Heiligenkalender
24. Juni
Heiliger Johannes der Täufer
Die Ehre, das Leben und die Tugenden dieses hl. Johannes, der durch ein Wunder empfangen, durch ein Wunder schon vor der Geburt geheiligt, durch ein Wunder bei der Beschneidung verherrlicht worden ist, der den in Nazareth schon wohnenden Welterlöser angekündigt, im Jordan mit eigener Hand getauft und als das Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt hinweg nimmt, der schuldbeladenen Menschheit gezeigt hat – die Ehre, das Leben dieses Heiligen zu beschreiben, hat der heilige Geist den vier Evangelisten des Neuen Bundes aufgetragen. Und diese vier Zeugen der Wahrheit haben ihren Auftrag erfüllt in einer Weise, daß wir hier nur noch eine Nachlese minder wichtiger Züge zu geben haben.
Die katholische Kirche feiert neben dem Geburtstagsfest Jesu Christi und der heiligen Jungfrau voll der Gnaden nur noch das des hl. Johannes (siehe den Beitrag: Die Geburt von Johannes dem Täufer), und zwar schon seit den ersten Jahrhunderten. Der Name, den der Erzengel Gabriel für dieses Kind bestimmte, sowie die Namen seiner Eltern sind sehr bedeutungsvoll und vom heiligen Geist selbst in dem erhabenen Lobgesang, den die wieder gelöste Zunge des überglücklichen Vaters bei der Beschneidungs-Feier seines Sohnes gesungen, erklärt worden. Denn Elisabeth heißt auf deutsch: „Gottes Schwur“, Zacharias: „Gottes Erinnerung“, und Johannes: „Gottes Huld und Gnade“; d. h. Gott hat sich erinnert seines Schwures, den Er dem Abraham geschworen, und der Welt geoffenbart seine Huld und Gnade.
Johannes wohnte vom achten Jahre an in der Wüste, um durch gebet und Buße für sein sündiges Volk dem „Herrn“ den Weg zu den Erlösungs-Bedürftigen zu bereiten, und ging, dreißig Jahre alt, an den Jordan, um das Volk dem Erlöser zuzuführen. Sein auftreten schaute Katharina Emmerich also: „Er war groß von Gestalt, hager vom Fasten und Abtötung, aber doch stark und kräftig, ungemein edel, rein und einfach, ganz aufrecht und gebieterisch seine Haltung, seine Farbe bräunlich, sein Angesicht mager und eingefallen, ernst und streng, seine Haare rötlich-braun und kraus, sein Bart klein. Um die Mitte des Leibes trug er ein Tuch, das herabfiel bis auf die Knie, und darüber einen rauhen Mantel von Kamelhaaren. Arme und Brust waren unbedeckt, und in der Hand trug er einen Stab, wie ein Hirtenstab gekrümmt; sein Erscheinen machte einen wunderbaren Eindruck, so daß man ihn für den Messias selbst hielt.“ – Unbegreiflich tief war seine Demut: denn obwohl sein Herz vor Liebe und Sehnsucht nach Jesus fast verschmachtete und ihn nötigte, sein Jünger zu werden, dennoch blieb er nur die „Stimme des Rufenden“ und treu seinem Heroldsdienst bis in das Gefängnis des feigen Ehebrechers Herodes, dem er das so hoch geschätzte, aber nur von den größten Heiligen nachgeahmte: „Es ist dir nicht erlaubt“, in das befleckte Gewissen hinein gerufen hat.
Ohne Zweifel hat die inhaltsvolle Lobrede, mit der Jesus Christus selbst seinen geliebten Vetter und Täufer ehrte, viel beigetragen, daß der hl. Johannes in der ganzen katholischen Christenheit so hoch verehrt wird, daß ihm so zahlreiche Kirchen geweiht sind, und unter diesen „die Mutter und das Haupt aller Kirchen der Welt und des Erdkreises“ die Lateran-Basilika in Rom: daß zu seiner Ehre drei Feste: am 24. Juni „seine Geburt“, am 29. August „seine Enthauptung“, am 24. Februar „die erste Auffindung seines Hauptes“ – und bei den Griechen am 23. September noch ein viertes, das „seiner Empfängnis“ gefeiert werden; daß ihn mehrere Länder und Städte, mehrere Orden und Handwerke (der Maurer und Schneider) zu ihrem Patron, und die an Fallsucht Leidenden zu ihrem besonderen Fürbitter erwählt haben. Die kostbarste Reliquie dieses Heiligen, sein Haupt, befindet sich nach langen Wanderungen zu Amiens in Frankreich, verherrlicht durch viele Wunder; seine rechte Hand soll nach Zisterz und seine linke Hand nach Perpignan gekommen sein.
In vielen Gegenden wird am Abend des heiligen Johannes-Festes, meist auf Anhöhen, ein Feuer angezündet, dessen Bedeutung nicht klar ist, besonders wegen der ungeziemenden Sprünge, die um dasselbe gemacht werden. Einige beziehen diese Sitte auf den Stand der Sonne, welche um diese Zeit abzunehmen beginnt, während sie am Geburtsfest Jesu Christi zu wachsen anfängt, da er zu seinen Jüngern, die über den vermehrten Wirkungskreis Jesu ärgerlich und eifersüchtig waren, in so schöner Demut sprach: Ich muss abnehmen, Er aber zunehmen.“ –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 479-480