Dreizehnte Sitzung, welche die dritte ist unter Papst Julius III.,
gehalten am 11. Oktober 1551.
Beschluss über das heiligste Sakrament der Eucharistie
Die hochheilige allgemeine und allumfassende Versammlung zu Trient, gesetzmäßig im heiligen Geist versammelt, unter Vorsitz desselben Abgeordneten und der Botschafter des apostolischen Stuhles, wohl nicht ohne besondere Führung und Leitung des heiligen Geistes zu dem Zweck vereinigt, daß sie die wahre und alte Lehre über Glauben und Sakramente auseinander setzte, und daß sie gegen alle Irrlehren und andere sehr drückende Ungelegenheiten, durch welche die Kirche Gottes jetzt arg beunruhigt und in viele und verschiedene Parteien gespalten wird, ein Heilmittel bereite, hatte deshalb schon vom Anfang an vorzugsweise dieses Bestreben, daß sie von der Wurzel aus vertilgen wolle das Unkraut (Matth. 13, 3) der verwerflichen Irrtümer und Spaltungen, welches ein feindlicher Mensch in diesen unseren bedrängnisvollen Zeiten über die Glaubenslehre, Gebrauch und Verehrung der hochheiligen Eucharistie hingestreut hat, welche doch unser Heiland in seiner Kirche als Wahrzeichen der Liebe und Einheit hinterlassen hat, durch die er alle Christen unter sich vereint und verbunden haben wollte. Indem nun diese hochheilige Versammlung dieselbe gesunde und unversehrte Lehre über dieses ehrwürdige und göttliche Sakrament der Eucharistie darlegt, welche stets die katholische Kirche, von Jesus Christus unserem Herrn selber und von dessen Aposteln unterwiesen, und vom heiligen Geist belehrt, der ihr alle Wahrheit immerdar einflößt (Luk. 12, 12; Joh. 14, 26; 16, 13), festgehalten hat und bis an das Ende der Zeit bewahren wird, verbietet sie allen Christgläubigen, sich fortan zu vermessen, über die heilige Eucharistie anders zu glauben, zu lehren oder zu predigen, als wie er durch gegenwärtigen Beschluss erklärt und bestimmt ist.
Kap. 1. Von der wirklichen Gegenwart unseres Herrn Jesu Christi in dem heiligsten Sakrament der Eucharistie
Vor Allem lehrt die heilige Versammlung, und bekennt offen und unumwunden, daß in dem erhabenen Sakrament der heiligen Eucharistie nach der Wandlung des Brotes und Weines unser Herr Jesus Christus als wahrer Gott und Mensch wahrhaft, wirklich und wesenhaft unter der Gestalt dieser wahrnehmbaren Gegenstände enthalten sei. Denn dieses widerspricht sich nicht, daß dieser unser Heiland immerdar zur Rechten des Vaters im Himmel sitze (cf. Sess. III. in symb.) nach natürlicher Weise des Bestehens, und daß er nichts desto weniger an vielen anderen Orten geheimnisvoller Weise mit seiner Wesenheit bei uns gegenwärtig da sei, vermittelst einer Weise des Bestehens, welche wir, obgleich wir sie in Worten kaum auszudrücken vermögen, doch als bei Gott möglich (Matth. 19, 26; Luk. 18, 27), durch die vom Glauben erleuchtete Erkenntnis erfassen können und unerschütterlich glauben müssen. Denn so haben alle unsere Vorfahren, so viele in der wahren Kirche Christi waren, welche über dieses heiligste Sakrament sich erklärt haben, ganz offen bekannt, daß unser Erlöser dieses so wunderbare Sakrament beim letzten Abendmahl eingesetzt habe, als er nach der Segnung des Brotes und Weines mit bestimmten und klaren Worten bezeugte, daß er ihnen seinen eigenen Leib und sein Blut darreiche (Matth. 26, 26-28; Mark. 14, 22-24; Luk. 22, 19ff.). Da diese von den heiligen Evangelisten aufbewahrten und hernach vom heiligen Paulus wiederholten Worte (1. Kor. 11, 24ff.), diese eigentliche und ganz offenbare Bedeutung kund geben, wie sie auch von den Vätern aufgefaßt wurden, so ist es wahrhaftig eine höchst nichtswürdige Schandtat, daß dieselben von einigen streitsüchtigen und verkehrten Menschen zu dichterischen und bildlichen Redensarten, durch welche die Wahrheit des Fleisches und Blutes Christi geleugnet wird, gegen die allgemeine Auffassung der Kirche verdreht werden, welche als die Säule und Grundfeste der Wahrheit (1. Tim. 3, 15) diese von gottlosen Menschen ersonnenen Lügen als teuflisch verabscheut hat, und immerdar mit dankbaren Gemüt und Eingedenken diese hoch erhabene Wohltat Christi anerkennt.
