Die Weihnachtszeit in der römischen Liturgie

Die römische Liturgie der Weihnachtszeit

Wenn wir jetzt den eigentlichen Charakter erwägen, welchen die römische Liturgie der Weihnachtszeit aufgedrückt hat, so finden wir, daß es namentlich zwei Gedanken sind, welche den ganzen Gottesdienst durchdringen. Es ist vor allem der Jubel, der die ganze Kirche ob der Ankunft des Wortes im Fleisch erfüllt; und zum zweiten ist diese Zeit dem Preise Maria`s gewidmet, der wir unsere Huldigungen darbringen, der Ehre ihrer Mutterschaft. Dieser doppelte Gedanke eines göttlichen Kindes und einer jungfräulichen Mutter zieht sich, einem roten Faden gleich, durch alle gottesdienstlichen Gebete und Bräuche dieses Abschnittes. So erwähnt an allen Sonn- und Feiertagen, die nicht duplex sind, während dieser vierzig Tage die Kirche bei der Feier des heiligen Messopfers in drei besonderen Gebeten der fruchtbaren Jungfräulichkeit der Mutter Gottes. An denselben Tagen fleht sie bei den Laudes und den Vespern die Fürbitte Maria`s an, indem sie dabei laut ihre Eigenschaft als Mutter Gottes und ihre unverletzliche Reinheit, die auch nach der Geburt Christi in ihr verblieb, bekennt. Auch wird dieses Offizium mit der herrlichen Antiphon des Mönches Hermannus Contractus zum Lobe der Mutter des Erlösers (Alma Redemptoris Mater) geschlossen, und dies dauert bis zum Tage Mariä Reinigung.

Das sind die Zeichen der Liebe und Verehrung, durch welche die Kirche, den Sohn in der Mutter ehrend, von ihrer frommen Freude während dieser Zeit des Kirchenjahres Zeugnis ablegt.

Jedermann weiß, daß man, wenn Ostern möglichst spät in den April fällt, sechs Sonntage von Epiphanie bis Septuagesima zählt. Diese Sonntage heißen Sonntage nach Epiphanie. Fällt Ostern früher, so rückt auch dadurch Septuagesima vor, und wird in Folge davon die Zahl der sechs Sonntage nach Epiphanie beschränkt. In die Weihnachtszeit fallen höchstens vier dieser Sonntage. Es kann jedoch sein, wenn Ostern sehr frühe fällt, daß Septuagesima und selbst Sexagesima noch in die Zeit zwischen Weihnachten und Mariä Reinigung hinein fällt, wodurch dann die Zahl der Sonntage nach Epiphanie auf zwei, möglicherweise sogar auf einen beschränkt wird. Fallen indessen die Sonntage Septuagesima und Sexagesima in den Januar, so wird doch, wie wir auch bereits bemerkt, in den Gebräuchen dieser Freudenzeit nichts geändert; nur trägt die Kirche an diesen, den Fasten vorher gehenden Sonntagen violette Farbe.

Gewiß ehrt die heilige Kirche mit einer ganz besonderen Frömmigkeit während der Weihnachtszeit das Geheimnis der Kindheit Jesu; aber der Gang des Kalenders gewährt zur Feier des gesamten Erlösungswerkes, selbst wenn Ostern so spät als möglich fällt, im Ganzen weniger als sechs Monate, nämlich von Weihnachten bis Pfingsten. Die Kirche war daher gezwungen, bei den Lesungen des heiligen Evangeliums in diese eigentlich der Kindheit Jesu gewidmeten Zeit auch solche Stellen herüber zu nehmen, welche dem späteren Leben Christi angehören. Nichtsdestoweniger aber beharrt die Liturgie beständig darin, den Kindern der Kirche die Reize des göttlichen Kindes, sowie die unvergleichliche Herrlichkeit seiner Mutter bis zu dem Tage, wo sie sich im Tempel vorstellt, ins Gedächtnis zu rufen. –
aus: Dom Prosper Guéranger, Die heilige Weihnachtszeit, Bd. 2, 1892, S. 6 – S. 8

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