Im Tod sich dem Willen Gottes unterwerfen

Von der Ergebung in die Fügungen der göttlichen Vorsehung

Der Weg zum inneren Frieden

Auch im Tod sich dem Willen Gottes unterwerfen

Wir müssen uns in Betreff unseres Todes dem Willen Gottes unterwerfen

IX. Wir sollen uns in Betreff unseres Todes und alles dessen, was sich darauf bezieht, dem Willen Gottes unterwerfen. Wir müssen sterben: so lautet der unwiderrufliche Urteilsspruch des ewigen Richters; wir müssen an dem Tage zu der Stunde, auf die Art und Weise, wie Gott es will, sterben, und diesen Tod mit allen seinen Umständen sollen wir annehmen, weil es gewiß derjenige ist, der Gottes Ehre am meisten befördert. Die hl. Gertrudis bestieg einst mit einigen ihrer Ordensschwestern eine kleine Anhöhe. Bei dieser Gelegenheit glitt ihr Fuß aus, und sie fiel. Mit der liebenswürdigsten Heiterkeit stand sie wieder auf und sprach: “O mein Jesus, wie glücklich wäre ich gewesen, wenn ich durch diesen Sturz schneller zu Dir gelangt wäre!“ Ihre Gefährtinnen erstaunten sehr über diese Worte und fragten die Heilige, ob sie sich nicht fürchte, ohne die heiligen Sakramente zu sterben. Sie antwortete: „Gewiß wünsche ich von ganzem Herzen, dieselben in meinen letzten Augenblicken zu empfangen; allein ich ziehe den Willen Gottes selbst diesem Troste vor; denn ich glaube, daß man sich nicht besser und sicherer zum Tode vorbereiten kann, als wenn man sich in alles, was Gott will, ergibt. Deshalb wünsche ich mir keinen andern Tod als den, durch welchen Gott mich zu sich rufen will, und ich erwarte mit festem Vertrauen, daß Gott in seiner Barmherzigkeit mir in jeglicher Todesart beistehen wird.“

Dem Willen ergeben sein, wenn  dir ein Heilungsmittel entzogen wird

X. Wir sollen uns dem Willen Gottes hingeben, wenn er uns irgend ein äußeres Heilungsmittel entzieht. Du verlierst zum Beispiel einen Seelenführer oder einen Freund, der dich bisher geleitet und zum Guten angehalten und ermutigt hat; es ist dir, als wenn du dich ohne ihn nicht mehr aufrecht erhalten könntest. Diesem Gefühle liegt allerdings etwas Wahres zu Grunde: du bist wirklich nicht im Stande, allein voranzuschreiten; fremde Hilfe ist dir unentbehrlich; deshalb hatte die Vorsehung dir diesen Freund und Führer zur Seite gegeben. Aber liebt denn Gott dich jetzt weniger als zur Zeit, wo er dir diese Stütze gab?…

– Und hatte nicht Christus selbst zu seinen Aposteln gesagt: „es ist euch gut, daß ich hingehe; denn wenn ich nicht hingehe, so wird der Tröster nicht zu euch kommen.“ (Joh. 16,7) Wie könntest du es nach diesen Worten noch wagen, den Verlust deines Freundes und Führers, so vortrefflich und heilig er auch sein mag, als einen Nachteil oder Schaden für deine Seele zu betrachten? – Aber, er widerst du mir, wer weiß, ob dieser Verlust nicht eine Strafe meiner Untreue ist? – Ich will annehmen, es sei dem so; allein dieses ändert nichts an der Sache; denn die väterliche Zuchtrute gereicht nur dem fügsamen Kinde zum Segen und zur Besserung. Willst du den strafenden Arm Gottes entwaffnen, willst du das Herz deines himmlischen Vaters rühren und ihn gleichsam zwingen, dich mit neuen Gnaden zu überhäufen, so nimm seine Züchtigung willig an, und zum Lohne deiner zuversichtlichen Ergebung in seinen heiligen Willen wird dieser Gott aller Güte dir entweder einen andern, noch vorzüglicheren Führer geben, oder er selbst wird in seiner unendlichen Güte und Barmherzigkeit dir Freund und Führer sein; er wird dir wie den Aposteln seinen Heiligen Geist senden; sein Licht wird dich erleuchten und die Salbung seiner Gnade dir wunderbare Kraft verleihen.