Kap. 2. Von dem Zweck der Einsetzung dieses heiligsten Sakramentes
Unser Heiland hat also, da er aus dieser Welt zum Vater gehen wollte, dieses Sakrament eingesetzt, in welchem er den Reichtum seiner göttlichen Liebe zu den Menschen gleichsam ausschüttete, indem er ein Angedenken an seine Wunder gründete (Ps. 110, 4), und er befahl uns, beim Genuss desselben sein Andenken zu ehren (Luk. 22, 19; 1. Kor. 11, 24-26) und seinen Tod zu verkünden, bis er selbst zum Gericht der Welt kommt. Er wollte aber, daß dieses Sakrament (Matth. 26, 26ff.) genossen werde als geistige Speise der Seelen, auf daß die Lebenden genährt und gestärkt werden durch das Leben dessen, der gesagt hat: „Wer mich isst (Joh. 6, 58), der wird auch leben um meinetwillen“; und als Gegenmittel, wodurch wir befreit werden von den täglichen Fehlern und bewahrt vor Todsünden. Überdies wollte er, daß es sei ein Unterpfand unserer zukünftigen Herrlichkeit und ewigen Glückseligkeit, und auch ein Sinnbild jenes einen Leibes, von welchem er das Haupt ist (1. Kor. 11, 3; Eph. 5, 23), und mit dem er uns wie Glieder durch das engste Band des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe verknüpft haben wollte, auf daß wir alle die gleiche Rede führen, und keine Spaltungen unter uns seien (1. Kor. 1, 10).
Kap. 3. Von dem Vorzug der heiligsten Eucharistie vor den übrigen Sakramenten
Der heiligsten Eucharistie ist zwar dieses mit den übrigen Sakramenten gemeinsam, daß sie ein Zeichen einer heiligen Sache und eine sichtbare Darstellung einer unsichtbaren Gnade ist (c. 32. D. II. de cons. [Aug.]); aber das findet sich an ihr als auszeichnend und eigentümlich, daß die übrigen Sakramente dann erst die Kraft zu heiligen haben, wenn Jemand sie gebraucht; in der Eucharistie dagegen ist der Urheber der Heiligkeit selber vor dem Gebrauch da. Denn die Apostel hatten die Eucharistie aus der Hand des Herrn noch nicht empfangen (Matth. 26, 26; Mark. 14, 22), als er doch selbst wahrhaft versicherte, daß sein Leib sei, was er darreichte; und dieser Glaube war allzeit in der Kirche Gottes, daß sogleich nach der Wandlung der wahre Leib unseres Herrn (cf. infr. ead. can. 1) und dessen wahres Blut unter der Gestalt von Brot und Wein zugleich mit seiner Seele und Gottheit zugegen sei; und zwar der Leib unter der Gestalt des Brotes und das Blut unter der Gestalt des Weines durch die Kraft der Worte, derselbe Leib aber auch unter der Gestalt des Weines, und das Blut unter der Gestalt des Brotes und die Seele unter beiden vermöge jener natürlichen Verbindung und Zusammenschließung, durch welche die Teile Christi des Herrn, welcher erstanden aus den Toten nun nicht mehr stirbt (Röm. 6, 9), unter sich verbunden sind (cf. c. 58 [Aug.] 71. [Paschas.] 78. [miss Ambros.] D. II. de cons.); ferner die Gottheit vermöge jener wunderbaren persönlichen Vereinigung derselben mit dem Leib und der Seele. Deshalb ist es ganz wahr, daß ebenso viel unter je einer Gestalt (c. 35. D. II. de cons. [Euseb. sive Eucher.] – cf. infr. can. 3. Sess. XXI, de comm. c. 3) als unter beiden enthalten ist; denn der ganze und vollkommene Christus ist unter der Gestalt des Brotes und unter jedem Teil dieser Gestalt, eben so ganz unter der Gestalt des Weines und unter dessen Teilen zugegen.
Kap. 4. Über die Wesensumwandlung
Weil aber Christus, unser Erlöser, gesagt hat, daß das, was er unter der Gestalt des Brotes darreichte (Luk. 22, 19; Joh. 6, 48ff.; 1. Kor. 11, 24), wahrhaft sein Leib sei, deshalb galt immer in der Kirche Gottes die Überzeugung, und dasselbe erklärt jetzt wieder diese heilige Versammlung, daß durch die Konsekration des Brotes und Weines eine Verwandlung geschehe der ganzen Wesenheit des Brotes in der Wesenheit des Leibes Christi, unseres Herrn (c. 55 D. II. de cons. [Ambros.] – cf. infr. can. 2), und der ganzen Wesenheit des Weines in die Wesenheit seines Blutes. Diese Umänderung wird von der heiligen katholischen Kirche passend und eigentlich Wesensumwandlung genannt. –
aus: Beschlüsse und Glaubensregeln des hocheiligen allgemeinen Concils zu Trient unter den Päpsten Paul III., Julius III. und Pius IV., 1865, S. 54 – S. 57