiligen Interessen dieses göttlichen Herzens sich zu Herzen nimmt und eifrig befördert. Zum Schluß sagt er:
„Sollten wir hier vor unserm Scheiden gewaltsam von einander getrennt werden, geliebte Diözesanen, dort, dort am Throne unseres Gottes werden wir uns wiedersehen, wir werden uns dann freuen und diese Freude wird uns Niemand mehr nehmen. Harren wir daher nur treu aus; mag da kommen, was da wolle, harren wir aus in unserem heiligsten Glauben und in der Liebe zu Jesus Christus und in der brüderlichen Liebe zu einander. Harren wir aus im Gebet! Klammern wir uns mit den Banden unserer Liebe und treue an den uns von Gott gesetzten Felsen Petri an, an dem alle Kirchenstürmer sich schließlich doch das Haupt zerschmettern und klammern wir uns an unsere mit dem Stuhl Petri vereinigten rechtmäßigen Hirten an! Suchen wir vor den tobenden und stürmenden Wettern dieser Zeit vor Allem Schutz und Zuflucht im allerheiligsten Herzen Jesu! In ihm wollen wir, getrennt von einander, uns jederzeit nahe sein und uns täglich begrüßen! Seine Liebe und Gnade komme über Euch und bleibe bei Euch bis in Ewigkeit!“ –
aus: Franz Hattler SJ, Großes Herz-Jesu-Buch für die christliche Familie, 1897, S. 727 – S. 729