Gott dispensiert dich bei Krankheit von deinen geistlichen Übungen

Ein anderes Beispiel: Du hast dein ganzes Leben dem Gebete und den guten Werken gewidmet; deine täglichen Andachts-Übungen sind die Nahrung und die Stütze deiner Seele, allein eine Krankheit zwingt dich, dieselben zu unterbrechen. Schon kannst du nicht mehr täglich, ja selbst nicht mehr Sonntags dem heiligen Messopfer beiwohnen; du musst die heilige Kommunion entbehren; bald wird deine Schwäche dir sogar das Gebet unmöglich machen. Beklage dich nicht, fromme Seele, du bist zu der Ehre berufen, dich mit deinem göttlichen Heiland von „einer Speise“ zu nähren, „die mancher andere nicht kennt“ (Joh. 4, 32), durch deren Genuss dir aber deine Krankheit zum sicheren Heiligungsmittel wird. Höre, was der Herr zu seinen Jüngern sagt: „Meine Speise ist, daß ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat.“ (Matth. 7, 21) Dieselbe Speise ist dir jetzt dargeboten, und bedenke wohl, nur durch sie allein ist es uns gegeben, für den Himmel zu leben; selbst das Gebet verliert seine Wirksamkeit, wenn diese heilige Speise es nicht kräftigt und belebt; denn unser göttlicher Meister sagt ausdrücklich: „Nicht ein jeder, der zu mir sagt: ‚Herr, Herr!‘ wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist, der wird in das Himmelreich eingehen.“ (Matth. 7,21) Nun weißt du, daß Gott es ist, der dir deine Krankheit schickt; er selbst dispensiert dich von deinen geistlichen Übungen oder untersagt sie dir vielmehr. Mache dir also keine Sorgen darüber; richte deine ganze Aufmerksamkeit auf das, was er jetzt dafür von dir verlangt; er will, daß du lernst, in allem seinen heiligen Willen zu erfüllen und dem deinigen zu entsagen; dieses soll von nun an dein tägliches Brot sein, deshalb gibt Gott dir so oft Gelegenheit dazu. Wie vieles Widerwärtige, wie viele Opfer legt dir dein Kranksein nicht auf! Es stört dich in deinen Plänen; es verursacht dir größere Ausgaben; eine Arznei widersteht dir; eine Ungeschicklichkeit, eine Nachlässigkeit verletzt dich; kurz, tausend Kleinigkeiten schmerzen dich. Wie viele Gelegenheiten also, wo du dir sagen kannst: „Gott will es so!“ … Mache es dir zur Pflicht, keine dieser Gelegenheiten unbenützt zu lassen; dann wird deine Krankheit dich auf das engste und innigste mit dem vereinigen, der gesagt hat: „Wer den Willen Gottes tut, der ist mein Bruder, meine Schwester, meine Mutter.“ (Mark. 3, 35)

Ein anderes Beispiel: Eines unserer hohen Feste ist nahe; du bereitest dich mit dem größten Fleiße darauf vor; dein Eifer und deine Andacht scheinen dir schon ein Vorgeschmack der geistlichen Tröstungen, welche du am Tage selbst erwartest. Das Fest kommt; aber du bist nicht mehr derselbe; an die Stelle der frommen Gefühle und Anmutungen ist die trostloseste Trockenheit getreten: du bist nicht imstande, auch nur einen guten Gedanken zu fassen. Betrübe dich darüber nicht; mache, um dies zu ändern, keine Anstrengung, die dich aufregen könnte: Gott schickt dir dieses Kreuz, und du weißt, daß alles, was von ihm kommt, gut und denen, die sich kindlich darein fügen, heilsam und segensreich ist. Nimm also deinen Seelenzustand ruhig aus seiner Hand an; sammle dich, so gut du kannst, in seiner heiligen Gegenwart; unterwirf dich ihm wie der Kranke dem Arzt, von dem er Heilung und Gesundheit erwartet, und sei fest überzeugt, daß nie eine geistliche Tröstung dir so heilsam gewesen ist als diese Dürre und Trostlosigkeit, die du so ruhig und ergeben erträgst. – Nicht was wir fühlen, sondern unser guter Wille macht unsere Seele für die Gnade Gottes empfänglich. Ein Willensakt aber läßt das Gefühl oft unberührt. Es kann geschehen, daß er uns fühlbar wird; allein das gibt dem Akte des Willens vor Gott keinen größeren oder geringeren Wert. Selbst wenn deine Gefühle und Empfindungen mit deinem Willen im größten Widerspruch stehen, so tut dieses nichts zur Sache, solange du dieselben mißbilligst. Vergiß es also nie: die Wirksamkeit des Gebetes hängt nicht von dem ab, was man fühlt oder nicht. Dasselbe gilt von dem Wirken Gottes in der menschlichen Seele: es ist geräuschlos und fast unbemerkbar…

Aber leider wollen wir immer alles fühlen! Sobald das Gefühl oder eine gewisse innere Befriedigung fehlt, sind wir gleich entmutigt, oder wir suchen uns gleichsam dieses Gefühl zu erzwingen, indem wir mit der größten Mühe und Geistesanstrengung stundenlange Gebete verrichten. Allein alle diese Bemühungen machen uns nicht empfänglicher für die Gnade Gottes; sie hindern im Gegenteil ihr Wirken; denn sie nehmen unsere Seele zu sehr in Anspruch oder regen dieselbe zu sehr auf.

Die hl. Katharina von Siena fragte einst den Heiland, warum er sich den Patriarchen und Propheten des Alten Bundes und den ersten Christen so überreichlich geoffenbart habe, und warum er dieses jetzt viel seltener tue. Da antwortete ihr Jesus: „Die Heiligen der früheren Jahrhunderte waren nicht mit sich selbst beschäftigt und nicht voll Eigenliebe. Sie kamen zu mir als wahre Jünger; sie wandelten in meiner heiligen Gegenwart, stets bereit, meine Worte und meine Eingebung zu hören und zu befolgen; sie ließen sich bearbeiten und bilden wie das Gold im Feuerofen; ihre Seele war vor mir wie die Leinwand unter der Hand des Malers; ich konnte frei das Gesetz der Liebe in ihre Herzen schreiben. Aber jetzt wollen die Christen alles selbst sagen, alles selbst tun, immer selbst reden, als wenn ich sie weder hörte noch sähe, und dadurch sind sie beständig in so großer Geschäftigkeit und Aufregung, daß sie mich nicht in ihrer Seele wirken lassen.“ In seinem Evangelium warnt uns der Heiland ebenfalls vor dieser Verirrung, indem er sagt: „Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel reden wie die Heiden, die da meinen, daß sie erhört werden, wenn sie viele Worte machen. Seid also nicht wie sie; denn euer Vater weiß schon vorher, was ihr braucht, ehe ihr ihn darum bittet.“ (Matth. 6, 7 u. 8) –
aus: P. von Lehen S.J., Der Weg zum innern Frieden 1896, Kap. 2, S. 36 – S. 43

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