Pastor aeternus Von dem unfehlbaren Lehramt

Hut, bischöflicher Krummstab, Kleidungsstücke eines Papstes

Eröffnung des Vatikanischen Konzils: Die Konzilsaula vom Eingang aus gesehen; rechts und links sitzen die Konzilsväter, im Vordergrund stehen drei Männer in einer Art Besprechung; im Hintergrund sieht man Papst Pius IX. sitzen

Erste dogmatische Bestimmung
über
die Kirche Christi
erlassen in der vierten Sitzung
des hochheiligen ökumenischen Vatikanischen Konzils
___
Pius Bischof,
Knecht der Knechte Gottes,
unter Zustimmung des heiligen Konzils zum immerwährenden Gedächtnis
Pastor aeternus

Viertes Kapitel.

Von dem unfehlbaren Lehramt des römischen Papstes

Daß aber gerade der apostolische Primat, welchen der römische Papst als Nachfolger des Apostelfürsten Petrus über die gesamte Kirche inne hat, auch die oberste Lehrgewalt in sich schließt, hat dieser Heilige Stuhl stets festgehalten; die beständige Übung der Kirche beweist es, und selbst die ökumenischen Konzilien, besonders jene, auf welchen der Orient mit dem Okzident in dem Glauben und der Liebe sich vereinte. Haben es ausdrücklich erklärt. So haben die Väter des vierten Konzils zu Konstantinopel, in die Fußstapfen der Vorfahren tretend, dieses feierliche Bekenntnis abgelegt: Das erste Heilsstück ist, die Regel rechten Glaubens zu bewahren. Und weil der Ausspruch unseres Herrn Jesus Christus nicht übergangen werden kann, der da sagt: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, so wird die Wahrheit dieses Ausspruches durch den Erfolg bestätigt, indem auf dem Apostolischen Stuhle stets die katholische Religion unversehrt bewahrt und die heilige Lehre hochgehalten worden ist. Da wir also von dessen Glauben und Lehre durchaus nicht getrennt werden wollen, so hoffen wir, dass wir gewürdigt werden, in der einen Gemeinschaft zu sein, welche der Apostolische Stuhl predigt, worin die ganze und wahre Festigkeit der christlichen Religion beruht. (Ex formula S. Hormisdae Papae, prout ab Hadriano II. Patribus Concilii oecumenici VIII., Constantinopolitani IV., proposita et ab iisdem subscripta est) Unter Zustimmung des zweiten Konzils von Lyon legten die Griechen das Bekenntnis ab: Die heilige römische Kirche besitze den höchsten und vollen Primat und Prinzipat über die ganze katholische Kirche, den sie von dem Herrn selbst in dem hl. Petrus, dem Fürsten und Haupte der Apostel, dessen Nachfolger der römische Papst ist, mit der Fülle der Gewalt empfangen zu haben wahrheitsgetreu und demütig sich bewußt ist; und sowie sie vor den übrigen verpflichtet ist, die Wahrheit des Glaubens zu verteidigen, so müssen auch die etwa auftauchenden Glaubensfragen durch ihr Urteil entschieden werden. Das florentinische Konzil endlich hat definiert: der römische Papst sei der wahre Stellvertreter Christi und das Haupt der ganzen Kirche und der Vater und Lehrer aller Christen: und ihm sei im hl. Petrus die volle Gewalt, die allgemeine Kirche zu weiden, zu leiten und zu regieren, übertragen worden.

Um diesem Hirtenamt zu genügen, haben Unsere Vorgänger stets einen unermüdlichen Fleiß angewendet, die heilsame Lehre Christi bei allen Völkern der Erde zu verbreiten, und mit gleicher Sorge darüber gewacht, dass sie da, wo sie Aufnahme gefunden, auch unversehrt und rein erhalten werde. Daher haben die Bischöfe des ganzen Erdkreises, bald einzeln, bald auf Synoden versammelt, im Anschluss an die alte Gewohnheit der Kirchen und die Norm der alten Regel, vor allem über die in Glaubensangelegenheiten auftauchenden Gefahren diesem Apostolischen Stuhl Bericht erstattet, damit vorzugsweise da die Schäden des Glaubens geheilt würden, wo der Glaube keine Einbuße erleiden kann. (Cf. S. Bern., Ep. 190) Die römischen Päpste aber haben, wie es die Zeitumstände und Verhältnisse erheischten, bald durch Berufung allgemeiner Konzilien oder Erforschung des Urteils der über den Erdkreis zerstreuten Kirche, bald durch Partikular-Synoden, bald mit Anwendung anderer von der göttlichen Vorsehung dargebotenen Hilfsmittel, das festzuhalten entschieden, was sie unter Gottes Beistand als übereinstimmend mit der Heiligen Schrift und den apostolischen Überlieferungen erkannt hatten. Denn den Nachfolgern Petri ist der Heilige Geist nicht dazu verheißen worden, dass sie durch seine Eingebung eine neue Lehre verkünden sollten, sondern damit sie unter seinem Beistand die durch die Apostel überlieferte Offenbarung oder Glaubenshinterlage heilig bewahrten und treu auslegten. Deren apostolische Lehre haben denn auch alle ehrwürdigen Väter angenommen und die heiligen rechtgläubigen Lehrer verehrt und befolgt, im vollkommenen Bewusstsein, daß dieser Stuhl des hl. Petrus stets von allem Irrtum unversehrt bleibt, gemäß der göttlichen, von unserem Herrn und Heiland dem Apostelfürsten gegebenen Verheißung: „Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht gebreche, und du hinwiederum bestärke dereinst deine Brüder.“

Dieser Gnadenvorzug der Wahrheit und des nie gebrechenden Glaubens ist also Petrus und seinen Nachfolgern auf diesem Stuhl von Gott verliehen worden, damit sie ihr erhabenes Amt zum Heil aller verwalten, auf dass die gesamte Herde Christi durch sie von der giftigen Speise des Irrtums abgehalten und auf der Weide der himmlischen Lehre genährt werde, auf daß die Gelegenheit zur Spaltung beseitigt und die ganze Kirche in der Einheit erhalten werde und, auf ihr Fundament gestützt, feststehe gegen die Pforten der Hölle. –
aus: Theodor Granderath SJ, Geschichte des Vatikanischen Konzils Von seiner ersten Ankündigung bis zu seiner Vertagung, Bd. 3, 1906, S. 511 – S. 516

siehe auch: Pius IX. Erste dogmatische Bestimmung über die Kirche Christi: Gesamter Text der Konstitution „Pastor aeternus“

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