Delikte von Laien gegen das sechste Gebot

Gesetzbuch der lateinischen Kirche

Sittlichkeits-Delikte von Laien

Kanon 2357 

§ 1.

Ist ein Laie wegen eines der im folgenden genannten Sittlichkeits-Delikte rechtmäßig verurteilt worden, dann ist er damit ohne weiteres der infamia iuris verfallen. Außerdem kann er danach dem klugen Ermessen des Ordinarius noch anderweitig bestraft werden.

Nach der allgemeineren Ansicht der Autoren ist hier nur die Rede von jenen Laien, die durch die staatliche (nicht die kirchliche Gewalt) rechtmäßig verurteilt wurden. (Ciprotti in „Apollinaris“ 1935, S. 446)

Über infamia iuris vgl. Kan. 2293.

Die hier in Betracht kommenden Delikte sind: Sittlichkeits-Delikte mit Minderjährigen unter sechzehn Jahren, Notzucht, Sodomie, Blutschande, Kuppelei.

Unter Notzucht (Schändung, Vergewaltigung) versteht man die vollbrachte Sünde mit einer weiblichen Person ohne deren Zustimmung. Notzucht liegt vor bei Anwendung physischer oder moralischer Gewalt (schwere Furcht, auch metus reverentialis, List, Betrug), ebenso bei Sünden mit einer Frau, die den Vernunftgebrauch nicht hat (z. B. eine Irrsinnige oder Betrunkene).

Die Sodomie, die hier bestraft wird, ist nur die „sodomia perfecta“, d. h. der geschlechtliche Verkehr mit einer Person desselben Geschlechtes. (1)

Blutschande ist der geschlechtliche Verkehr zwischen Blutsverwandten oder Verschwägerten innerhalb der Grade, in denen von der Kirche die Ehe verboten ist.Kuppelei ist dann vorhanden, wenn jemand, um irgend einen Vorteil davon zu haben, eine andere Person verführt oder zwingt, der unreinen Lust eines Dritten zu dienen. (2)

(1) Vermeersch-Creusen, 1. c. n. 560
(2) Vermeersch-Creusen, 1. c. n. 560

§ 2.

Wer einen öffentlichen Ehebruch begangen hat oder im öffentlichen Konkubinat lebt oder wegen eines anderen Deliktes gegen das sechste Gebot rechtmäßig verurteilt worden ist, soll so lange von den kirchlichen Ehrenrechten ausgeschlossen werden, bis er sich aufrichtig bessert.

Über ein öffentliches Delikt vgl. Kan. 2197 n. 1.

Konkubinat ist ein außereheliches Geschlechtsverhältnis zweier Personen verschiedenen Geschlechts, mögen sie einen gemeinsamen Haushalt haben oder getrennt leben.

Von anderen Delikten gegen das sechste Gebot ist hier die Rede im Gegensatz zu den in § 1 genannten Delikten. (1)

Über die kirchlichen Ehrenrechte vgl. Kan. 2256 n. 2.

Das Urteil, ob sich jemand aufrichtig gebessert hat, steht dem Ordinarius zu, weil es sich um die Aufhebung einer im Rechtsbereich auferlegten Strafe handelt. (2)

(1) Eichmann, Lehrbuch des Kirchenrechts II, S. 432
(2) Vermeersch-Creusen, 1. c. n. 559

aus: Heribert Jone O.F.M.Cap., Gesetzbuch der lateinischen Kirche, Erklärung der Kanones III. Band Prozeß- und Strafrecht, 1953, S. 609-610

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