Die Mission eine göttliche Aussaat

Zwei afrikanische Kinder, ein Junge und ein Mädchen, bitten um christliche katholische Missionierung, um dem Götzendienst zu entfliehen

Die Mission – eine göttliche Aussaat

Predigt zum Sonntag Sexagesima

„Es ging der Sämann aus, zu säen seinen Samen.“ (Lk. 8, 5)

Der Sämann ist Jesus Christus

Andächtige Christen! Von einem Sämann ist in der Parabel des heutigen Evangeliums die Rede, von Aussaat und von Erntefrucht. Wer ist dieser Sämann, der da ausgeht? Es ist Jesus Christus, der göttliche Heiland selbst, antworten wir mit dem hl. Johannes Chrysostomus (In Matth. Hom. 44, al. 45, n. 3): „Und von wo ging er aus, der Allgegenwärtige, der alles erfüllt? Oder wie ging er aus? Nicht dem Ort nach, sondern in seiner Beziehung und seinem Verhältnis zu uns, indem er uns näher kam durch das Gewand des Fleisches. Denn da wir nicht eintreten konnten, weil die Sünden uns den Eingang verschlossen, ging er aus zu uns. Und wozu? Ging er aus? Um die mit Dornen erfüllte Erde zu verderben? Um die Ackersleute zu bestrafen? Keineswegs, sondern um selbst zu bebauen und zu sorgen und das Wort der Gottesfurcht auszustreuen. Den Samen nennt er hier die Lehre, den Acker die Seelen der Menschen, den Sämann aber sich selbst.“

Jesus Christus ist also der Sämann, der ausging. Er verließ die Herrlichkeit seines Vaters und wurde Mensch. Durch seine Lehrtätigkeit streute er den Samen seines göttlichen Wortes in das Ackerfeld dieser Zeitlichkeit, auf daß eine Frucht erwachse, die eingebracht werden könne in die Scheuern des himmlischen Vaters. Jesus Christus hat die Aussaat unter seinem Volk begonnen, die Apostel und deren Nachfolger haben sie fortgesetzt, und noch ist die Aussaat-Arbeit nicht beendet. Was unsere heilige Kirche durch ihre Missionare unter den heidnischen Völkern besorgen läßt, das ist Aussaat und Anbau. Die Missionare sind die Säleute des göttlichen Heilandes. Die Mission ist ein göttliches Aussaat-Werk.

Jeder von uns soll am Missionswerk teilnehmen

Der göttliche Heiland beruft auch uns zur tätigen Anteilnahme an dem heiligen Missionswerk. Säleute sollen wir alle sein, die das heilbringende Saatgut der Lehre Christi in die Heidenvölker hinein werfen. O verstehen wir recht den Ruf unserer Zeit! Ein jeder gehe im Dienst des Missionswerkes als Sämann aus, seinen Samen zu säen. Um uns dieser Aussaat-Pflicht noch mehr bewußt zu werden und in ihr uns zu bestärken, laßt uns erwägen, daß die Mission ein göttliches Aussaat-Werk ist, denn

1. Jesus Christus ist in dem Missionswerk der göttliche Sämann;
2. Glaube und Gnade sind der göttliche Same, der ausgestreut wird;
3. Gottes Ehre und der Menschen Heil sind die Frucht, die das Missionswerk hundertfach zur Reife bringt.

Die verhängnisvolle Saat des Sündenfalls

Andächtige Christen! Vor der Aussaat liegt das Ackerfeld öde und brach. Die edlen Kräfte und Säfte schlummern gebannt in der schwarten Ackerkrume. Ein keimfähiger Same muss hinein gestreut werden, um sie auszulösen. Dann werden sie wachsen und Ähre und Frucht bringen.

