Der heilige Gallus Einsiedler und Abt

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

16. Oktober

Der heilige Gallus Einsiedler und Abt

Der heilige Gallus Einsiedler und Abt: Figurenscheibe mit dem Heiligen Gallus als Dekan von St. Gallen, datiert 1566

Die süße Pflicht der Dankbarkeit fordert uns heute auf, unsere Ehrfurcht und Liebe dem hl. Gallus, dem Stifter des berühmten Klosters St. Gallen, zu bezeugen, das von seinen Schätzen der Tugend, Wissenschaft und Kunst tausend Jahre lang das halbe Europa genährt und bereichert hat. Dieser große Diener Gottes stammte (551) aus vornehmem Geschlecht in Irland, studierte mit Auszeichnung im Kloster Benchor unter der Leitung des hl. Kolumban und begleitete – schon Mönch und Priester – mit noch elf Brüdern denselben nach Gallien.

Er teilte treuherzig die Schicksale seines Lehrers, seinen Aufenthalt in Luxeuil, seine Vertreibung aus Burgund und seine Wanderung in die östliche Schweiz. Sie siedelten sich am südlichen Ende des Zürichsee`s bei Tuggen an, um den dortigen Heiden das Evangelium zu verkünden, jedoch ohne Gehör zu finden. Gallus warf in heiligem Eifer ihre Götzenbilder in den See und zündete ihre hölzernen Tempel an, weshalb die Missionare misshandelt und mit dem Tode bedroht, sich flüchten mussten.

Sie fanden freundliche Aufnahme bei dem Pfarrer Willimar in Arbon, bauten sich mit dessen Hilfe einige Zellen bei Bregenz und legten so den Grund zum Kloster Mehrerau. Da inzwischen Allemannien in die Hände des Königs Theodorich von Burgund kam, welcher dem hl. Kolumban feind war, so fand dieser es geraten, mit den Brüdern nach Italien auszuwandern. Gallus lag fieberkrank danieder und musste deshalb in Arbon zurückbleiben, wo er unter der sorgsamen Pflege der zwei Kleriker Magnus (6. September) und Theodor glücklich genas.

Um das Leben in der lieb gewonnenen Einsamkeit fortsetzen zu können, suchte Gallus, geführt von dem der gebirgigen und waldreichen Gegend kundigen Hildebrand, dem Diakon des Pfarrers Willimar, eine passende Stätte und fand sie in einer Hochebene, wo das Flüsschen Steinach von einem Felsen herabstürzt. Er kniete nieder und betete um Gottes Segen für diesen Ort, damit auf demselben ein Haus erstehe, welches für immer seinem Dienst und Lobe gewidmet sei. Dann kehrte er mit Hildebrand nach Arbon zurück, um Abschied zu nehmen und seine zwei Jünger Magnus und Theodor abzuholen.

Da kam ein Bote des Alemannen-Herzogs Gunzo zu Willimar mit der Bitte, dass er mit Gallus an seinen Hof nach Überlingen komme; denn seine einzige Tochter werde so sehr von einem bösen Geist gequält, dass sie schäumend sich auf dem Boden wälze und von vier Männern kaum gehalten werden könne. Der demütige Gallus weigerte sich, dieser Einladung zu folgen, eilte mit Magnus und Theodor zu dem auserwählten Platz an der Steinach und verbarg sich im Walde Sennius – heute Sennwald – wo ihn der Diakon Johannes gastlich aufnahm.

Doch auf die inständigen Bitten Willimars begab er sich endlich zu dem bedrängten Herzog und heilte durch Gebet und Handauflegung die Kranke. Gunzo beschenkte ihn reichlich und befahl dem Grafen von Arbon, dass er diesem Mann Gottes beim Bau einer Zelle behilflich sei.

