Heilige Odilia Äbtissin von Hohenburg

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

 Heiligenkalender

13. Dezember

Die heilige Odilia Äbtissin von Hohenburg

Einige Stunden südwestlich von Straßburg trauern auf einem 2500 Fuß hohen Berg die Ruinen des einst so festen Schlosses und fürstlichen Frauenklosters Hohenburg. Gründer dieses Klosters war der elsässische Herzog Ethiko I. Ihm gebar seine fromme Gemahlin Berehsinda um 662 ein Töchterlein – ach es war unschön und blind! Ethiko, ein Mann von stolzer, ungestümer Gemütsart, hielt das Unglückskind für eine Schande seines Hauses und wollte es in der Hitze des Zornes aus dem Wege schaffen. Doch die von Angst gequälte Mutter gab es heimlich einer früheren Dienerin in die Pflege und schickte es nach einem Jahr zu einer Verwandten im Kloster Palme in der Franche-Comté. Hier wurde das Mädchen von dem Abt Eberhard aus dem Kloster Eberheim-Münster auf den Namen Odilia getauft und erhielt mit der Taufgnade wunderbar das Augenlicht und die volle Schönheit des Angesichtes.

Odilia wuchs unter der treuen Obhut der Nonnen wie an Jahren, so an Kenntnissen und Tugenden zur liebenswürdigen Jungfrau heran und sehnte sich kindlich, ihre Eltern und Brüder zu sehen; aber der Vater verweigerte ihr, trotz des Wunders bei der heiligen Taufe, die Rückkehr. Da ihre Mutter über das steinharte Herz des Ehegemahls nichts vermochte, bat Odilia ihren Bruder Hugo, der des Vaters Liebling war, um seine Vermittlung. Dieser tat sein Bestes, wurde aber barsch zum Schweigen verwiesen. Nun dachte Hugo, Odilia`s persönliches Erscheinen vor dem Vater werde mehr vermögen als sein Bitten und Flehen, der Anblick der schuldlos verstoßenen, durch Gottes Erbarmen wunderbar geheilten und in voller Anmut blühenden Tochter werde in seinem Herzen die väterliche Liebe wieder entzünden. Deshalb lud er die geliebte Schwester ohne Wissen des Vaters nach Hohenburg ein. Aber ach! Er büßte diese brüderliche Liebe mit dem Leben, und Odilia musste mit Leid und Schmerz in ihr Kloster zurück kehren.

Jedoch diese gräßliche Untat erschütterte den Herzog tief und machte ihn etwas menschlicher, so daß er die verstoßene Tochter heim kommen ließ, sie einer Nonne aus England übergab und wie eine dienende Magd im Hause duldete. Odilia dankte demütig für diese Gnade und ertrug Armut und Erniedrigung mit so frommer Geduld, daß sie endlich des Vaters Härte besiegte und ihn gänzlich umwandelte. Aber auf diesen Sieg folgten neue Kämpfe. Der Liebreiz ihrer ganzen Persönlichkeit und der Glanz ihres väterlichen Hauses lockte eine Menge hervorragender Bewerber; einem derselben hätte Ethiko gerne seine Tochter anvertraut: allein Odilia, die in langer Leidensschule die Eitelkeit der Weltfreuden gründlich kennen gelernt, die Süßigkeit der Nachfolge Jesu auf dem Kreuzweg verkostet und deshalb Ihm, dem himmlischen Brautwerber, ihre Jungfrauschaft in bräutlicher Liebe gelobt hatte, wies jeden Eheantrag mit fester Entschiedenheit ab und wählte die Ausübung der Barmherzigkeit um Jesu willen zu ihrem Lebensberuf.