Ein weites Brachfeld war die Welt vor der Ankunft des göttlichen Heilandes, und in jedem Menschenherzen war es wüst und leer. Wohl hatte vor Zeiten ein Paradies-Garten bestanden; aber ach! Ein Sturm war nieder gegangen mit solch tief gehenden Folgen, wie die Weltgeschichte keinen zweiten kennt. Es war der erste Sündenfall und seine Erbschuld. Die Sünde hatte die Tugendblüten geknickt und jedes edle Wachstum bis in die Wurzel hinein vergiftet. Der Lebensbaum war zum Baum des Todes geworden. Und nun lag das weite Erdreich wüst und öde.

Aber noch mehr. Eine Giftsaat war in das Erdreich, in das menschliche Herz, hinein gestreut worden, und die begann bald sich zu regen und die schlummernden Kräfte aufzuwecken. Welches Wachstum konnte aber einer Giftsaat entsprossen? Unkraut begann zu wuchern, Dornen und Disteln und Giftpflanzen aller Art überzogen in allzu üppigem Wachstum das Erdreich des menschlichen Herzens. Die sündhaften Leidenschaften gewannen die Oberhand. Die verhängnisvolle Saat zeitigte Verderben bringende Früchte. Und von diesen Früchten sättigte sich die Menschheit, und sie aß sich den ewigen Tod. Es ist kein Märchen aus alter Zeit, andächtige Christen, was ich da sage von Sünden-Aussaat und Sünden-Frucht. Noch wuchern und wachsen sie vor unsern eigenen Augen in erschreckender Größe und Besorgnis erregendem Umfang. Die Heidenwelt mit ihren 900 Millionen Menschenseelen, die im blinden Wahn des Götzenglaubens befangen und seinem sittenlosen Dienst ergeben sind, diese Heidenwelt ist der Sünde Aussaat und der Sünde Frucht. An ihr sättigen sich drei Viertel der Menschheit – o erschütternder Anblick! – und essen sich den Tod, den ewigen Tod. (*)

„Im Anfang“, so beginnt das Buch der Bücher, „schuf Gott Himmel und Erde. Aber die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über dem Abgrund, und der Geist Gottes schwebte über den Wasser“ (Gen. 1, 1). Sein belebendes göttliches Wort tönte mit Allgewalt in das Chaos und schuf Licht und Leben, bewirkte Ordnung und Harmonie und weckte die schlummernden und gebannten Kräfte zu herrlichem Wachstum. Ein zweiter Schöpfungs-Morgen brach an, andächtige Christen, als die zweite Person der Gottheit, Jesus Christus, auf diese Erde in sichtbarer Menschengestalt hernieder stieg. Auch da lag die Erde, das Menschenherz, das ganz irdisch geworden war, wüst und leer. Abgestorben waren die besseren Triebe, fest gebannt lagen die edlen Kräfte. Kalter Todeshauch wehte über das erstorbene Erdreich der Menschheit. Die von Gott gesetzte Ordnung und Harmonie zwischen Herz und Verstand, zwischen Natur und Gnade war gewaltsam zerrissen. Finsternis war über dem Abgrund.

Der göttliche Sämann Jesus Christus

Und der göttliche Sämann Jesus Christus ging aus, zu säen seinen Samen. Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an und begann die mühevolle Arbeit der Aussaat. Seht ihn schreiten, andächtige Christen, den göttlichen Sämann, unermüdlich und unverdrossen, mit sorgender Liebe und liebender Erbarmung; seht ihn schreiten durch die Täler Judäas, über die berge Galiläas, von Flecken zu Flecken, von Stadt zu Stadt, und auswerfen seinen Samen mit göttlicher Freigebigkeit und Geduld in alle Menschenherzen.

