Heiligenkalender
29. Juni
Heilige Emma von Gurk in Kärnten
Die prächtige Bischofskirche zu Gurk bei Klagenfurt mit den anstoßenden Gebäulichkeiten ist ein bald tausendjähriger Zeuge von der glaubensinnigen und hochherzigen Liebe, mit der dort die heilige Emma – Hemma – eine gesegnete Pflanzstätte religiöser Bildung, christlicher Gesittung und heiliger Gottesverehrung gestiftet hat.
In Kärnten 983 geboren, war sie die Tochter des mächtigen Grafen Engelbert von Peilenstein und der mit dem Kaiser Heinrich II. blutsverwandten edlen Gräfin Tuta. Schon unter der zärtlichen Pflege ihrer frommen Eltern entwickelten sich ihre herrlichen anlagen des Geistes und Herzens zu hoffnungsvoller Blüte für den Dienst Gottes. Ihre Erziehung wurde vollendet am Hofe des kaiserlichen Vetters, von dessen viel bewunderter Gemahlin, der hl. Kunigunde (siehe 3. März).
Ein an Adel der Geburt und des Geistes ebenbürtiger Brautweber, der Landgraf Wilhelm von Friesach und Zeltschach erhielt ihre Hand, und beide Eheleute gaben dem Volk ein seltenes Beispiel häuslicher Tugend, öffentlicher Wohltätigkeit und religiösen Eifers. Jeden Tag hörten Beide die heilige Messe an, und jeden Sonntag empfingen Beide die heilige Kommunion. Zwei blühende Knaben vermehrten ihr eheliches Glück und vollendeten es durch die Liebenswürdigkeit ihres kindlichen Gehorsams und edlen Benehmens.
Wilhelm besaß zu Friesach und Zeltschach ergiebige Gold- und Silber-Bergwerke, in denen zahlreiche Knappen sich großen Lohn verdienten und die Güte ihres Herrn oft in argem Mutwillen mißbrauchten. Wegen eines schändlichen Verbrechens und öffentlichen Ärgernisses war der Landgraf gezwungen, einen Knappen mit dem Tode zu bestrafen.
Deswegen schworen ihm die übrigen Knappen blutige Rache und töteten ihm beide Söhne, als sie einst arglos die Goldgruben beschauten.
Ein unbeschreiblicher Schmerz beugte die nun kinderlosen Eltern. Emma weinte Tag und Nacht an dem Grab, in welchem die Freude ihres Lebens und der Trost ihres alters moderte, zu Gott flehend um Gnade für ihre gemeuchelten Söhne und für ihr brechendes Mutterherz.
Wilhelm indessen sammelte Soldaten, stürmte auf die verschanzten Knappen und rächte in furchtbarem Blutbad den Mord seiner Kinder. Allein alle diese Blutströme machten seine söhne nicht mehr lebendig, wohl aber verursachten sie ihm quälende Gewissensbisse, daß seine Rache nebst den wenigen Schuldigen auch viele Unschuldige getötet habe. Die Macht der Reue und der unerträgliche Anblick der tief betrübten Gattin trieb ihn fort; im Büßergewand machte er eine Wallfahrt nach Rom, um sein Vergehen zu sühnen und an den Gräbern der heiligen Märtyrer den Frieden der Seele zu suchen. Dort erlangte er Verzeihung von Gott und die Lossprechung vom Statthalter Christi; er trat erleichterten Herzens den Rückweg an, starb aber unterwegs, bevor er die irdische Heimat erreichte.
Emma war nun Witwe, kinderlose Witwe, aus schweren Wunden blutete ihr Herz, mit tränenvollen Augen seufzte sie zum Himmel empor, flehend um die ewige Ruhe der teuren Toten und um Stärke in ihren eigenen Leiden, und erhöhte den Wert ihrer Inbrunst durch große Almosen, die sie den Armen in die Hand drückte.
Ihr Gebet wurde gnadenvoll erhört, der liebe Gott gab ihr den schönen und trostreichen Gedanken ins Herz, eine neue, sie überlebende Familie zu gründen, und sie führte diesen Gedanken mit feurigem Eifer aus. Sie baute zu Ehren Mariens, der schmerzhaften Mutter, im waldreichen Tal von Gurk ein prächtiges Frauenkloster, stattete es reichlich aus zum Unterhalt für siebenzig Jungfrauen, und errichtete daneben eine sehr schöne Kirche und ein Chorherrenstift für zwanzig Priester, welche den feierlichen Gottesdienst und die Seelsorge zu pflegen hatten. Diesen kostbaren Bau leitete sie selbst und zahlte jeden Abend den Arbeitern den Taglohn mit eigener Hand aus.
Nachdem das Werk vollendet war, verschenkte sie ihr fürstliches Vermögen an Bistümer und Klöster und bat in aller Demut um Aufnahme als einfache Nonne in das von ihr gestiftete Kloster. In rauhem Ordensgewand lebte sie nur noch drei Jahre als die letzte und eifrigste Schwester und entschlief dann selig im Herrn 1045. Viele Wunder geschahen an ihrem Grab. Die ausgebrochenen Türkenkriege verzögerten ihre Seligsprechung. Erst Papst Pius II. feierte dieselbe. (*) Ihre Stiftung wurde später zum Bischofsitz erhoben. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 481 – S. 482
(*) Ihre Heiligsprechung wurde am 5. Januar 1938 durch Papst Pius XI. vorgenommen.