Heilige Ursula und Gefährtinnen

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

21. Oktober

Die heilige Ursula steht in ihrem Königsgewand, umringt von ihren Begleiterinnen, die alle als Märtyrerinnen sterben werden; hinter ihnen sieht man die Geistlichkeit

Heilige Ursula und Gefährtinnen Märtyrerinnen

Eine glorreiche Schar triumphierender Bräute Jesu Christi tröstet uns heute mit ihrer Gegenwart. Ursula und ihre Begleiterinnen sind es, welche wie ein funkelndes Sternenheer am nächtlichen Himmel vor unserm Auge in ihrem milden Lichte erstrahlen. Die Lebensgeschichte dieser heiligen Jungfrauen wurde schon von den Alten auf so verschiedene Weise erzählt, daß es der Kritik noch nicht gelungen ist, das Wahre von dem Erdichteten auszuscheiden; aber die Tatsache, daß die hl. Ursula mit ihren Genossinnen den Martertod für ihre Jungfrauschaft erlitten hat, ist über allen Zweifel erhaben. Dafür zeugt eine der ältesten Kirchen in Köln, welche über dem Grabe dieser Heiligen erbaut und bis in die neueste Zeit durch unzählige Wunder verherrlicht ist: dafür zeugen die vielen Reliquien dieser Heiligen, welche seit den fernsten Jahrhunderten überall im christlichen Europa verehrt wurden; dafür zeugen die Universitäten zu Paris, zu Wien und zu Coimbra in Portugal, welche die hl. Ursula zu ihrer Patronin wählten. Die auch ins kirchliche Brevier aufgenommene Legende berichtet folgendes:

Während der edle und milde Kaiser Gratian in seiner Residenz zu Mailand von 375-383 das Zepter über das römische Abendland führte, empörte sich sein Feldherr Maximus, welcher in Britannien die Legionen befehligte, wider ihn und ließ sich von seinen Truppen als Kaiser huldigen. Gratian rüstete sich zum Kampfe gegen den Rebellen und zog nach Gallien. Allein Maximus kam ihm zuvor, schiffte eiligst nach Gallien hinüber mit seiner Armee, gewann die dort stehenden Legionen, besiegte den Gratian in mehreren Schlachten und tötete ihn. Da er seinen Sieg vorzüglich der Treue und der Tapferkeit der britischen Soldaten und ihrem trefflichen Anführer Conan verdankte, schenkte er ihnen das schöne und große Land Armorica (Bretagne) zum Eigentum, nachdem er dessen Bewohner zum Auswandern gezwungen hatte.
Conan schickte nun, um sein Land bevölkern und bebauen zu können, eine glänzende Gesandtschaft nach Britannien, um Frauen zu werben für seine Krieger. In Kornwallis regierte damals der König Dionok, ein ebenso tapferer als frommer Fürst. Dieser hatte eine Tochter, mit Namen Ursula (Bärenstreiterin), welche sich von der ersten Jugend an durch Lebhaftigkeit ihres Geistes, durch Entschiedenheit ihres Willens, durch innige Frömmigkeit auszeichnete und wegen ihrer Schönheit weithin berühmt war. Gerade sie wurde von Conan selbst zur Ehe begehrt; aber ihr dem himmlischen Bräutigam treu geweihtes Herz blieb irdischer Liebe unzugänglich.
Die Gesandtschaft fand bei den Fürsten keine ungünstige Aufnahme, weil das Land im Innern durch Uneinigkeit, von außen durch die Sachsen gefährdet war, und weil sie die Gunst des stammverwandten neuen Königs von Armorica sehr notwendig hatten. Sie versprachen, aus ihren und ihrer Untertanen Töchtern die gewünschte Anzahl Jungfrauen zu schicken. Ursula, das unnatürliche Ansinnen im Herzen verabscheuend, flehte mit heißen Tränen zu Gott um Erbarmen und Hilfe und verweigerte standhaft ihre Einwilligung; gab zuletzt aber den Bitten des Vaters und des Volkes nach, durch eine innere Stimme getröstet und gewiß, daß Gott Alles zum Besten leiten werde.

