P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung
§ 2. Die heiligste Dreieinigkeit
Die heiligste Dreieinigkeit drei göttliche Personen
Suchen wir uns nunmehr den Inhalt dieser geheimnisvollen Lehre soweit als möglich klar zu machen.
Ist eine jede dieser drei Personen Gott?
Ja, der Vater ist wahrer Gott, der Sohn ist wahrer Gott, und der Hl. Geist ist wahrer Gott. Doch sind diese drei Personen nur ein Gott.
Nicht bloß der Vater, sondern auch der Sohn und der Hl. Geist besitzen die ganze göttliche Natur und Wesenheit samt allen göttlichen Vollkommenheiten; sonach kommt jeder dieser drei Personen der Name Gott im vollsten Sinne zu. (1) Daher die Erklärung des Konzils von Toledo (J. 675), daß „jedwede Person im vollen Sinne Gott (plenus Deus) sei“. Gleichwohl gibt es nicht drei Götter, sondern die drei Personen sind nur ein Gott, wie der Katechismus sagt.
Warum sind die drei Personen nur ein Gott?
Die drei Personen sind nur ein Gott, weil alle drei Personen die eine göttliche Natur gemeinsam besitzen.
Die drei göttlichen Personen dürfen wir uns nicht vorstellen nach Art von menschlichen Personen. Drei menschliche Personen haben notwendig auch drei menschliche Naturen; denn jeder Mensch hat seine eigene Natur, d. h. seinen eigenen Leib und seine eigene Seele. Die unvollkommene menschliche Natur ist gar nicht derart, daß eine einzige drei Personen eigen sein könnte. Ganz anders verhält es sich mit der unendlich vollkommenen Natur Gottes. Zunächst gibt es nur eine einzige, völlig unteilbare göttliche Natur; diese göttliche Natur ist aber wegen ihrer unendlichen Vollkommenheit so beschaffen, daß mehrere Personen sie zugleich voll und ganz besitzen können. Weil nun die drei göttlichen Personen in Wirklichkeit die eine unteilbare Natur oder Wesenheit gemeinsam besitzen, darum gibt es nicht drei Götter, sondern nur einen Gott.
Ist eine Person älter oder mächtiger als die andere?
Nein, alle drei Personen sind von Ewigkeit her, alle sind gleich mächtig, gut und vollkommen, weil alle drei ganz dieselbe göttliche Natur oder Wesenheit haben.
Die göttlichen Vollkommenheiten sind untrennbar von der göttlichen Natur oder Wesenheit, ja sie sind streng genommen ein und dasselbe mit ihr; denn die göttliche Natur ist, obgleich unendlich vollkommen, doch zugleich durch aus einfach. Da nun die drei göttlichen Personen ein und dieselbe göttliche Natur besitzen, so besitzen sie selbstverständlich auch ganz dieselben Vollkommenheiten. Jede derselben ist ewig, unveränderlich, allgegenwärtig, allwissend, allweise, allmächtig, unendlich heilig und gerecht, unendlich gütig und barmherzig, unendlich wahrhaft und getreu.
Ist also gar kein Unterschied zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Hl. Geist?
Der Person nach sind sie unterschieden, aber in der Wesenheit sind sie eins.
„Der Vater ist eine Person, der Sohn ist eine andere Person, und der Hl. Geist wieder eine andere Person.“ (Athanasianisches Glaubensbekenntnis) Nur so ist es möglich, daß die zweite Person unsere menschliche Natur annehmen konnte, ohne daß die erste und die dritte sie annahmen; nur so konnte der Sohn den Vater bitten; denn niemand bittet sich selbst; nur so konnte der Hl. Geist vom Vater und Sohn gesandt werden; denn keiner sendet sich selbst. Es wäre demnach eine Ketzerei zu behaupten, die drei göttlichen Personen seien eigentlich nur drei verschiedene Benennungen ein und derselben Person, im Grunde bestände nur insoweit ein Unterschied, als sich uns die eine göttliche Person bald als Schöpfer, bald als Erlöser, bald als Heiligmacher offenbarte. Eine solche Auffassung wäre ein ebenso großer Irrtum, als wenn man behauptete, es gebe drei Götter; denn es ist ebenso wahr, daß in Gott drei verschiedene Personen sind, als daß nur ein Gott ist.
Wiewohl die Personen voneinander unterschieden sind, so sind sie doch in keiner Weise als getrennt oder trennbar zu denken. „Die göttliche Weisheit (der göttliche Sohn) ist der Abglanz des ewigen Lichtes (Weish. 7, 26) Wie wir nun wahrnehmen, daß der Glanz vom Licht unzertrennlich ist, so bekennen wir auch, daß der Sohn vom Vater nichtgetrennt werden kann.“ So spricht sich das Konzil von Toledo in dem von ihm verfaßten Symbolum aus. (J. 675)-
aus: P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung, Ein Hilfsbuch für die Christenlehre und katechetische Predigt, 1. Band Lehre vom Glauben, 1911, S. 166 – S. 168