Sein Gebot: „Lehrt die Völker und taufet sie“

Mit dem Tode am Kreuz war aber die Aussaat-Arbeit des göttlichen Heilandes keineswegs beendet. Sie stand erst im Anfang. Durch sein Leiden und durch seinen Tod hatte der göttliche Sämann sich erst das Anrecht auf das Saatfeld um einen hohen Preis erworben und das göttliche Saatgut der Gnade mit seinem Blut erstanden. Was er selbst an Aussaat-Arbeit während den drei Jahren seines öffentlichen Lebens getan hatte, war gleichsam nur eine zum Vorbild vollbrachte Arbeit. Die eigentliche Aussaat sollte jetzt beginnen. Es war die ernste Stunde des Abschiedes, da Christus zu seinem himmlischen Vater zurück kehren wollte. Dort auf dem Ölberg hat er zum letzten Mal seine Jünger um sich geschart. Der Herr des Weinberges hat seine Säleute bestellt: „Geht hinaus in alle Welt!“ so spricht er zu ihnen, und die Säleute sehen vor ihren Augen das Arbeits- und Saatfeld sich ausbreiten: „es ist die ganze Welt. „Lehrt alle Völker und taufet sie!“ Christi Lehre und Gnade wird ihnen zur Aussaat anvertraut. Geht und lehret und taufet, und die Säleute schreiten aus. Die Apostel beginnen ihr Missionswerk: „Es ging der Sämann aus, zu säen seinen Samen.“

Die Mission ist ein göttliches Aussaat-Werk

Ein göttliches Aussaat-Werk ist die Mission. Mit göttlichem Saatgut durcheilen die Apostel die Länder und Völker. Das Beispiel ihres Meisters schwebt ihnen vor Augen, und sie bestreben sich, es ihm nachzutun. Sie kargen nicht mit der Aussaat; mit vollen Händen werfen sie ihren Samen unter die Völker am Euphrat und Tigris, am Nil und am Ganges, an der Tiber und am Ebro. Ja wahrhaft verschwenderisch gehen sie mit dem Saatgut um. Es fällt an den Weg und wird zertreten. Es fällt auf Felsen und wird verbrannt durch die Glut. Es fällt zwischen die Dornen und wird erstickt. Es fällt aber auch in gute Erde und bringt hundertfache Frucht.

Ein göttliches Aussaat-Werk ist die Mission. Kaum war die Aussaat in dem ersten Saatfeld der griechisch-römischen Welt bestellt, da sehen wir den Pflug der Weltgeschichte tief durch die Völker schneiden. Er zieht neue Ackerfurchen, und wie gewaltige Erdschollen stürzen die Völker über- und durcheinander. Die große Völkerwanderung bringt ein neues Aussaat-Feld. Und Christus, der göttliche Sämann, läßt durch seine Kirche von neuem die Säleute ausgehen. Scharenweise ziehen die Missionare nach dem Norden, nach dem Westen und Osten des europäischen Kontinents. O seht ihr sie kommen, andächtige Christen, diese gesegneten Säleute des Missionswerkes? Sie kommen auch in unser Vaterland. Auch unser Land und unser Volk wird ein Saatfeld, ein Missionsfeld. Göttlicher Same wird in die dunklen Urwälder Germaniens hinein gesät. Die Aussaat wird bestellt am Rhein und an der Weser, an der Donau und am Main. „Es ging der Sämann aus, zu säen seinen Samen.“

Kaum hatte das Ackerland der germanisch-slawischen Welt das göttliche Samenkorn erhalten, da zeigten sich neue Aussaat-Felder jenseits der Ozean, in der Neuen Welt. Die großen Entdeckungen um die Wende des 16. Jahrhunderts hatten die Wege zu Völkern und Ländern gebahnt, die bis dahin unbekannt geblieben waren. Eine neue Aussaat musste begonnen, nach neuen Säleuten musste gesucht werden. Die Kirche erließ ihr Aufgebot, und von allen Seiten strömten die Gott begeisterten Missionare herbei, und auf allen Wegen zogen sie hinaus, das göttliche Saatgut unter die Völker zu streuen. „Es ging der Sämann aus, zu säen seinen Samen.“ Ja, wahrhaft ein göttliches Aussaat-Werk ist die Mission. Gottes Vorsehung wacht über den Geschicken der Völker. Jesus Christus, der göttliche Sämann, läßt die Aussaat zu allen Zeiten bestellen. Wie ein stürmender Frühling setzte das 19. Jahrhundert ein. Abermals kreuze in tief gehenden Furchen der Zeitenpflug durch die Völker. Ganze Landschollen wurden gewendet und aufgeworfen. Zahlreiche Völker, die lange abseits der großen Weltstraßen gestanden hatten, drangen mit ungestümem Verlangen der neuen Zeit entgegen. Wohin wir auch blicken, in allen Erdteilen und bei allen Menschen, überall zeigt sich neues, anbaufähiges Land. Eine Aussaat wird erfordert so groß und umfangreich, aber auch so dringend und gebieterisch, daß wir besorgt die Blicke auf den göttlichen Sämann richten und fürbittend flehen: Herr, wo bleiben deine Säleute? Herr, sende Arbeiter in deinen Weinberg!