Nun brauchte der Vater harte Gewalt, um den Eigensinn der Tochter zu brechen und gab ihr wieder nur den täglichen Unterhalt einer Magd. Als er ihr aber bald hernach auf ihrem Wege zu einem Kranken begegnete und auf die barsche Frage: „Wohin willst du!“ die sanfte Antwort erhielt: „Ich trage ein wenig Hafermehl zu einem Kranken, um ihm eine Erquickung zu bereiten“, sprach er tief gerührt: „Liebe Tochter, dein armes, schmachvolles Leben soll jetzt ein Ende haben.“ Er schenkte ihr um 680 das Schloß Hohenburg mit allen Gütern und sämtlichen Einkünften und wandelte es in ein Frauenkloster um. Ja, er ließ sich selbst von der weisen und frommen Tochter leiten, so daß er von ihr in geistlichen und weltlichen Dingen Ratschläge annahm und befolgte, daß er ein sehr bußfertiges Leben führte, und dann am 20. Februar 690, mit Gott und den Menschen ausgesöhnt, eines gottseligen Todes starb.

Weil Hohenburg das erste Frauenkloster in Elsaß war, und Odilia`s Tugend weit in die Lande hinaus glänzte, eilten so viele heilsbegierige Jungfrauen, meist aus vornehmen Familien, zu ihr, so daß die neue Genossenschaft in kurzer Zeit schon 130 Mitglieder zählte. Odilia stand ihnen als weise Äbtissin und liebende Mutter vor und führte sie mehr durch ihr Beispiel als durch Worte auf dem schmalen Himmelswege zu den Freuden des ewigen Lebens. Sie betete sehr eifrig, las viel in den heiligen Schriften, war gegen sich ebenso streng als gegen Andere mild und barmherzig, besonders gegen Arme und Kranke. Ihre Speise war Gerstenbrot und Wasser, ihr Bett eine Bärenhaut, ihr Kopfkissen ein Stein, ihre Liebe zu Gott und ihre Opferwilligkeit für die Untergebenen ohne Grenzen. Die Regel, nach welcher sie diesen schönen Verein leitete, war sehr wahrscheinlich die des hl. Benedikt, an deren Stelle erst im elften Jahrhundert die des hl. Augustin folgte.

Da Hohenburg für Presthafte, Kranke und Schwache sehr mühsam zu ersteigen war, baute ihre mitleidige Nächstenliebe am Fuße des Berges ein großes Spital mit einer Kirche für Arme, Kranke und Pilger. Später errichtete sie daneben ein Kloster: „Niedermünster“ – für die älteren Nonnen, um ihnen bequemere Gelegenheit zu Werken der Barmherzigkeit zu verschaffen. Sie leitete die großartige Anstalt mit weiser Umsicht und opferwillige Liebe; sie stieg viele Jahre lang täglich den steilen Berg hinab, um den geliebten Armen und Kranken wohl zu tun, und Gott lohnte oft ihre Mühen mit wunderbaren Gnadenerweisen und Heilungen. Merkwürdig war ihre Liebe zum hl. Johannes dem Täufer zum Dank dafür, daß sie in der heiligen Taufe das Augenlicht empfangen; sie baute ihm zu Ehren auf Hohenburg ein Kirchlein und daneben für sich eine Zelle, in welche sie sich oft zu gottgeweihter Einsamkeit zurückzog.

Als ihr Gott das Ende ihres an Leiden und Verdiensten so reichen Lebens geoffenbart hatte, berief sie ihre Schwestern in das Johanniskirchlein, gab ihnen die letzten mütterlichen Ermahnungen und sank in eine andauernde Verzückung. Die Schwestern, weil sie an der guten Mutter kein Lebenszeichen mehr bemerkten, weinten überlaut und bedeckten Haupt und Hände derselben mit Küssen. Da erwachte Odilia und klagte wehmütig: „Warum habt ihr mich geweckt aus der seligen Ruhe und Freude? Durch die göttliche Huld war ich bei der heiligen Jungfrau Lucia und genoß so herrliche Wonnen, daß keine Zunge sie erzählen, kein Ohr sie hören, kein menschliches Auge sie sehen kann!“ Hierauf empfing sie die heilige Wegzehrung und ging ein in die Freuden des Himmels am 13. Dezember 720. Die Wunder an ihrem Grabe, – jetzt Odilienberg genannt – das vorzüglich von Augen- und Kopfleidenden besucht wird, dauern heute noch fort, obwohl die französische Revolution auch an diesem Heiligtum furchtbar gefrevelt hat. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 928 – S. 929

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