Im folgenden Jahr 615 versammelten sich zu Konstanz mehrere Bischöfe, viele Priester und Laien zur Wahl eines Bischofs für diese schon lange verwaiste Kirche. Auf besondere Einladung Gunzos erschien auch Gallus mit Magnus und dem Diakon Johannes. Alle Stimmen vereinigten sich auf Gallus; denn er sei „ein Mann Gottes, von gutem Ruf in der Gegend, bewandert in den heiligen Schriften, weise, gerecht, keusch und freigebig, ein Vater de Witwen und Waisen“; aber er entgegnete einfach: „Was Ihr sagt, ist gut, wenn es nur auch wahr wäre: bedenket, dass die Kirchengesetze verbieten, einen Fremdling zum Bischof zu weihen; aber hier, der Diakon Johannes ist ein Sohn dieses Landes und besitzt jene Eigenschaften alle.“

Wirklich wurde dieser gewählt und geweiht; Gallus hielt eine so kräftige Ansprache an die Wähler, dass alle gerührt erklärten: „Der Geist Gottes hat aus diesem Mann gesprochen.“ Gallus kehrte in seine Wildnis zurück, die ihm lieber war als ein Bischofssitz.

Rüstig ging er nun mit seinen Brüdern, die sich bald mehrten, ans Werk, um sich ein neues Heim zu schaffen. Von dem nächtlichen Psalmengesang gingen sie schweigend und betend hinaus in den finstern Urwald, um die mächtigen Stämme zu fällen, die wilden Raubtiere zu verscheuchen, den harten Boden zu lockern, Gräben auszuschaufeln, Dämme aufzuwerfen und nicht zu ruhen, bis die rauhe Einöde wohnbar gemacht war.

Da kamen im Jahre 625 Mitbrüder von Luxeuil mit der Trauer-Botschaft, dass ihr Abt Eustasius gestorben sei, und baten ihn, an dessen Stelle zu treten. Gallus lehnte diese Würde ab und blieb bei seinen Brüdern, die er nach der Regel des hl. Kolumban mit weiser Milde und väterlichem Ernst zur vollkommenen Gottesliebe leitete. Nach wenigen Jahren stand an der Steinach ein wohl bevölkertes Kloster in voller Blüte, eine Friedensstätte, wo die Leute von nah und fern in ihren geistlichen und leiblichen Bedürfnissen stets guten Rat und tätige Hilfe fanden.

Gallus blieb dabei unermüdlich, diesseits und jenseits des Bodensees und des Rheines die göttlichen Wahrheiten des Glaubens zu verkünden und Seelen für den Himmel zugewinnen. Er vertilgte in weiter Umgegend die letzten Überreste des heidnischen Götzendienstes, was ihm um so vollständiger gelang, weil er allenthalben im Rufe eines Wundertäters stand.

Schon das 95. Altersjahr hatte Gallus angetreten, als sich auch an ihm der Spruch bewährte: „Wie man lebt, so stirbt man.“ Der Tod traf ihn an bei der Arbeit für die Ehre Gottes und die Rettung der Seelen.

Sein Freund und Verehrer Willimar hatte ihn gebeten, am Fest des hl. Michael 646 in Arbon den zahlreich versammelten Gläubigen das Wort Gottes zu verkünden. Er entsprach bereitwillig dem Wunsch und hielt die Predigt – es war seine letzte; denn er erkrankte noch in Arbon an einem schmerzlichen Fieber, welches innerhalb vierzehn Tagen den kleinen Rest seiner Kräfte aufzehrte und am 16. Oktober seine Seele vom Körper trennte zur ewigen Ruhe im Herrn. Die ehrwürdige Leiche wurde von einer großen Volksmenge in sein Kloster zurück begleitet und vom Bischof Johannes in der Kirche beigesetzt.

Alsbald wurde sein Grab, an dem viele Wunder geschahen, eine viel besuchte Wallfahrtsstätte. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 768 – S. 769

Siehe zum Thema: Der Klosterplan

Bildquellen

  • Figurenscheibe_des_Dekans_und_Konvents_St._Gallen_1566: wikimedia
Tags: Heilige

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