Wir alle sollen in den Dienst des göttlichen Sämanns treten

Andächtige Christen! Die Mission ist ein göttliches Aussaat-Werk, denn göttlich ist der Sämann, der hier durch seine Arbeitsleute den Samen auswerfen läßt. Welche Ehre, welche Auszeichnung, wenn uns der göttliche Sämann in seinen Dienst nimmt! Und wir alle sollen in seinen Dienst treten. Wir alle sollen Anteil nehmen an der göttlichen Aussaat, die durch das Missionswerk bestellt wird…

Andächtige Christen! Als der göttliche Heiland seine Apostel zur Missions-Aussaat in die weite Welt sandte, da händigte er ihnen auch das Saatgut ein, das sie unter die Völker ausstreuen sollten. „Der Same aber ist das Wort Gottes.“ So erklärt es der göttliche Heiland selbst in der Parabel des heutigen Evangeliums. Der Same ist das Wort Gottes, das uns mitgeteilt wird in der Lehre Christi zur Erleuchtung, das uns gegeben wird in den Gnadenmitteln zur Belebung. Glaube und Gnade, das ist das göttliche Saatgut, das ausgestreut werden soll durch die Missionare unter allen Völkern, über alle Länder, durch alle Zeiten.

„Der Same aber ist das Wort Gottes.“ Gottes Wort ist den Heiden abhanden gekommen. Sie haben die Erkenntnis Gottes verloren, und deshalb heißen sie: ein Volk der Finsternis. Aber ein Licht leuchtet in der Finsternis (Joh. 1, 5), und Christus selbst ist dieses wahre Licht, welches erleuchtet jeden Menschen, der in diese Welt kommt (Joh. 1, 9). Christus ist das Licht der Welt. Wer ihm nachfolgt, wandelt nicht in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben (Joh. 8, 12). Christi Lehre und Christi Beispiel sind das Wort Gottes, das als Same hinaus getragen werden muss in alle Welt und eingesät werden muss in jedes Menschenherz. Christus ist der göttliche Lehrmeister aller Menschen. „Siehe“, so ward von ihm im Alten Bund geweissagt, „siehe, zum Zeugen für die Völker habe ich ihn gemacht, zum Fürsten und Lehrer der Völker. Siehe, Völker, die du nicht kanntest, wirst du herbei rufen; Völker, die dich nicht kannten, werden zu dir laufen, um des Herrn deines Gottes willen, des Heiligen in Israel; denn er verherrlicht dich“ (Is. 55, 4 u. 5). Christi Lehramt ist für alle Völker bestimmt; es ist ein universales, das die ganze Menschheit und alle Zeiten umfaßt. Es wird ausgeübt durch das Lehramt der heiligen Kirche. Und deshalb muss dieses Lehramt das Wort Gottes als Samen hinaus tragen in alle Welt und hinein säen in alle Völker. Alle soll dies göttliche Wort dem Tod entreißen. „Wenn jemand dies Wort bewahrt, wird er den Tod nicht schauen in Ewigkeit“ (Joh. 8, 51). Alle soll es aus der Finsternis befreien, denn jeder, der da glaubt an Christus, bleibt nicht in der Finsternis (Joh. 12, 46); alle soll es zum Vater führen (Joh. 14, 6) und allen soll dies göttliche Wort das ewige Leben vermitteln, denn „dies ist das ewige Leben, daß sie dich erkennen, den einzig wahrhaften Gott, und den, so du gesendet hast, Jesus Christus“ (Joh. 17, 3)