Die Jungfrauen, Ursula an ihrer Spitze und etwa 11000 an der Zahl, versammelten sich zu London, um sich nach Armorica einzuschiffen. Ein Herz zerreißendes Schauspiel bot der Abschied dieser Jungfrauen von den Eltern, von den Verwandten und von der heimatlichen Erde, als sie die reich beflaggten Fahrzeuge besteigen und absegeln mussten. Von Ursula`s Beispiel ermuntert, sanken Alle auf die Knie und empfahlen in inbrünstigen Gebeten dem Schutz und Erbarmen des Himmels das Opfer ihres Lebens, während ein günstiger Windzug die Segel schwellte und sie den Blicken der Ihrigen entzog. Plötzlich aber drehte sich der Wind, von Westen her brauste ein gewaltiger Sturm, gegen den jede Anstrengung der Ruder ohnmächtig war, und trieb die Schiffe an die unwirtliche Küste der Niederlande. –

In dieser für zarte Jungfrauen so beängstigenden Lage entfaltete Ursula eine wunderbare Besonnenheit und Geistesruhe. Wie eine Mutter in der Gefahr sich selbst vergißt und sich über die weinenden Kinder hinneigt und sie tröstet, so war sie überall gegenwärtig mit ihren erquickenden Trostworten, sie richtete die Zagenden auf und begeisterte sie zu kindlichem Vertrauen auf den allmächtigen Vater. Weil das ungestüme Wetter längere Zeit anhielt und es zu gefährlich schien, sich auf die hohe See hinaus zu wagen, so beschlossen sie den Rheinstrom hinauf zu fahren, um von der Ostseite an den Ort ihrer Bestimmung, nach Armorica zu gelangen.
Die Fahrt der Jungfrauen war glücklich bis hinauf nach Köln, wo inzwischen die Hunnen, welche Kaiser Valentinian II. zu Hilfe gerufen hatte, um den Tod seines Bruders Gratian durch das Blut des treulosen Maximus zu rächen, angekommen waren und die Stadt belagerten. Als die wilden, im Heidentum entsittlichten Krieger die Flotte, einem zauberischen Blumengarten gleich daher schwimmen und die bräutlich geschmückten Jungfrauen ans Land steigen sahen, um in der Stadt einzukehren: da entbrannte in ihnen das verlangen, sie zu rauben und zu ihren Sklavinnen zu machen. In diesem Augenblick der schrecklichen Gefahr sammelte Ursula die ganze schar der Jungfrauen um sich, begeisterte sie, zur Ehre Gottes und für die Rettung ihrer Unschuld ihr Leben freudig zu opfern, und empfing die heran stürmenden Unholde mit dem kühnen Rufe: „Wir Alle sind bereit zu sterben, aber die Lilie unserer Unschuld zu entweihen, wird keinem von euch gelingen!“ Durch diesen Widerstand zu wilder Wut entflammt, griffen die Hunnen zu ihren Waffen und richteten ein entsetzliches Blutbad an. Alle Jungfrauen, entweder von Pfeilen durchbohrt oder vom Schwert getroffen, hauchten – mit dem Namen Jesu auf den Lippen – ihr junges Leben aus und bedeckten mit ihren Leichen im weißen, Blut gefärbten Brautkleid, gleich Lilien und Rosen, das glorreiche Schlachtfeld.

Über die Hunnen kam der Schrecken Gottes, sie sahen himmlische Heerscharen, an Zahl den erschlagenen Jungfrauen gleich, zur Rache wider sie heran ziehen und flohen in toller Eile davon. Die Bürger Kölns, auf diese unerwartete Weise von den Trübsalen der Belagerung befreit, begruben die Märtyrerinnen mit größter Ehrfurcht und Feierlichkeit und bauten über deren Todesstätte eine schöne Kirche zu Ehren der verklärten Töchter Britanniens. Noch jetzt werden viele Reliquien dieser Heiligen zu Köln in einer kostbaren und kunstreich ausgetäfelten Kapelle aufbewahrt und von zahlreichen Pilgern verehrt. Die hl. Ursula und ihre Gefährtinnen wurden als besondere Patroninnen angerufen, um eine glückliche Standeswahl, eine friedliche Ehe, einen heiligen Tod, die Bewahrung vor dem Fegefeuer zu erlangen; sie ist auch die Patronin eines weiblichen Ordens – der Ursulinerinnen (s. 31. Mai), – welcher sich der Erziehung junger Mädchen widmet. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 782-784

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