Ehrwürdige Maria Bagnesia Jungfrau

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

28. Mai

Die ehrwürdige Maria Bagnesia, Jungfrau

Diese, der Mutter des Herrn treu ergebene Jungfrau stammte aus der berühmten Familie Bagnesia und wurde im Jahre 1515 geboren. In der Taufe erhielt sie den lieblichen Namen Maria, zum Zeichen, sagt ihr Lebensbeschreiber, daß sie der Mutter Gottes angehöre und ihr ganzes Leben lang mit besonderer Andacht sie ehren werde. Daher sie denn auch nicht ohne Vorbedeutung nach Impruneta, einen berühmten Gnadenort der Lieben Frau, zur Erziehung gesendet wurde. Die Amme, welche sie nähren sollte, hatte verheimlicht, daß sie keine Milch habe, und so wäre die kleine Maria verhungert, wenn sich ihrer nicht die Nachbarn erbarmt und die Amme mit Eiern unterstützt hätten. Daher pflegte auch Maria später zu sagen: Bei der heiligen Maria von Impruneta habe ich die leibliche Nahrung gekostet, aber es musste so sein, auf daß ich in Maria der Jungfrau, der süßesten Mutter meines Bräutigams, den Grund meines geistlichen Lebens, nämlich der Vervollkommnung in allen Tugenden legte, und von ihrem teuersten Sohne die Gnade erhielte, sie auch nachzuahmen. –

Sie hielt sich aber ganz unwürdig des Namens Maria, und pflegte zu sagen: „Wenn Maria der Stern des Meeres genannt wird, so ist sie es wahrhaft, weil sie die heilige Jungfrau und daher der glänzendste, hell leuchtendste Stern in dem wüsten Meer dieser Welt ist und sein wird; aber wie kann ich mich so nennen, da ich wegen meiner Sünden einer ausgelöschten Kohle gleiche? Und wenn man Maria nennt eine Herrin, so gleiche ich ihr auch hierin nicht, da ich mich nicht einmal selbst beherrschen kann. Wenn man aber sagt, der Name Maria bedeute bitteres Meer, so bekenne ich, daß ich dieses gewesen, und zwar das bitterste durch meine Sünden, welche meine Seele mit Bitterkeit und Schmerz erfüllten, denn was folgt auf die Sünden anders, als Bitterkeit und Elend?“

Aber die göttliche Vorsehung war gegen die kleine Maria überaus freigebig, und verlieh ihr nicht bloß eine Seele voll Gnade und Tugend, sondern auch die schönste Leibesgestalt. Ihre Augen waren wie Sterne, und Jedermann wollte sich an ihrem Anblick erfreuen. Maria hatte schöne Lieder zum Preise Jesu gelernt. Ihre Schwester war eine Nonne im Kloster des heiligen Salvius. Diese ließ die Kleine öfters zu sich kommen und sprach dann freundlich zu ihr: „Singe, Marietta, singe.“ Man bedeckte dann, weil sie sich scheute, ihr Antlitz mit einem Tuch und wiederholt sie ermunternd: „Singe, es sieht dich Niemand“, begann sie mit der Stimme eines Engels zu singen zur Freude und zum Trost aller, die sie hörten. Auch pflegte ihre Schwester sie öfters zum Ergötzen der Nonnen zu fragen: „Sag mir, Marietta, wen verlangst du zu deinem Bräutigam werden.“

Wollte man sie recht fröhlich und heiter sehen, so durfte man mit ihr nur von Jesus sprechen; und war sie traurig, so durfte man nur sagen, Jesus wolle dies nicht haben, und sogleich war sie fröhlich. Übrigens war sie fast immer heiter, obschon sie ein sehr bußfertiges Leben führte und sehr wenig aß; auch liebte sie die Heiterkeit an Andern gar sehr. Als sie einmal eine Person traurig sah, sagte sie zu ihr: „Sei fröhlich!“ Und als diese entgegnete, sie vermöge es nicht, sprach sie: „Willst du, teile ich dir eine gute Medizin mit, welche dich fröhlich macht?“ „Sei brav und fromm, so wirst du eine immer währende Fröhlichkeit besitzen, du wirst Jesum sehen, der die wahre Freude des Menschengeschlechtes ist, und der wird dich nicht bloß freudig, sondern auch jubelnd machen!“

