Heiliger Narcissus Bischof von Jerusalem

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

29. Oktober

Der heilige Narcissus Bischof von Jerusalem

Der heilige Narcissus wurde gegen das Ende des ersten Jahrhunderts zu Jerusalem geboren. Er führte von der ersten Jugend an einen so heiligen Lebenswandel und erwarb sich so viele Kenntnisse in der Lehre des Heils, daß er schon mit vierundzwanzig Jahren zum Bischof von Jerusalem erwählt wurde. Als Bischof verdoppelte er seinen Seeleneifer, den er schon vorher gezeigt hatte. Seine Predigten und Ermahnungen, durch seinen heiligen Wandel unterstützt, stifteten ungemein viel Gutes. Dazu trug auch die Gabe der Wunder bei. Das Volk ehrte und liebte ihn als seinen heiligen Bischof. Als es einmal am Osterabend zahlreich versammelt war, und in den Lampen das Öl verbrannt und keines da war, befahl Narcissus, ihm Wasser zu bringen. Er betete darüber, und sieh`, es ward in Öl verwandelt; man behielt davon einen Teil lange auf, und durch dessen Gebrauch erlangten verschiedene Kranke augenblicklich ihre Gesundheit.

Ungeachtet dessen fanden sich doch einige Einwohner in Jerusalem, welche, weil sie von dem heiligen Bischof wegen ihrer Laster bestraft wurden, seine Ehre auf das schändlichste anzugreifen und ihn eines schweren Vergehens zu beschuldigen wagten. Die Finsternis haßt immer das Licht. Sie vermaßen sich sogar, ihre gottlosen Verleumdungen mit einem Schwur zu bekräftigen. Der erste sagte, wenn er die Wahrheit nicht rede, so wolle er lebendig verbrannt werden. Der zweite, wenn seine Aussage falsch sei, so wolle er, daß Gott ihn mit dem Aussatz oder einer anderen schweren Krankheit bestrafen solle. Der dritte endlich, wenn dem nicht so sei, so wolle er erblinden. Der heilige Bischof, der sich unschuldiger Weise so verleumdet sah, verzieh zwar den Verleumdern die ihm zugefügte schwere Unbild von Herzen; dennoch wollte er in der Stadt nicht länger bleiben, sondern entwich heimlich, begab sich in einen düsteren Wald und lebte dort in der Einsamkeit, und widmete sich dem Gebet, andächtiger Lesung und Betrachtung. Gott aber machte die Unschuld seines getreuen Dieners durch schreckliche Bestrafung der Verleumder der ganzen Stadt bekannt. Denn dem ersten kam sein Haus auf eine unbekannte Weise in solchem Brand, daß er mit den Seinigen darin lebendig verbrannte. Der zweite wurde mit einem so abscheulichen Aussatz behaftet, daß er sich bis an sein Ende vor den Leuten nie mehr sehen lassen durfte. Der dritte hat in Ansehung seiner zwei so entsetzlich gestraften Mitschuldigen seine Bosheit bereut und öffentlich bekannt, daß das dem heiligen Bischof angeschuldigte Vergehen falsch und aus Bosheit erdichtet worden sei. Die Reue desselben war so groß, daß er wegen immer während vergossener vieler Tränen sein Augenlicht verlor.

Indessen bedauerten die Einwohner von Jerusalem schmerzlich die Flucht ihres heiligen Bischofs. Allenthalben suchten sie ihn auf und konnten ihn trotz aller Mühe doch nicht finden. Da erwählten sie einen anderen Bischof an seine Stelle , welcher nach einigen Jahren gottselig verschied. Am Todestage desselben aber kam der hl. Narcissus aus seiner Wildnis wieder nach Jerusalem zurück, weil Gott ihn ermahnt hatte, die bischöflichen Berufsarbeiten der einsamen Ruhe vorzuziehen und sich des Heiles der Seelen wieder anzunehmen. Es ist nicht zu beschreiben, mit welcher Freude und welch großem Frohlocken der Heilige empfangen wurde. Er trat sein geistliches Hirtenamt wieder an und verwaltete dasselbe noch viele Jahre mit gleichem Eifer wie zuvor. Als er aber im hohen Alter und ganz entkräftet war, rief er inständig zu Gott, entweder aus diesem sterblichen in das ewig selige Leben versetzt zu werden, oder einen Gehilfen zu bekommen, der seine Schwachheit unterstützen könnte. Die letztere Bitte wurde erhört. Es reiste zur selben Zeit der heilige Bischof Alexander aus Kappadozien nach Jerusalem, um die heiligen Orte zu besuchen. In jener Nacht, ehe er in der Stadt anlangte, offenbarte Gott dem heiligen Narcissus, daß am folgenden Tage ein fremder Bischof in die Kirche kommen würde; dieser sollte künftig sein Mithelfer, nach seinem Absterben aber sein Nachfolger sein.

Der heilige Narcissus kündigte dies beim Anbruch des Tages der Geistlichkeit an, ging mit derselben dem ankommenden Bischof bis an die Kirchtüre entgegen, empfing ihn liebevoll und zeigte ihm den göttlichen Ratschluss an. Alexander erstaunte zwar anfangs über das, was er sah und hörte, unterwarf sich aber dem göttlichen Willen. Er nahm sich des ihm von Gott anvertrauten Amtes mit allen Kräften an und ging dem heiligen Narcissus in allem getreulich an die Hand. Narcissus war ganz getröstet, daß ihm von Gott ein so eifriger Mitarbeiter und Nachfolger verliehen worden sei, und starb 116 Jahre alt, um das Jahr 212. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 866 – S. 867

Tags: Heilige

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