Heiligenkalender
26. August
Der heilige Genesius, Schauspieler und Märtyrer
Genesius war ein berühmter Schauspieler zu Rom. Wiewohl von christlichen Eltern stammend, hatte er doch tiefen Haß gegen die christliche Religion und zeigte ihn öffentlich. Im Jahre 286 führte er vor dem Kaiser Diokletian mit seinen Genossen ein Possenspiel auf, um die Taufe der Christen lächerlich zu machen. In dieser Absicht verschaffte er sich eine genaue Kenntnis von allem, was bei der heiligen Taufe zu geschehen pflegt, und teilte die Rollen unter seinesgleichen aus. Er sann mit allem Fleiß darauf, wie er dieses heilige Sakrament allen Zuschauern zum Gelächter und Gespött machen könnte.
Der dazu bestimmte Tag war erschienen. Der Kaiser war mit seinem ganzen Hof samt einer zahllosen Menge Volkes gegenwärtig; das Schauspiel nahm seinen Anfang. Genesius vertrat die Hauptperson. Er stellte sich gleich anfangs, als wäre er krank, legte sich zu Bett und rief den Seinigen zu, sie sollten ihm eine Linderung verschaffen. Endlich sagte er, weil er doch bald sterben müsste, so wolle er ein Christ werden; man sollte ihn taufen. Seine Mitgefährten brachten alles herbei, was man bei der Christentaufe zu gebrauchen pflegt. Sie machten alle Zeremonien nach, die man bei den Christen bei Erteilung der heiligen Taufe anwendet; alles dieses aber auf eine so spöttische Art, daß der Kaiser mit seinen Zuschauern sich einem lauten, unaufhörlichen Gelächter überlassen musste. Da zeigte der Herr seine unendliche Macht und Barmherzigkeit. Zu gleicher Zeit, als die ausgelassenen heidnischen Schauspieler das heilige Sakrament der Kirche Gottes verspotteten und lästerten, rührte der gütige Gott das herz des Genesius und erleuchtete seinen Verstand, daß er seine Sündhaftigkeit und die Notwendigkeit der Taufe zur Vergebung seiner Sünden erkannte. Seine Spielgenossen wußten davon nichts, sondern setzten die lästerliche Verspottung fort, bis nach der Weisung des Genesius alles vollendet war. Nachdem nun die Taufe vorbei war, warfen sie dem Genesius ein weißes Kleid über den Leib zur Verspottung des Kleides, welches man den Neugetauften zu geben pflegte, und stellten ihn dem ganzen Volk zum Gelächter vor.
Allein Genesius, schon ein wahrer Christ, wendete sich zum Kaiser und zu der ganzen Volksmenge, redete sie mit ernstem Gesicht an und bekannte öffentlich, was sich mit ihm zugetragen hatte. „Höre, Kaiser!“ sprach er, „höret, ihr Soldaten und Bewohner der Stadt Rom! Nie konnte ich bisher den Namen eines Christen ohne Unwillen hören. Selbst meine Eltern und Verwandten verfluchte ich, weil sie Christen waren. Ich ging in der Verachtung so weit, daß ich die Taufe der Christen lächerlich zu machen suchte. Als aber, wie ihr seht, das Wasser der Taufe meinen Leib berührte, als ich die Frage: ob ich glaube, bejaht hatte, da sah ich eine Hand vom Himmel über mich herab kommen und leuchtende Engel über mir schweben. Die Engel zeigten mir alle begangenen Sünden in einem Buch und tauchten es in das Wasser, in dem ich getauft wurde. Als sie es heraus zogen, war es ganz rein und weiß wie Schnee. Wohlan, erhabener Kaiser und ihr alle, die ihr über das Geheimnis der Taufe gelacht habt, glaubt mir, daß Christus der wahre Gott und Herr, daß er das Licht und die Erbarmung ist, und daß ihr nur durch ihn Verzeihung erhalten könnt.“
Alle Anwesenden waren anfangs der Meinung, als sage Genesius alles dieses nur spott- und scherzweise; als sie aber bemerkten, daß es ihm wahrer Ernst sei, so regte sich über die so unerwartete Bekehrung des Genesius und ein so hochherziges und freimütiges Bekenntnis in dem Gemüt des Kaisers und aller Anwesenden der Zorn. Wenig fehlte es, daß der Kaiser nicht selbst in der ersten Wut den Genesius ohne Verweilen die Kleider vom Leibe zu reißen und ihn mit Ruten und knotigen Prügeln in Gegenwart des ganzen Volkes nach allen Kräften zu schlagen, dann aber in den Kerker zu werfen. Am folgenden Tag sollte der Stadtpräfekt Plantinus die Peinigung mit aller Strenge solange fortsetzen, bis Genesius den neu angenommenen Glauben wieder ablegen würde. Der erste Befehl wurde gleich vollzogen, und Plantinus kam auch dem ihm gegebenen nach. Der heilige Bekenner wurde auf die Folter gespannt, mit eisernen Haken gepeinigt und zerrissen und mit glühenden Fackeln an allen Teilen des Leibes gebrannt. Dann rief ihm der Stadtpfleger zu. „Unglückseliger Mensch! Unterwirf dich dem kaiserlichen Befehl und opfere den Göttern, damit du dein Leben erhaltest und wieder Gnade findest.“ Der heilige Märtyrer aber sprach: „Dein Kaiser ist ein sterblicher Mensch. Wer die Gnade und Freundschaft eines sterblichen Menschen verlangt, der mag sie bei ihm suchen. Ich bete den unsterblichen König Himmels und der Erde an. Von diesem lasse ich mich nicht losreißen. Ich weiß, daß er allein der wahre König ist, der mich getauft hat. Ich bereue nur, daß ich ihn so oft beschimpft und beleidigt habe. Diesem allein will ich gehorchen, nicht dem Diokletian, der bald mit seiner Herrschaft ein Ende nehmen und vermodern wird. Peinige mich, wie du willst, von meinem Gott werde ich nicht weichen!“ Eine so herzhafte Rede wollte Plantinus nicht länger anhören; er berichtete dem Kaiser alles, und dieser gebot, Genesius zu enthaupten. Dies geschah 286 den 26. August, der auch sein Verehrungstag ist. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 675 – S. 677