Ohne Mission bleibt die Heidenwelt tot für die Ewigkeit

„Der Same ist das Wort Gottes.“ Wird es zur Aussaat nicht hinaus getragen, dann bleibt der große Acker der Heidenwelt tot und unfruchtbar für die Ewigkeit. Der traurige Zustand der Heidenwelt zeigt uns zur Genüge, wie notwendig die Aussaat des göttlichen Samens ist. Aus sich selbst vermag der Mensch nicht die übernatürlichen Wahrheiten zu erfassen und zur Kenntnis der Geheimnisse des heiligen Glaubens zu gelangen. Gott muss sie uns offenbaren. Wenn es daher Glaubens-Geheimnisse gibt, deren Kenntnis dem menschen zu seinem Heil notwendig sind, so schließen wir mit Recht auf die Notwendigkeit der Mission. Die göttliche Offenbarung, die für alle Menschen gegeben wurde, darf keiner einzigen Menschenseele vorenthalten bleiben. Der Same des Wortes Gottes muss ausgesät werden über die Völker, dann wird zur Wahrheit werden das Wort des Propheten Isaias: „Die Erde ist voll der Erkenntnis des Herrn, wie Gewässer den Meeresgrund decken“ (Is. 11, 9).

„Der Same ist das Wort Gottes.“ Wie der Mensch durch eigene Verstandeskraft die hohen Glaubens-Wahrheiten nicht erfassen kann, so kann er auch nicht durch eigene Willenskraft der erkannten Wahrheit nachstehen. Gottes Gnade muss ihm zu Hilfe kommen. Je mehr wir, andächtige Christen, von der Notwendigkeit der göttlichen Gnade für den Menschen überzeugt sind, desto mehr wir sich uns auch die Überzeugung aufdrängen, wie notwendig die Missionstätigkeit und wie groß die Pflicht ist, sie auch auszuüben. Gott hat die vorzüglichsten Gnaden unseres übernatürlichen Lebens an die Heilsmittel, die heiligen Sakramente, gebunden. Ihre Verwaltung und Ausspendung hat er seiner Kirche anvertraut. Das Hirtenamt der Kirche hat daher die Pflicht, die ihr anvertrauten Heilsmittel allen Menschen zugänglich zu machen. Wie allen Menschen das Wort Gottes gepredigt werden soll, so sollen auch alle wiedergeboren werden zu dem übernatürlichen Leben, sollen alle durch den Geist der göttlichen Wahrheit gestärkt und befestigt werden, soll allen das lebendige Brot des Lebens gereicht werden. „Wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem heiligen Geist, kann er nicht eingehen in das Reich Gottes“ (Joh. 3, 5), und „So jemand ißt von diesem Brot, wird er leben in Wahrheit; und das Brot, welches ich geben werde, mein Fleisch ist es für das Leben der Welt“ (Joh. 6, 52).

