Bedeutung des Kreuzzeichens

Ein wunderschönes eingerahmtes Bild der Muttergottes Maria sowie ein Rosenkranz mit einem goldenen Kruzifix

Das Kreuz im Rosenkranz

Das große und das kleine Kreuzzeichen

Der katholische Christ pflegt wie alle seine Gebete, so auch den Rosenkranz mit dem Kreuzzeichen zu beginnen. Ws hat denn aber das Kreuzzeichen am Eingang zum Rosenkranz zu bedeuten? Es muss hier eine etwas trockene, fast langweilige Bemerkung voraus geschickt werden. Man kann das Kreuzzeichen als Handlung und als Sache betrachten; als Handlung betrachtet, wird es unterschieden in das große und kleine Kreuz. Was bedeutet nun das große, was bedeutet das kleine Kreuz? –

Auf dem Schlachtfeld bei Beaumont lag im Jahre 1870 ein schwer verwundeter bayerischer Soldat; er konnte nicht mehr reden, wohl aber noch das Kreuzzeichen machen. Das aber reichte vollständig hin, um von dem Feldpater, der an ihm vorüber ging, sofort verstanden zu werden. Denn das Kreuz ist eine Zeichensprache, die auch heute noch Juden, Heiden und Christen verstehen; wer sich damit bezeichnet, gilt vor der ganzen Welt als katholischer Christ. Jener arme, sterbende Soldat legte also durch die Bezeichnung mit dem Kreuz das Bekenntnis ab: „Ich bin ein katholischer Christ und glaube: drei sind im Himmel, die Zeugnis geben, der Vater, der Sohn und der heilige Geist, und diese drei sind eins, eins in der Wesenheit,, gleich in der Macht und gleich in der Gottheit. Ich bete an Gott den Vater, der von keinem ausgeht, und Gott den Sohn, der vom Vater allein ausgeht, und Gott den heiligen Geist, der von beiden zugleich ausgeht.“ Der katholische Christ aber weiß, daß er den drei göttlichen Personen die drei größten Wohltaten verdankt, die Erschaffung, Erlösung und Heiligung. Wenn er also mit den Findern der rechten Hand die Stirn berührt und spricht: „Im Namen des Vaters“, so will er damit andeuten: „Durch die Allmacht und Güte des Vaters bin ich erschaffen; wenn er sodann von der Stirne auf die Brust herunter fährt und sagt: „Und des Sohnes“, so will er damit kund geben: „Durch die Weisheit und Liebe des Sohnes bin ich erlöst“; und wenn er endlich von der linken zur rechten Schulter die Hand bewegt und betet: „Und des heiligen Geistes“, so will damit bekennen: „Durch die Gnade des heiligen Geistes bin ich geheiligt, von der linken Seite des ewigen Verderbens auf die rechte Seite des ewigen Lebens gestellt“.

Das sogenannte kleine Kreuz besteht darin, daß wir unter Aussprechen der drei höchsten Namen ein kreuz auf die Stirn, eins auf den Mund und eins auf die Brust zeichnen. Durch das Kreuz auf die Stirn wollen wir andeuten, daß wir Gott dem Vater unsere Gedanken weihen, damit er sie reinige, durch das Kreuz auf den Mund, daß wir Gott dem Sohne unsere Worte anempfehlen, damit er sie heilige, und durch das Kreuz auf die Brust, daß wir Gott dem heiligen Geist die triebe und Wünsche unseres Herzens, sowie alle unsere Absichten und Werke aufopfern, damit er sie erleuchte und zur Ehre Gottes lenke.

Es steht dem katholischen Christen ganz frei, welches Kreuzzeichen er beim beten machen wolle, das kleine oder das große, nur während des Evangeliums in der heiligen Messe und vor der Predigt ist es überall Brauch, das kleine Kreuz zu machen, auf die Stirn zum Zeichen, daß wir die Wahrheiten des Evangeliums bereitwillig glauben, auf den Mund zum Zeichen, daß wir sie offen und freimütig bekennen, und auf die Brust zum Zeichen, daß wir sie treu und gewissenhaft befolgen.

Diese so nahe liegenden Gedanken aber, die dem Christen jedesmal beim Kreuzzeichen, wenn er es nicht ganz gedankenlos macht, fast unwillkürlich in den Sinn kommen, sind so erhaben, daß sie ihn immer mit Andacht und Dankbarkeit erfüllen müssen. Das Kreuzzeichen am Eingang zum Rosenkranz also, welches den Beter zunächst an das Geheimnis der heiligsten Dreifaltigkeit, dann an die drei großen Wohltaten der Erschaffung, Erlösung und Heiligung, und endlich an die völlige Hingabe mit allen Gedanken, Worten und Werken in den Dienst Gottes erinnert, ist sehr geeignet, ihn in die rechte Stimmung zu versetzen.

Damit ist aber freilich das Kreuzzeichen in seinem Inhalt kaum angedeutet, geschweige denn erschöpft. Denn das Kreuz als Handlung erinnert doch sofort den Christen an das Kreuz als Sache; als solche aber betrachtet, bietet das Kreuz die herrlichsten und tiefsten Gedanken, die denjenigen, der sie erwägt, mit unaussprechlicher Freude und Liebe, besonders gegen unsern göttlichen Erlöser, erfüllen müssen. Denn das Kreuz ist eine Goldgrube, woraus der Beter unermeßliche Schätze von Weisheit und Erkenntnis Gottes heben kann. –
aus: Philipp Hammer, Der Rosenkranz, eine Fundgrube für Prediger und Katecheten, ein Erbauungsbuch für katholische Christen, I. Band, 1896, S. 86 -S. 88

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