Auch Maria suchte ihre einzige Freude in Jesus. Sie hatte ihn zu ihrem Bräutigam erwählt; sie schlug daher auch jede eheliche Verbindung aus, die ihr ihr Vater aufzwingen wollte. Sie wurde deshalb auch schwer krank, und erst dann gesund, als sie das Ordenskleid des dritten Ordens des heiligen Dominikus erhielt, und die Ordensgelübde ablegen durfte. Hierauf weihte sie sich in der Kirche Mariä Verkündigung gänzlich Gott und der Himmelskönigin, und führte ein himmlisches Leben, zu welchem der Herr sie durch große Leibesschmerzen bereitete. Sie musste fast die ganze Zeit ihres Lebens das Bett hüten, und kam oft dem Tode nahe; litt aber mit unerschütterlicher Geduld. Dabei hatte sie ein unbeschreibliches Mitleid mit den Nöten und dem Elend der Armen. Sie entzog sich oft das Notwendige, um sie zu unterstützen, und wenn sie selbst nichts hatte, bettelte sie Almosen. Für diese Liebe zu dem Nächsten ward sie wieder herzlich geliebt von allen, selbst von den Tieren. Wenn sie oft ganz verlassen auf ihrem Schmerzensbett lag, und man vergaß, ihr Speise und Trank zu bringen, so liefen die Katzen, die immer bei ihr blieben, den Schwestern nach, zerrten sie bei den Kleidern, und führten sie in ihre Zelle, ja die Katzen brachten ihr oft selbst Speise. – Ihr Gehorsam war wunderbar; nie tat sie etwas ohne den Willen ihrer Obern und ihres Seelenführers.

Gegen das Ende ihres Lebens wurden ihre Schmerzen immer heftiger. Hatten dieselben den höchsten Grad erreicht, dann rief sie: „O mein Jesus, mein Jesus, hilf mir, erbarme dich meiner, obgleich ich dessen unwürdig bin. O heiligste Jungfrau, gewähre mir deine Hilfe!“ Die Schmerzen dauerten fort, aber in ihre Seele goß der Herr die wunderbarste Süße, welche sie ganz mit Gottes Willen vereinigte, und ihr Antlitz glänzen machte, wie das eines Engels. In ihrem letzten Augenblick schnürte ihr der Schmerz die Luftröhre zusammen, sie aber war dabei so heiter, als sähe sie den Himmel offen, und die Engel herbei kommen, um sie zur Hochzeit des Lammes abzuholen. Sie konnte kaum ein Wort hervor bringen, doch tat sie sich Gewalt an, den Namen ihrer Lieben Mutter Maria auszusprechen. Und als einer der ihr Sterbebett umstehenden Priester sprach: „Maria, Mutter der Gnade, Mutter der Barmherzigkeit, beschütze mich vor dem Feind und nimm mich auf in der Stunde des Todes“, gab sie mit ihrem Gesicht und ihren Augen zu verstehen, wie angenehm ihr die Worte seien, und seufzte: „O!“ als wollte sie Vergelts Gott sagen.

Sie pflegte auch oft in ihrem Leben Jedermann zu raten, gegen die seligste Jungfrau eine besondere Andacht zu haben; sie selbst rief in allen Anliegen zu ihr, und sagte, daß sie die größten und wunderbarsten Gnaden aus ihren Händen erhalten habe. Die letzte Gnade aber, welche ihr die Gottesmutter gewährte, war, daß sie mit offenen Augen zum Himmel blickend, und ihre heiligen Patrone gleichsam grüßend, freudigen Antlitzes ihren geist aufgab am 28. Mai 1575. Bei ihrem Hinscheiden hatte sie sich die Gnade ausgebeten, zu den Füßen Mariens von den Engeln begraben zu werden, und ihr Leib fand auch am Fuß des Altares der Lieben Frau ihre Ruhestätte. (Bolland.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 1303 – Sp. 1305

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