„Der Same ist das Wort Gottes!“ Mit diesem göttlichen Samen voll Licht und voll Kraft geht die Mission hinaus zu den Völkern und streut ihn hinein in das heidnische Ackerland. Da wird es Licht in der Finsternis, die edlen Kräfte im Menschenherzen werden geweckt und eine göttliche Keimkraft wird in die Menschenseele hinein gelegt. Eingepflanzt wird der Mensch als lebendige Rebe in den göttlichen Weinstock, ohne den er keine Frucht bringen kann; mit ihm aber vereint, bringt er viele Früchte hervor (Joh. 15, 4 u. 5). Das Missionswerk ist ein göttliches Aussaat-Werk; denn die Mission steht im Dienst des großen göttlichen Sämannes, Jesu Christi, und göttliches Saatgut streut sie unter die Völker. Wie ihr göttliches Vorbild, so schreitet auch sie aus zu mühsamer, beschwerlicher Arbeit. Mit göttlicher Freigebigkeit hatte einst der Weltheiland die Aussaat besorgt. Ein Same war ein jedes Wort gewesen, das er gesprochen, ein jedes Wunder, das er gewirkt, ein jedes Beispiel, das er uns gegeben. Ja er selbst wurde zu einem göttlichen Samenkorn.

Das Missionswerk ist eine Aussaat unter Tränen

Andächtige Christen! Wir stehen am Beginn der heiligen Fasten- und Leidenszeit. Wieder werden an unserem Geist die Bilder der Passion vorüber ziehen. Christi Leiden und Tod war die große, die göttliche Saat unserer Heiligung und Rettung. Wie ein Saatfeld, das zubereitet werden muss, ließ er seinen heiligen Leib mit den Geißeln und Dornen peinigen, und mit dem Kreuzespflug zog er eine Leidensfurche tief und breit von Jerusalem bis nach Kalvaria. Da hinein, zur befruchtenden Überschwemmung des öden Erdreiches, ließ er sein heilige Blut strömen und sich selbst, am Kreuz angeheftet, als göttliches Saatkorn in den Felsboden senken. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn nicht das Weizenkorn in die Erde fällt und erstirbt, so bleibt es vereinzelt; wenn es aber stirbt, bringt es viele Frucht“ (Joh. 12, 24 u. 25).

Ein ähnliches Los teilten mit ihm seine Nachfolger im Apostelamt und teilen mit ihm auch heute noch seine Missionare. „Ein Weizen Gottes bin ich“, so schreibt der hl. Ignatius an die Römer, „und gemahlen muss ich werden mit den Zähnen der Bestien, um reines Gottesbrot zu werden.“ Das Missionswerk ist eine Aussaat unter Tränen: „Sie gehen und weinen und streuen ihren Samen“ (Ps. 125, 6), aber auch eine Aussaat für die Ewigkeit. Die Frucht, die aus dieser Aussaat heran reift, ist ganz göttlicher Art: es ist Gottes Ehre und der Menschen Heil, und deshalb ist die Mission ein göttliches Aussaat-Werk.

Wo sind die wogenden Erntefelder?

Andächtige Christen! An zweitausend Jahre sind es, daß der göttliche Sämann ausgeht, seinen Samen zu streuen. Und da drängt sich uns die Frage auf: Wo sind die wogenden Erntefelder? Lohnt sich auch die Aussaat, die mit so vielen Opfern verbunden ist? Das Evangelium des heutigen Tages läßt uns über das Schicksal des Samens nicht im unklaren. „Während er säte“, so heißt es, „fiel einiges an den weg und wurde zertreten, und die Vögel des Himmels fraßen es. Un anderes fiel auf den Felsen und, aufgekeimt, verdorrte es, dieweil es nicht Feuchtigkeit hatte. Und anderes fiel zwischen die Dornen, und die Dornen, welche mit aufwuchsen, erstickten es.“ Also nicht jedes ausgestreute Samenkorn bringt Frucht, nicht alles in Anbau genommene Erdreich wird zum wogenden Erntefeld. Wie dem Samenkorn auf dem Acker, so ergeht es auch der Botschaft von dem himmlischen Gottesreich, und zwar sowohl bei einzelnen Menschen im kleinen als auch auf dem Völkeracker der Missions-Tätigkeit im großen. Es gibt Missionsgebiete, auf welchen die frohe Botschaft des Heiles wegen der Gleichgültigkeit und Unempfänglichkeit der Heiden keine Aufnahme findet. Ihr Herz gleicht dem harten Pfad neben dem Acker, auf dem der Same an der Oberfläche liegen bleibt. Wo die Herzenshärte das Samenkorn des göttlichen Wortes nicht eindringen und Wurzel fassen läßt, da wird es durch den bösen Feind alsbald weg genommen: „Es kommt der Satan und raubt das Wort aus ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und selig werden.“

Andere Missionsgebiete gibt es, deren Bewohner oberflächliche Augenblicks-Kinder sind. Das Wort Gottes macht nur einen vorüber gehenden Eindruck, aber gewinnt bei ihnen keine festen Halt. Bei dem Widerspruch und Kampf des Bösen gegen die Sache Gottes können Drangsal und Verfolgung um des Evangeliums willen nicht ausbleiben. In dieser Prüfung soll es sich nun bewähren, ob die freudige Annahme des Wortes Gottes nur eine vorüber gehende Regung des Gefühls oder aber eine entschiedene Hingabe des Willens war. Da zeigt es sich denn leider, daß vielen das Kreuz des Heilandes zum Anstoß wird: „Sie glauben für einen Augenblick, aber zur Zeit der Versuchung, wenn um des Wortes willen Trübsal und Verfolgung herein brechen, nehmen sie Anstoß und fallen ab“ (Mt. 13, 21).

Eine dritte Art von Missionsfeldern stellt dem Missionserfolg Hindernisse entgegen, die zwar das Samenkorn wurzeln und wachsen, aber nicht zum Fruchttragen kommen lassen. Wir finden Heidenvölker, die von Gott reich begabt sind und anscheinend ein fruchtbares Missionsfeld bieten. Aber mit dem Kulturfortschritt des Volkes wachsen auch seine Leidenschaften, wächst seine Gier nach irdischem Reichtum und Genuss, nach Macht und ansehen. Diese Leidenschaften werden zu Dornen und Disteln, die das Wort Gottes ersticken, und es kommt nicht zur Reife.

Keiner darf sich der Missionspflicht entziehen

Andächtige Christen! Darf uns der Gedanke, daß so viele Aussaat verdirbt, daß sie viele Mühen in dem Missionswerk ohne Erfolg bleiben, mutlos machen? Keineswegs, noch bleibt ein Erdreich übrig, und die Frucht, die hier der Same bringt, ist reichlich lohnend: es ist hundertfache Frucht… „Das aber auf gutem Erdreich, das sind die, welche mit rechtschaffenem herzen das Wort hören und behalten und Frucht bringen in Beharrlichkeit.“

Solche Frucht in Beharrlichkeit brachten die Märtyrer zur Zeit der Christenverfolgungen im römischen Reich. Solche Frucht brachten im 16. und 17. Jahrhundert die Märtyrer in Japan. Ein solches Erntefeld war in der Neuzeit Korea, China und Uganda. Es war hundertfache Frucht…

Keiner darf sich der Missionspflicht entziehen, denn „wer nicht mit mir ist“, so sagte einst der göttliche Sämann, „der ist wider mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. Erst dann, wenn wir unsere Pflicht getan und die Aussaat besorgt haben,, erst dann wird der himmlische Fruchtweizen hundertfältig in Ähren gehen, und erst dann können wir mit den ersten Christen beim Empfang der heiligen Kommunion beten: „Wie dieses gebrochene Brot zerstreut war auf den bergen und, zusammen gebracht, eins wurde, so laß auch deine Kirche von den Enden der Erde in dein Reich zusammen gebracht werden. Amen.“ (Robert Streit O.M.I.) –
aus: Robert Streit O.M.I., Missionspredigten Zweiter Teil Der göttliche Wille, 1914, S. 10 – S. 22

(*) siehe die neuere Statistik Vergleich 1900 und 2019: Verteilung der Weltbevölkerung nach Religionen
Hinzu kommt noch der Glaubensabfall in den ehemals christlichen Ländern sowie die sich abzeichnende Rückkehr zum Heidentum.

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